Für den Formel-1-Grand-Prix in Ungarn gibt es zahlreiche Bedenken an einer Austragung. Hinter den Kulissen wurden bereits diverse Not-Szenarien durchdiskutiert.
Es ist der professionellen Arbeit der Spielberg-Veranstalter zu verdanken, dass die Formel-1-WM im Corona-Jahr 2020 auf Touren kam. „Die Infrastruktur hier eignet sich ideal“, sagt Red-Bull-Berater Marko. Von F1-Boss Carey abwärts – alle hatten für den Auftakt in Spielberg von Beginn an ein gutes Gefühl.
Vor dem Ungarn-GP am 19 Juli gibt es hingegen Bedenken und Aufregung. Grund ist, dass dem Grand-Prix-Tross in Ungarn bei Verstößen gegen die Covid-19-Vorgaben Geldstrafen bis zu 15.000 Euro oder sogar Freiheitsentzug drohen. Personen mit britischem Pass dürfen mit der lokalen Bevölkerung nicht zusammentreffen.
Sogar Überlegungen, in Spielberg zu bleiben und ein 3. Rennen zu fahren, tauchten auf. Alex Wurz, Chef der Fahrergewerkschaft GPDA: „Im Gespräch mit Chase Carey hat er mich gefragt, was die Fahrer davon halten, wenn wir dreimal auf dem Red-Bull-Ring fahren. Wenn es die einzige Strecke ist, wo wir hingehen können, dann können wir auch zehnmal fahren, habe ich gesagt. Es ist uns lieber, hier öfters zu fahren, als überhaupt nicht anzutreten. Also diese Option würde es vielleicht noch geben. Und man kann vielleicht auch jetzt noch so kurzfristig reagieren. Wir wissen, dass die ganzen Sicherheitsmarshalls und das Equipment hier sind".“
Wurz weiter: "Man könnte es vielleicht organisieren, aber man muss das vor dem Sonntagabend wissen, dass gar nicht abgebaut wird". Der F1-Experte räumt ein, es könne "vielleicht sein, dass Ungarn nicht stattfindet. Wenn man das jetzt in den nächsten 24 Stunden weiß, dann kann es gut sein, dass wir auch nächste Woche wieder hier sitzen."
Strenge politische Regeln in Ungarn
Im entsprechenden Papier heißt es unter anderem, dass Briten und Personen aus Nicht-EU- oder Ländern des Europäischen Wirtschaftstraums (EEA) ihre Unterkunft in Ungarn nur zum Besuch der Rennstrecke verlassen dürfen. Briten kommen nur mit einer speziellen Einladung der Regierung ins Land und müssen Datum und Ort der Einreise im Voraus melden. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder von Taxis ist ihnen untersagt. Mahlzeiten müssen entweder an der Strecke oder im Hotel eingenommen werden.
Die Situation betrifft einen großen Teil des GP-Trosses. Sieben der zehn Teams kommen aus Großbritannien, einem Land mit sehr vielen Covid-19-Fällen. Dasselbe gilt für die überwiegende Mehrheit der mitreisenden Medienvertreter. Viele von ihnen mussten für Budapest kurzfristig auf Hotels mit Restaurantbetrieb umbuchen. In Spielberg kamen noch am Samstag Diskussionen über ein eventuell drittes Rennen in Österreich auf.
Ross Brawn: "Irgendwann positiver Test unvermeidlich"
Die Formel 1 hat dank eines ausgeklügelten Hygiene-Konzeptes mit viermonatiger Verspätung auf dem Red Bull Ring ihren Saisonstart gewagt. Nach den zwei Rennen in der Steiermark stehen derzeit acht weitere WM-Stationen fest. In Budapest beziehungsweise Mogyorod findet das letzte Rennen des ersten "Triple-Headers" mit drei WM-Läufen innerhalb von drei Sonntagen in Folge statt. Danach geht es nach Silverstone, also ausgerechnet nach England.
In Österreich ist die Formel 1 bis zum zweiten Renn-Wochenende von positiven Corona-Tests verschont geblieben. Die rund 8.600 Tests waren alle negativ geblieben. Aber selbst Formel-1 Sportchef Ross Brawn hält es für unwahrscheinlich, dass das trotz des effizienten Blasen- bzw. Cluster-Modells dauerhaft so weitergehen kann.
"An irgendeinem Punkt werden wir einen positiven Test haben", ist Brawn bewusst. "Wir hoffen aber, dass wir dann die Situation kontrollieren und das Risiko minimieren können", sagte der Brite gegenüber Sky-TV. War der Saisonstart im März in Australien wegen eines einzigen Corona-Falles im Fahrerlager abgesagt worden, würden nun infizierte Personen zunächst isoliert werden und der Grand Prix könnte weitergehen. "Ich klopfe auf Holz", sagte Brawn. "Bisher ist alles gut gegangen, aber wir dürfen nicht nachlässig werden."
FIA warnt Teams bei Regelmissachtung
Der Automobil-Weltverband (FIA) hatte nach der Pause zwischen den beiden Österreich-Rennen eine "Erinnerung" an Teams und Journalisten geschickt. Zudem wurden beide Ferrari-Piloten verwarnt. Charles Leclerc, weil er sich zwischen den Rennen in Monaco mit Personen außerhalb seiner Sicherheitsblase getroffen hatte. Sebastian Vettel war im Fahrerlager beim Gespräch mit Red-Bull-Personal ohne Gesichtsmaske fotografiert worden.
Die Formel 1 setzt bei ihrem Spätstart auf ein strenges Hygiene-und Sicherheitskonzept, das dank der modernen und großzügigen Infrastruktur sowie der guten Organisation auf dem Red Bull Ring nahezu perfekt umgesetzt werden konnte. Es soll auch als Vorlage für andere Großsport-Veranstaltung dienen.
Für die globale, milliardenschwere Rennserie Formel 1 geht es um viel. Deshalb reist sie mit Personal und Material sowie den Fahrern wie eine Art "luftdichtes Raumschiff" von Rennen zu Rennen und versucht dort, ihre Show im TV herzuzeigen, ohne Kontakte mit der lokalen Bevölkerung zu haben. Bei den Rennen sind keine Zuschauer vor Ort erlaubt. Die Formel 1 sei bemüht zu beweisen, dass sie als internationaler Sport um die Welt reisen könne, ohne Covid-19 in die Länder zu tragen, sagte Brawn.
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