"Superlizenz" traf 2 Minuten vor Trainingsbeginn bei Hispania-Team ein.
Christian Klien ist zurück. Der Vorarlberger hat am Freitag in Montmelo nach einer Zitterpartie um die rechtzeitige Erteilung der Superlizenz ein ansprechendes Comeback in der Formel 1 gegeben. Der 27-Jährige, der seit fast drei Jahren nicht mehr an einem Rennwochenende im Auto gesessen ist, distanzierte seinen Teamkollegen Bruno Senna als Testfahrer des Teams Hispania (HRT) im ersten freien Training um mehr als eine halbe Sekunde.
Fahrgefühl "schnell wieder da"
"Dabei ist es für
mich gar nicht um die Rundenzeiten gegangen", versicherte Klien. "Ich wollte
mich an das Auto gewöhnen. Dass ich auf Anhieb schneller bin als ein
Stammpilot, der es kennt, habe ich selbst nicht gedacht. Das Fahrgefühl ist
bei mir immer sehr schnell wieder da." Spritmengen und Motoreinstellungen
seien gleich gewesen, sodass die Zeiten mit jenen des Brasilianers, des
Neffen seines Vorbildes Ayrton Senna, vergleichbar seien.
Senna hatte sich zuletzt alles andere als glücklich gezeigt, Testzeit an Ersatzpiloten zu verlieren. "Das ist nachvollziehbar. Jeder will so viel wie möglich im Auto sitzen. Die Entscheidung des Teams muss aber jeder akzeptieren", sagte Klien. Der Österreicher war erst diese Woche von Hispania verpflichtet worden, um mit seiner Erfahrung von 47 Grand Prix und zuletzt drei Jahren als Testpilot bei BMW-Sauber und Honda das Auto schneller zu machen.
Hispania-Bolide eine große Baustelle
Zu tun gibt es auf
diesem Sektor genug. Dem HRT-Boliden fehlen knapp sechs Sekunden auf die
Spitze, eine davon sei laut Klien in dieser Saison noch aufzuholen. "Viele
Details entsprechen noch nicht dem Standard der Formel 1", meinte der
Vorarlberger. Da sind etwa die Radaufhängungen nicht durchgehend aus Karbon,
sondern zum Teil noch aus Stahl, oder die Knöpfe am Lenkrad so klein, dass
sie mit Handschuhen kaum zu bedienen sind.
Hoffen auf 2011
"Das sind grundlegende Dinge, die man verbessern
muss", erklärte Klien. Fortschrittspotenzial sieht er allerdings dank vieler
guter Köpfe im Team. Chefingenieur des Neueinsteigers ist Robert Kubicas
ehemaliger Renningenieur Antonio Cuquerella, technischer Berater der
einstige Red-Bull-Technikdirektor Geoff Willis. Das vom italienischen
Hersteller Dallara gelieferte Chassis sei jedoch limitiert. Für die kommende
Saison wird ein ganz neues Auto gebaut.
Teamchef gibt Klien neue Chance
Wie und wo die Infrastruktur
aufgebaut wird, steht noch nicht fest. Derzeit werden die Autos in der
deutschen Kleinstadt Greding zwischen Ingolstadt und Nürnberg gelagert, wo
auch die DTM-Equipe von Teamchef Colin Kolles ihren Sitz hat. Der einstige
Zahnarzt hält viel von Klien: "Er hat großes Talent, ist schnell, jung und
erfahren. Vielleicht hätte er mehr erreichen können. Jetzt bekommt er aber
zumindest die Chance, wieder im Auto zu sitzen."
Zittern um Superlizenz
Um diese Chance hatte Klien am Freitag bis
wenige Minuten vor Trainingsbeginn zittern müssen. Die Unterschrift von
FIA-Präsident Jean Todt unter der Superlizenz hatte gefehlt, weil Klien ob
seiner kurzfristigen Verpflichtung erst so spät darum angesucht hatte. Erst
um 9:58:23 Uhr, 97 Sekunden vor Start der Session, kam die endgültige
Freigabe von der FIA. "Dadurch habe ich wenigstens keine Zeit gehabt, nervös
zu sein", sagte Klien sichtlich erleichtert.
Die nächsten Einsätze des Österreichers sind offen. Kommende Woche in Monaco dürften aufgrund der besonderen Streckenverhältnisse wieder die Stammfahrer Senna und Karun Chandhok (IND) im Auto sitzen. Kliens Vertrag als Test- und Ersatzfahrer läuft bis Saisonende. Von einem Renncockpit spricht er zwar noch nicht. "Ich hoffe aber, möglichst bald wieder zu fahren", betonte Klien. "Wenn man einmal Blut geleckt hat, will man weiter zeigen, was man kann."