Ecclestone:

Aus Reifenproblemen Lehren ziehen

06.07.2013

Zwei neue US-Rennen geplant - Kernmarkt Europa schrumpft.

Zur Vollversion des Artikels
© Getty
Zur Vollversion des Artikels

Bernie Ecclestone hat die Formel 1 dazu aufgefordert, aus der Reifenkrise die richtigen Konsequenzen zu ziehen. "Stress, auch der allergrößte, kann so von Vorteil sein. So gesehen sind die Probleme, die die Formel 1 aktuell durchlebt, vielleicht das Beste, das ihr passieren konnte", meinte der Geschäftsführer der Königsklasse in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" (Samstag-Ausgabe).

Das eindringlichste Beispiel sei in dieser Hinsicht sicher der tödliche Unfall von Ikone Ayrton Senna 1994 gewesen. "Danach begann eine unglaubliche Sicherheitsdiskussion, und die Formel 1 wurde so sicher wie nie zuvor. Der Anlass dafür war extrem traurig", erinnerte Ecclestone. "Aber die Wirkung hat vielen Menschen später das Leben gerettet. So müssen wir auch jetzt an das Reifenproblem rangehen."

Senna, der schillernde Dreifach-Weltmeister aus Brasilien, war am 1. Mai 1994 in Imola tödlich verunglückt. Am Vortag hatte im Training auch der Salzburger Roland Ratzenberger sein Leben gelassen. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden nach dem schwarzen Wochenende drastisch erhöht. Selbst schwerste Unfälle gingen in der Formel 1 für die Fahrer seitdem meist glimpflich aus.

In Silverstone packte die Fahrer am vergangenen Sonntag nach einer unheimlichen Serie von Reifenplatzern aber die nackte Angst. Umherfliegende Reifenfetzen hätten schlimmste Verletzungen verursachen können. Ferrari-Star Fernando Alonso wäre beinahe von einem solchen getroffen worden. Für den Grand Prix von Deutschland kündigte die Fahrervereinigung (GPDA) einen Streik an, sollten sich diese Ereignisse wiederholen.

Um dies zu verhindern, stellten der Internationale Automobilverband (FIA) und Reifenausstatter Pirelli umgehend einen Notfallplan auf. Beim Rennen auf dem Nürburgring gibt es einen Vier-Punkte-Katalog für den Gebrauch der Reifen. Die hinteren Pneus wurden zudem überarbeitet. "Bis jetzt ist Gott sei Dank niemand verletzt worden. Wir müssen schnell unsere Lehren daraus ziehen", betonte Ecclestone.

"Wenn wir die Erfahrungen, die wir machen, richtig interpretieren, lernen wir daraus und machen es in Zukunft besser", bekräftigte der 82-Jährige, der Verständnis für die Sorgen und Bedenken der Piloten zeigte. Gleichzeitig stellte der Geschäftsführer der Königsklasse jedoch klar, dass die Piloten ihre Superlizenz bei einem Boykott des Rennens am Sonntag (14.00 Uhr/live ORF eins, RTL und Sky) aufs Spiel setzen würden.

Ecclestone setzt Expansionskurs fort - USA, Baku, Thailand
Den Grand Prix von Deutschland will er notfalls selbst retten, für den Rest von Europa bleibt auf der Formel-1-Landkarte von Bernie Ecclestone kaum noch Platz. Womöglich wird es schon bald drei statt nur ein Rennen in den USA geben. Dazu stehen WM-Läufe in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, und in Thailand auf der Agenda. Dem Traditionsmarkt in Europa droht indes weiter ein Schrumpfkurs.

Auf die Frage, welche Rennen er zusätzlich plane, antwortete Chefvermarkter Ecclestone der Zeitung "Die Welt" (Samstag) in einem Interview: "In den USA wird es hoffentlich zwei neue Rennen geben, nämlich in Long Beach und vor der Skyline von New York. Geplant ist außerdem ein Rennen in Thailand und - wenn alles nach Plan läuft - in Baku." Zutritt zum Rennzirkus erhält, wer gut zahlt und wo die Formel 1 einen Markt wittert.

Wie sehr es Ecclestone wirklich trifft, wenn ein Veranstalter in Europa vor den Antrittsgebühren im zweistelligen Millionenbereich kapituliert, ist nicht überliefert. Österreich, Imola, Frankreich und die Türkei sind in diesem Jahrtausend aus dem Kalender verschwunden. In der Türkei machte sich Ecclestone zwischenzeitlich zumindest als Retter verdient. 2013 finden aber nur noch sieben der 19 Rennen in Europa statt - so wenige waren es zuletzt 1969.

Auf lange Sicht könnte der einstige Kernmarkt noch mehr schrumpfen. Praktisch nicht vorstellbar ist der Verzicht auf Standorte wie England, wo der Großteil der Rennställe beheimatet ist, oder Deutschland mit seiner Wirtschaftskraft und seinen Sponsoren. Allerdings ist auch der Nürburgring, auf dem am Sonntag (14.00 Uhr/live ORF eins, RTL und Sky) jährlich alternierend mit Hockenheim gefahren wird, ein Sorgenkind. Ecclestone hat bereits laut darüber nachgedacht, die insolvente Strecke zu kaufen.

KERS-Defekt sorgte für Feuerwehreinsatz in Williams-Box
Das Williams-Team hat am Samstag in der Früh vor dem Qualifying zum Grand Prix von Deutschland wieder einmal eine Schrecksekunde erlebt. Nach einem Defekt des Energierückgewinnungssystems KERS am Auto von Pastor Maldonado drang Rauch aus der Box des britischen Traditionsteams. Feuerwehrmänner mussten anrücken, um die Lage in den Griff zu bekommen. Verletzt wurde laut Williams-Angaben niemand. Die Höhe des entstandenen Schadens blieb zunächst unklar.

"Wir untersuchen derzeit die Ursache für den Fehler", hieß es in einer Williams-Stellungnahme. Vergangenes Jahr in Barcelona hatte das Team einen noch viel dramatischeren Moment erlebt. Nach dem Sensationssieg von Maldonado in Katalonien war in der Box, in der sich auch Teamchef Frank Williams befand, ein Feuer ausgebrochen. Sieben Personen wurden ins Spital gebracht, 31 benötigten medizinische Versorgung. In der laufenden Saison hat Williams noch keinen WM-Punkt geholt.

 

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel