Auftaktsieger Button stellt klar: "Das war noch nicht alles!"
Das neue Reglement in der Formel 1 hat genau ein Rennen gebraucht, um die Hierarchie in der Königsklasse des Motorsports in ihren Grundfesten zu erschüttern. Plötzlich ist der neue Rennstall Brawn GP das Team, das es zu schlagen gilt. Und plötzlich ist Jenson Button der WM-Favorit. Zu überlegen war die Manier, in der der 29-jährige Engländer am Sonntag den Saisonauftakt in Melbourne dominiert hatte.
Ausgerechnet Jenson Button also - jener Jenson Button, der bereits als ewiges Talent abgeschrieben gewesen war. Längst hatte ihm Jungstar Lewis Hamilton den Rang als Liebling der britischen Medien abgelaufen. Button hatte es maximal mit Frauengeschichten in die Yellow Press geschafft. "Ich muss niemandem die Augen ausstechen für das, was sie über mich gesagt haben", versicherte Button. "Aber dieser Sieg ist für mich und das Team."
Playboy
Sein Playboy-Image pflegte Button auch in Australien. Zum
Rennwochenende hatte ihn erstmals seine neue Freundin begleitet - das
bekannte japanische Model Jessica Michibata. Zu feiern gab es den zweiten
Grand-Prix-Sieg des Engländers, dessen Karriere im Winter nach dem Ausstieg
von Honda noch vor dem Aus gestanden war. Doch Brawn stieg wie Phönix aus
der Asche. "Dieses Ergebnis in unserem ersten Rennen ist ein Märchen",
gestand Button.
"Neue Weltordnung"
Rubens Barrichello machte den
Doppelsieg für den Honda-Nachfolger perfekt. Die Topteams des Vorjahrs
dagegen strauchelten. Ferrari etwa brachte keines seiner beiden Autos ins
Ziel - der schlechteste Start seit 1992. "Eine neue Weltordnung", titelte
die australische Zeitung "The Age" am Montag. Tatsächlich fahren die Brawns
auch als haushoher Favorit nach Malaysia, wo bereits am Sonntag der zweite
WM-Lauf auf dem Programm steht.
Kampfansage
"Das Rennen kann kommen", versicherte Button, der die
Strecke in Sepang, wo er 2004 für BAR-Honda seinen ersten Podestplatz geholt
hatte, zu seinen liebsten zählt. Zudem sei das Auto trotz seiner
offensichtlichen Dominanz noch alles andere als ausgereizt. "Das war noch
lange nicht alles", verwies der Auftaktsieger auf fehlende Testkilometer im
Winter. "Wir können noch viel mehr herausholen." Eine Drohung in den Ohren
der Konkurrenz.
Streit um Diffusor nicht vorbei
Diese wirft Brawn GP ebenso wie
Toyota und Williams vor, illegale Bauweisen am hinteren Ende des Unterbodens
(Diffusor) zu verwenden. Klarheit bringt erst eine Verhandlung vor dem
FIA-Berufungsgericht am 14. April. Da Beanstandungen bisher ausgeblieben
sind, ist aber davon auszugehen, dass die Einsprüche abgewiesen werden. Für
diesen Fall arbeiten mehrere Teams, darunter Renault, Ferrari und Red Bull,
bereits an einer ähnlichen Lösung.
Rennfertig sind diese Varianten aber frühestens in ein oder zwei Monaten. Bis dahin dürfte Brawn seinen klaren technischen Vorteil behalten. Zudem machen es die während der Saison verbotenen Testfahrten für die großen Teams schwierig, aufzuholen. Neben Brawn präsentierten sich auch Williams, Toyota, Red Bull und Toro Rosso stark - Teams, die in der vergangenen Saison lediglich eine untergeordnete Rolle gespielt hatten.
Spannend wie nie
Die FIA hat damit das erreicht, was sie mit
ihren signifikanten Regeländerungen, - Rückkehr zu Slick-Reifen, völlig neue
Aerodynamik und Einführung des Hybridsystems KERS -, erreichen wollte: mehr
Spannung. Sollte Brawn tatsächlich um die WM fahren wollen, wird sich das
Team bald auf einen Fahrer festlegen müssen. Denn die Konkurrenz schläft
nicht. Button hat zweifellos die besten Karten. Auch Landsmann Hamilton
hatte im Vorjahr mit Startnummer 22 das Auftaktrennen in Australien gewonnen
- um am Ende als jüngster Weltmeister in die Geschichte einzugehen.