In Singapur wird schon jetzt mit Hochdruck an der Nacht-Premiere der Formel 1 im September gearbeitet.
Bei Flutlicht mit 300 km/h rund ums Riesenrad! Diese Formel-1-Weltpremiere findet heuer nicht in Wien, sondern in Singapur statt. Der Insel-Stadtstaat am Südzipfel Malaysias ist am 28. September Schauplatz des ersten Nachtrennens in der Formel 1. In Szene geht das Spektakel unter 3.000 Lux auf dem fünf Kilometer langen Marina-Bay-Kurs, einer reinen Straßenstrecke.
Wien liegt im jährlichen Ranking der lebenswertesten Städte gemeinsam mit der Olympia-Stadt Vancouver auf Platz drei, Singapur nur auf Rang 34. Vielleicht kann man sich in der klinisch sauberen, südostasiatische Finanzmetropole, in der auf Drogenhandel immer noch die Todesstrafe steht, der Werbekraft der Formel 1 nicht entziehen. 150 Mio. Singapur-Dollar (69,1 Mio. Euro) ist das vorläufige Budget für die Installierung der Strecke, mit der internationaler Motorsport nach 35 Jahren zurückkehrt. 100 Mio. erwartet man sich an jährlichen GP-Einnahmen.
Hochdruck
Seit dem "Ja" zur Formel 1 und den Forderungen von
Bernie Ecclestone wird in Singapur 24 Stunden am Tag gearbeitet. Erst
vergangenes Jahr fiel die Flutlicht-Entscheidung, Ecclestone will ja vor
allem die europäischen TV-Konsumenten verwöhnen. Während sich Melbourne
gegen einen Flutlicht-GP sträubt, war das Thema in Singapur trotz
Zusatzkosten von 5,5 Mio. Euro schnell besprochen.
Biodiesel
Ein temporäres Pylonen-Lichtsystem wird den Kurs
taghell erleuchten. Zwölf Biodiesel-Generatoren in drei unabhängigen
Systemen sollen für Licht und Ausfalls-Sicherheit sorgen. Am Donnerstag vor
dem GP gibt es ein Zusatztraining, alle Rahmenrennen finden aber bei
Tageslicht statt. Der Licht-Trend wird 2009 auch die etwas nördlicher
liegende Strecke in Sepang/Malaysia, wo kommenden Sonntag der zweite
WM-Saisonlauf ansteht, einholen. Der MotoGP hat erst kürzlich in Katar das
allererste Flutlicht-Motorradrennen ausgetragen.
Schneller als Monte Carlo
In Singapur empfindet man die
Verpflichtung zu einem Nachtrennen als Glücksfall. Die Stadt am Äquator ist
feuchtheiß, so sind zur Startzeit um 20.00 Uhr Ortszeit eher angenehme
Temperaturen zu erwarten. 90 Prozent des 5.067 m langen und bis zu 15 m
breiten Kurses führen durch Wolkenratzer-Schluchten. Also über den Raffles
Boulevard, den Freizeit- und Cricketpark Padong, aber auch die historische
und enge Anderson-Bridge, wo so etwas wie Monaco-Flair aufkommt.
Insgesamt ist Singapur aber trotz seiner 24 Kurven mit Geschwindigkeiten über 300 km/h deutlich schneller als Monaco und liegt etwa im Bereich von Valencia, wo heuer ebenfalls erstmals - bei Tageslicht - ein Formel-1-Straßenrennen gefahren wird.
Rund ums Riesenrad
Der Singapur-GP wird in mehreren Beziehungen
einzigartig sein. Der Bereich Start und Ziel, der vergangenen Dienstag
fertig geworden ist, liegt am neuen Singapur-Flyer. Das ist ein
spektakuläres Riesenrad an der Marina-Bay Area mit einem Durchmesser von 150
und einer Gesamthöhe von 165 m. 30 Minuten dauert eine Fahrt in einer der 25
Personen fassenden Gondeln, die man während des GP auch mieten kann.
Fan-Ansturm
Kurz davor steht die 32.000 Zuschauer fassende
Haupttribüne, die auch für den Nationalfeiertag genutzt wird. Absolutes
Novum: Die Formel-1-Boliden werden nicht nur vor dieser Mega-Tribüne
entlang- , sondern dann auch noch unter sie hindurch fahren. Die
Begeisterung in der Region über die Formel 1 und die Dreitagespässe zu
umgerechnet 136 Euro, die täglich weitergegeben werden können, ist so groß,
dass beim ersten Ticketverkauf alle Systeme zusammenbrachen.
Preistreiber
Und das, obwohl die Singapur-Hotels während des GP
bis zu 800 Euro/Nacht verlangen werden. "Wer sich das leisten kann, geht
auch zum Rennen", hat Geschäftsführer Michael Roche keine Angst, dass
Hotelgäste oder arbeitende Menschen aus einem der zahlreichen Wolkenratzer
"gratis" den GP sehen könnten. Auf die 90.000 zahlenden Zuschauer wartet der
"glamouröseste" Grand Prix. "Wir haben natürlich nicht die Geschichte und
die Stars von Monaco, aber bei Style, Essen und Trinken sind wir
unschlagbar", so Roche.
Eigenartige Regelungen
Und letztlich erwartet die F1-Gäste in der
Boomtown Singapur, die weiterhin rasant wächst, auf dem Flughafen Changi ein
kleines Einreise-Wunder. Das Gepäck "muss" innerhalb von acht Minuten beim
Fluggast sein, dementsprechend zügig werden die Einreisekontrollen
abgewickelt. Vorsicht ist allerdings geboten. Singapur ist der einzige Staat der Welt, in den Zigaretten nicht duty free eingeführt werden dürfen.
Der Kauf von Kaugummis ist zwar mittlerweile erlaubt, aber nur auf ärztliche
Verschreibung.