Teamorder-Revival bei Mercedes
Formel 1: Ferrari glaubt an WM-Titel
17.04.2017
Vettels Stärke zwingt "Silberpfeile" zum Umdenken.
Sebastian Vettel ist wieder da. Der Ferrari-Star hat seine Ambitionen in der Formel 1 am Ostersonntag mit seinem zweiten Saisonsieg in Bahrain untermauert. Die WM läuft auf ein Gigantenduell zwischen dem Deutschen und Lewis Hamilton im Mercedes hinaus. Ferrari scheint stark genug dafür. Mercedes nützte in Sakhir selbst die Rückkehr zur sonst oft verpönten Stallregie nichts.
Wolff: "Das macht absolut keinen Spaß"
Pole-Position-Mann Valtteri Bottas fehlte über das gesamte Rennen der Speed. Die Mercedes-Box dirigierte Hamilton daher zweimal an seinem schwächelnden Teamkollegen vorbei. "Das war ein superharter Call, den wir über all die Jahre nicht gemacht haben. Das macht absolut keinen Spaß", betonte Mercedes-Teamchef Toto Wolff.
Ins Duell zwischen dem zurückgetreten Weltmeister Nico Rosberg und Hamilton hatte Mercedes versucht, tunlichst nie einzugreifen. Durch das Widererstarken von Ferrari sind die "Silberpfeile" aber dazu gezwungen, auch wieder mehr auf die Konkurrenz zu schauen. "Die Situation ist jetzt anders", sagte Wolff. "Wir brauchen eine genaue Analyse, was das für uns bedeutet."
"Weltmeisterschaft der zwei Geschwindigkeiten"
Die Teamkollegen von Vettel und Hamilton scheinen mit den Topstars der Szene nicht mithalten zu können. "Es ist eine Weltmeisterschaft der zwei Geschwindigkeiten", schrieb die italienische Zeitung "La Stampa" am Montag. Bottas und dessen finnischer Landsmann Kimi Räikkönen seien lediglich "Wasserträger". Das habe das Rennen in Bahrain gezeigt.
"Ein großes Ferrari-Fest", titelte die "Gazzetta dello Sport" nach dem österlichen Triumph in der Wüste. Nach dem besten Saisonstart seit 2008 träumt Italien gar von einer neuen roten Ära. Seit Räikkönen 2007 wartet die Scuderia vergeblich auf einen Weltmeister. "Wir sind jetzt komplett überzeugt, dass unser Sieg in Melbourne keine Eintagsfliege war, und dass wir bis zum Schluss in dieser WM ganz vorne dabei sein werden", sagte Ferrari-Präsident Sergio Marchionne.
Vettel führt die Fahrerwertung nach drei Rennen sieben Punkte vor Hamilton an. Selbst in der Konstrukteurs-WM liegt Ferrari drei Zähler vor Mercedes, dem alles überragenden Team der vergangenen drei Jahre. Mit dem neuen Reglement und dem vor zwei Jahren nach vier WM-Titeln von Red Bull losgeeisten Vettel als Katalysator ist Ferrari zum echten Gegner aufgestiegen.
"Die ganze Fabrik ist zum Leben erwacht"
Im Vorjahr hatten die Roten nicht ein Rennen gewonnen, die 2016 geleistete Entwicklungsarbeit macht sich nun aber bezahlt. Der Auftaktsieg in Australien habe noch einmal neue Energie freigesetzt, berichtete Vettel. "Die ganze Fabrik ist zum Leben erwacht. Das ist großartig, und das müssen wir fortsetzen." Zumal die WM durch die Fähigkeit zur Weiterentwicklung entschieden werden dürfte.
Daher war Perfektionist Vettel nach seinem Triumph mit dem Kopf auch bereits bei den Testfahrten, die am Dienstag und Mittwoch in Bahrain auf dem Programm stehen. "Ich habe mich schon zur Hälfte des Rennens gefreut, bald wieder in den Wagen zu springen", sagte der 29-Jährige. So begeistert ist er von seiner neuen Roten Göttin. "Das Auto ist eine Freude, ich genieße es wirklich."
"Das wird eng werden"
Viel Raum für Tests auf der Strecke sieht das Reglement nicht vor. Auch Hamilton, in der Vergangenheit oftmals aus privaten Gründen verhindert, will die Proberunden diesmal absolvieren. Der dreifache Weltmeister weiß, was es geschlagen hat. "Mit einem zweiten Platz kann man nicht zufrieden sein. Das ist nicht der Grund, warum wir existieren", betonte der Brite. Seine Fehler schmerzen ihn selbst - mehr noch als alle anderen.
Zumal Kleinigkeiten in der WM den Ausschlag geben werden. "Wir sind ganz nah aneinander dran. Das wird genauso eng weitergehen", meinte Wolff. Bottas zeigte sich trotz der Funksprüche, Hamilton vorbeizulassen, mannschaftsdienlich. "Ich bin definitiv ein Teamplayer", erklärte der 27-Jährige. Er würde sich Orders nicht beugen, auch wenn sie für einen Fahrer das Schlimmste seien, was er zu hören bekommen könne. Zumindest den Feind im eigenen Lager scheint Hamilton mit dem Rosberg-Rücktritt also los.