Enttäuschung in Silber
"Mercedes zu schlecht für Schumi"
19.03.2012
Lange Gesichter bei Mercedes: Auto nur im Qualifying schnell, Schumi früh out.
So groß die Erwartungen waren, so groß war auch die Enttäuschung. Mercedes ist auch im dritten Jahr nach der Übernahme des ehemaligen Weltmeisterteams BrawnGP in der Formel 1
nicht siegfähig. Die Hoffnungen auf den ersten Podestplatz von Rekordweltmeister Michael Schumacher
nach seinem Comeback 2010 waren im Auftaktrennen in Australien früh zunichte. Zudem droht Mercedes wegen seines innovativen Luftschachtes am Auto Ungemach.
Getriebeschaden stoppt Schumacher
Schumacher machte einen Getriebeschaden für seinen frühzeitigen Abflug verantwortlich. Seinen dritten Platz zu halten, wäre in Melbourne ohnehin fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Zu groß ist der Reifenverschleiß des neuen Silberpfeils, wie der zwölfte Platz seines Teamkollegen Nico Rosberg beweist. "Wir sind im Renntrimm noch zu langsam", gestand Schumacher. "Ich weiß nicht, um wieviel, aber im Qualifying sehen wir besser aus."
Protest gegen F-Schacht droht
Der Grund dafür ist simpel: Im Zeittraining darf der verstellbare Heckflügel (DRS) immer verwendet werden, im Rennen nur beim Überholen. Der umstrittene F-Schacht, den Mercedes gebaut hat, ist an DRS gekoppelt und sorgt für schnellere Rundenzeiten. Vom Fahrer gesteuerte Aerodynamik-Elemente sind seit dem Vorjahr verboten. Ein Protest gegen Mercedes ist in Melbourne zwar ausgeblieben, könnte aber auch noch nächste Woche in Malaysia folgen.
Der Automobil-Weltverband FIA hat das System vorerst genehmigt, dennoch herrscht Informationsbedarf. "Wir wünschen uns Klarheit, bevor alle viel Geld für die Entwicklung ausgeben", begründete Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Es ist eine Grauzone im Reglement. Ich denke, darüber wird es in den nächsten fünf Tagen intensive Diskussionen geben." Schon am Samstagabend soll der Mercedes W03 länger als sonst untersucht worden sein.
Reifenabried als großes Problem
Im Heimrennen von Hauptsponsor Petronas sind die Silberpfeile nicht mehr zum engsten Favoritenkreis zu zählen. Der Reifenabrieb dürfte in der Tropenhitze von Malaysia noch größer sein. Sollte Mercedes noch länger nicht konkurrenzfähig sein, könnte auch Schumacher die Lust verlieren, seinen mit Saisonende auslaufenden Dreijahresvertrag zu verlängern. "Mercedes zu schlecht für Schumi", titelte die "Bild"-Zeitung in ihrer Montag-Ausgabe.
Dabei hat man im technischen Bereich hochkarätige Führungskräfte geholt. Bob Bell (früher Renault), Aldo Costa (Ferrari) und Geoff Willis (Red Bull und Honda) stießen allesamt im Vorjahr zum Werksteam. Ego-Probleme gebe es dadurch aber keine, versicherte Teamchef Ross Brawn. Vielmehr werden auch schon für 2014 Ressourcen aufgewendet, wenn mit neuen Motoren ein völlig neues Reglement auf die Königsklasse zukommt.
Schumis Zukunft noch offen
Ob Schumacher so lange auf ein Auto warten will, mit dem er seinen 92. Grand Prix gewinnen kann? Der Deutsche, den Brawn bei Benetton und Ferrari zu sieben WM-Titeln geführt hat, wäre dann 45 Jahre alt. Dass er noch nicht zum alten Eisen gehört, bewies Schumacher zum Saisonstart im Qualifying, als er sich mit Rang vier deutlich vor Rosberg positionierte. In den beiden vergangenen Jahren war ihm das in 38 Versuchen nur achtmal gelungen.
"Im Endeffekt hängen wir alle von den Autos ab und davon, was sie zulassen", meinte Schumacher. Über seine Zukunft wollte sich der 43-Jährige in Melbourne aber noch nicht wirklich äußern: "Es gibt keinen fixen Zeitpunkt, wann ich darüber entscheiden will." Laut Brawn sehe man sich vorerst nicht nach Alternativen um. "Wir würden sehr gerne mit Michael weitermachen, weil das bedeuten würde, dass wir unseren Zielen nähergekommen sind."