Sportmanager Stefan Matschiner (34) soll die Spinne im Doping-Netzwerk sein. Nach 38 Tagen in U-Haft ging er diese Woche frei und gab ÖSTERREICH ein Interview.
Am vergangenen Donnerstag war es so weit. Um 12.15 Uhr öffneten sich die Tore der Justizanstalt in der Josefstadt und Matschiner marschierte in die Freiheit. Schwarzes T-Shirt, blaue Jeans. Unterm Arm ein brauner Karton.
Draußen wartete seine Frau Sonia, eine Amerikanerin, die ihn sofort in die Arme nahm. Die Enthaftung kam überraschend, da der Ex-Leichtathlet immerhin Hauptschuldiger in der Doping-Affäre um Ex-Radheld Bernhard Kohl und Triathletin Lisa Hütthaler sein soll.
Die schweren Vorwürfe: Matschiner soll nicht nur Blutdoping an Athleten betrieben, sondern auch mit verbotenen Substanzen gehandelt haben. Die Ermittlungen werden im Juni abgeschlossen, dann entscheidet der Staatsanwalt über eine Anklage (es gilt die Unschuldsvermutung).
Im Interview mit ÖSTERREICH plaudert Matschiner über seine Erfahrungen im Häf’n und die zwei Nächte mit Zellengenossen Julius Meinl V:
ÖSTERREICH: Herr Matschiner, wie geht es Ihnen nach fünf Wochen in U-Haft?
Stefan Matschiner: Nachdem ich wieder in Freiheit bin, geht es mir
gut. Es ist schön, meinen Sohn wieder zu sehen. Leider Gottes habe ich ein
Monat in seiner Entwicklung versäumt. Ein Schaden, der irreparabel ist. Er
ist jetzt neun Monate alt und es war einfach wunderbar, seine neuen Laute zu
vernehmen.
ÖSTERREICH: Wie schuldig fühlen Sie sich?
Matschiner: Für mich persönlich war die Geschichte mit Sicherheit
reinigend. Für das System international glaube ich nicht. Aber das ist mir
jetzt auch ziemlich wurscht. Irgendwie passt die Verhältnismäßigkeit nicht.
Ich bin doch kein Schwerverbrecher. Ich bin kein schlechter Mensch, denn ich
habe niemanden dazu gedrängt, irgendetwas zu tun.
ÖSTERREICH:
Mit Julius Meinl V. hatten Sie für kurze Zeit einen sehr prominenten
Zellengenossen. Wie war Ihre Begegnung mit ihm?
Matschiner:
Naja. Da wir beide relativ neu im Landl waren, haben wir sehr viel Zeit beim
Staatsanwalt und bei Verhören verbracht. Aber er war mir gegenüber sehr
freundlich. Ich habe ihn als sehr angenehmen Zeitgenossen empfunden. Ich
möchte die Zeit nicht missen, es war eigentlich eine sehr nette Begegnung
und für mich eine schöne Erfahrung, auch so einen Menschen einmal näher
kennengelernt zu haben.
ÖSTERREICH: Wie waren die
Verhöre der Ermittler? Sind Sie auch richtig in die Zange genommen worden?
Matschiner:
Sowohl bei der Staatsanwaltschaft als auch bei der Kripo gibt es, was die
menschliche Ebene betrifft, super Typen. Mit denen kann man gut reden, das
sind alles sehr gebildete Menschen. Und da ich kein Volltrottel bin, wurde
ich die ganze Zeit sehr fair und nicht wie ein Kinderschänder behandelt.
ÖSTERREICH:
Stimmt es, dass Sie sich fit gehalten haben?
Matschiner:
Ich bin eigentlich in guter Form, wenn man das so in diesem Zusammenhang
sagen kann. Ich habe ja viele Monate in Kenia verbracht, auch zur starken
Regenzeit. Da bleibt dir nichts anderes übrig, als im Hotel im Zimmer oder
am Gang zu trainieren. Ich war es also gewohnt, auf engstem Raum meine
Übungen zu machen. Ich bin sehr froh, es geschafft zu haben, ein paar Kilos
abgenommen zu haben.
ÖSTERREICH: Sie sind am 31.
März unmittelbar nach Ihrer Rückkehr aus den USA verhaftet worden. Warum
sind Sie überhaupt zurückgekommen?
Matschiner:
Hätte ich mich vielleicht nach Brasilien absetzen sollen?
ÖSTERREICH:
Sie wären nicht der Erste gewesen …
Matschiner:
Ich will ja nicht die nächsten 80 Jahre wie ein Nazi gejagt werden. Diese
Frage beantwortet sich wirklich von selbst.
ÖSTERREICH: Hat
Sie die U-Haft verändert?
Matschiner: Ja. Wenn du
im Häf’n sitzt, kannst du dich entweder ständig bemitleiden, wie arm du
bist, oder du holst dir die positiven Aspekte raus. Ich habe gelernt, dass
es nicht wichtig ist, 24 Stunden erreichbar zu sein. Das Wichtigste ist,
Zeit mit Menschen zu verbringen, die einem wichtig sind. Personen wie meine
Frau und mein Kind.