Auf der Baustelle von Dschidda geht das spannende WM-Duell in die vorletzte Runde.
Verstappen (Red Bull) oder doch Hamilton (Mercedes)? ORF-Insider Alex Wurz blickt hinter die Kulissen des WM-Showdowns und verrät, weshalb dieses Wochenende für ihn besonders emotional wird.
ÖSTERREICH: Herr Wurz, rechnen Sie auch wie Ihr ORF-Kollege Ernst Hausleitner mit einer WM-Entscheidung erst im letzten GP am 12. Dezember?
ALEXANDER WURZ: Ich hoffe es, aber wir wissen nicht, was jetzt in Saudi-Arabien passiert. Auf diesem Stadtkurs ist noch keiner gefahren. Da kann ein Safetycar zur falschen Zeit schnell die Strategie für alle auf den Kopf stellen. Unter dem Druck, unter dem die beiden stehen, schleichen sich auch menschliche Fehler ein. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese WM durch einen kleinen Schnitzer entschieden wird.
ÖSTERREICH: Wie groß ist die Gefahr einer neuerlichen Kollision zwischen Hamilton und Verstappen?
WURZ: Vermutlich werden sie sich irgendwann auf der Strecke treffen, und wenn es auf Biegen und Brechen geht, ist die Chance schon statistisch sehr groß, dass es noch einmal kracht. Und da rede ich nicht von absichtlichem Abschießen wie z. B. bei Senna und Prost.
ÖSTERREICH: Wenn Verstappen Hamilton aus dem Rennen crasht, bleibt er vorn. Hat man so etwas als Rennfahrer im Hinterkopf?
WURZ: Der primäre Gedanke ist sowas auf keinen Fall. Und die Zeiten, in denen der eine den anderen absichtlich abschießt, sind vorbei. Aber es ist absolut legitim, wenn man sehr hart ans Werk geht, wenn man in Führung ist.
ÖSTERREICH: Wie gut "eignet" sich der neue Kurs in Saudi-Arabien für Karambolagen?
WURZ: Wir haben es, wie gesagt, mit einem schnellen Stadtkurs zu tun. Aber genau kenne ich den Kurs auch nicht. Ich designe die neue permanente Rennstrecke in Qiddiya, die wird erst 2023 eröffnet.
ÖSTERREICH: Kritiker meinen, aufgrund der Menschenrechts-Lage darf die Formel-1 in Saudi-Arabien nicht fahren. Was halten Sie dem dagegen?
WURZ: Unser Sport hat dieses Thema seit eh und je. Ohne Geld könnten wir uns die Formel-1 nicht leisten. Die Formel-1 ist aber auch ein Mittel, um auf neue Märkte aufmerksam zu machen. Ich schließe mich den Aussagen von Jean Todt und Stefano Domenicali an. Die sagen, sie hoffen, dass man durch den Sport Aufmerksamkeit in die Welt trägt, aber dass jedes Land dann die Verantwortung hat, etwas daraus zu machen.
ÖSTERREICH: Werden Sie am Wochenende vor Ort sein?
WURZ: Als Track-Designer bin ich Gast der königlichen Familie. Und ich drücke meinem Sohn Charlie die Daumen: Der fährt für Lechner Racing im Porsche-Cup. Und die F1-Familie wird sich von Frank Williams verabschieden.
ÖSTERREICH: Sie kannten diesen legendären Teamchef sehr gut, oder?
WURZ: Frank hat mich beobachtet und kontaktiert, als ich noch nicht einmal in der Formel 1 war. Später bin ich für ihn Rennen gefahren, und dann hab ich in seinem Team-Management für ihn gearbeitet. Jede Sekunde, die ich mit ihm verbracht habe, war mega! Ein Mann mit viel britischem Humor, dem es aber letztlich um sportlichen Erfolg gegangen ist. Und das in einem nach dem Unfall doch beträchtlich erschwerten Leben. In Dschidda wird sich die Motorsportfamilie in erster Linie an die vielen sportlich aufregenden Stunden mit Frank erinnern.
Tippen Sie ihren Favorit zum Titel!