F1-Piloten lehnen neuen WM-Modus ab, wonach der Pilot Weltmeister wird, der die meisten Siege einfährt.
Die neue Weltmeister-Formel spaltet die Vollgas-Branche. Kurz vor dem Saisonstart machen die Stars der Formel 1 Front gegen die Regel-Revolution des Automobil-Weltverbands FIA, nach der schon in diesem Jahr der Fahrer mit den meisten Grand-Prix-Siegen Champion wird. "Ich mag es nicht wirklich", zitierte die "Bild"-Zeitung am Donnerstag Lewis Hamilton, der nach dem neuen WM-Modus mehr denn je um die Titelverteidigung zittern muss.
Alonso ist sauer
Rekord-Champion Michael Schumacher teilt die
Meinung des Briten. "Ich kann keinen Sinn darin erkennen, eventuell einen
Weltmeister zu haben, der weniger Punkte als der Zweitplatzierte hat",
wetterte der Ferrari-Berater auf seiner Webseite. Auch der zweifache
Weltmeister Fernando Alonso ist sauer. "Ich verstehe nicht, warum ständig
die Regeln des Sports verändert werden müssen", schimpfte der spanische
Renault-Pilot. Formel-1-Chef Bernie Ecclestone hingegen rechnet dank der
neuen Regel fest mit mehr Spektakel auf der Piste. "Die Jungs sollen wieder
echte Rennen fahren", sagte der 78-Jährige.
"Riskant"
Doch die Piloten fühlen sich durch die
kurzfristige Reform überrumpelt. "Natürlich ist es ein Anreiz, um immer auf
Sieg zu fahren. Aber es scheint mir auch riskant", urteilte Jenson Button
vom Honda-Nachfolger Brawn GP. "Nach neun Rennen könnten wir schon einen
Fahrer haben, der den Titel bereits gewonnen hat und dann stehenbleiben und
Eis essen kann."
Bei McLaren geht die Angst um
Ein zusätzlicher Schlag ist der
Regel-Beschluss des FIA-Weltrats vor allem für Hamiltons Titel-Projekt bei
McLaren-Mercedes. Die Silberpfeile schwächelten zuletzt bedenklich, die
Teamspitze rechnet frühestens im zweiten Saisondrittel mit Siegen. Dann
könnte es für den Champion zu spät sein. Kein Wunder, dass der 24-Jährige
gegen die neuen Bestimmungen aufbegehrt. "Es sollte darum gehen, dass Team
und Fahrer als Einheit über ein ganzes Jahr die besten sind. Nicht darum,
wer die meisten Rennen gewinnt", betonte der Brite. Hätte es die neue Regel
bereits im Vorjahr gegeben, wäre statt Hamilton Ferrari-Pilot Felipe Massa
Weltmeister geworden.
"Verzweifelte Versuche"
Unmut regt sich in weiten
Teilen des Fahrerlagers. BMW-Sauber-Pilot Nick Heidfeld strich wie Alonso
die Vorteile des alten Punktesystems heraus. Force-India-Pilot Adrian Sutil
sagte im RTL-Interview: "Mir kommt es so vor, als ob verzweifelt versucht
wird, die Formel 1 noch interessanter, noch spektakulärer zu machen. Dabei
ist sie doch schon sehr interessant, so wie sie ist."
Für Bedenken sorgen vor allem zugespitzte Titel-Rechnungen wie diese: Fahrer A gewinnt vier Rennen und hat damit die meisten Siege, scheidet ansonsten aber immer aus. Damit hätte er 40 Punkte auf dem Konto. Fahrer B gewinnt drei Grand Prix, wird 14 Mal Zweiter und hätte damit 142 Zähler. Weltmeister wäre dennoch Fahrer A. "Den Zuschauern wird es schwerfallen, das zu verstehen", befand Button. Zudem könnte die neue Regel die Rennställe mehr denn je zur offiziell verbotenen Teamordner verführen. Wenn nur noch Siege über den Titel entscheiden, dürften die Teams bemüht sein, einen ihrer beiden Fahrer mit allen Mitteln möglichst oft auf Rang eins zu bringen.