Die Formel-1-Legende im großen oe24-Interview

Berger: ''Das Leben ist noch immer gut zu mir''

30.07.2022

In dieser Woche jährte sich Gerhard Bergers emotionaler Sieg im Hockenheim-GP 1997 zum 25. Mal. ÖSTERREICH erwischte die F1-­Legende am Handy, während eines Mountainbike-Ausflugs in seiner Tiroler Heimat, man hörte den 62-Jährigen keuchen und Kuhglocken.

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oe24: Herr Berger, mit welchen Gefühlen erinnern Sie sich in dieser ­Idylle an Ihre wilden F1-Zeiten und speziell an Ihren legendären letzten Sieg?
Gerhard Berger: Das ist ­alles schon sehr weit weg. Wer stand damals mit mir am Podest? Schumi und Häkkinen, oder? Da war ich schon in guter Gesellschaft. Vielleicht erinnere ich mich so schlecht daran, weil ich es nicht wahrhaben will, dass das schon 25 Jahre her ist. Irre!

oe24: Sie betonen immer wieder, dass das Leben gut zu Ihnen war …
Berger: Ja, das Leben ist noch immer gut zu mir. Bei all den Rückschlägen, die dazugehören, bin ich froh mit dem, was ich bekommen ­habe. Das Geschäft, das Geldverdienen, ist alles sekundär. Ich durfte immer das machen, was mir Spaß macht. Egal, ob Autorennen, Skifahren oder Motorrad-Fahren. Ich bin dort gelandet, wo ich schon als kleiner Bub sein wollte. Ich habe fünf gesunde Kinder und zum Schluss einen Buben, der vor Kurzem mit dem Kart-Fahren begonnen hat.

oe24: Könnte Ihr Bub vielleicht einmal in Ihre F1-Fußstapfen treten?
Berger: Diese Möchtegern-Wege sind schwer konstruierbar. Ich gebe ihm gerne meine Leidenschaft fürs Ski- oder Kart-Fahren mit. Aber so wie der Verstappen-Papa alles für die Karriere vom Buben zu tun, das geht sich bei mir schon wegen meiner geschäftlichen Verpflichtungen nicht aus.

oe24: Talententdecker Helmut Marko ist Ihr Sohn ­offenbar noch nicht aufgefallen. Er sieht nämlich keinen Österreicher, der es in die F1 schaffen könnte …
Berger: Mein Sohn ist erst fünf Jahre alt, aber Helmut hat recht: Es gibt momentan niemanden aus Österreich, der sich für die Formel 1 empfehlen würde. Aber bei seinem 150-Prozent-Engagement für Red Bull hat Helmut auch keine Zeit, sich darum auch noch zu kümmern. Da würden wir uns mehr Patriotismus wünschen. Ohne Helmut wären wir alle nicht in der Formel 1 gelandet: Wendlinger, Gartner, ich …

oe24: Marko hat Verstappen zum F1-Weltmeister gemacht. Warum waren Sie schon vor Saisonbeginn, so ­sicher, dass er den Titel verteidigen würde?
Berger: Ich habe mich zwar früh auf Max festgelegt, aber ich habe unterschätzt, wie stark der Ferrari heuer ist. Mit dem Speed können sie ein paar Rennen in Folge gewinnen, nur machen sie noch zu viele Fehler.

oe24: Sie kennen Teamchef Binotto aus Ihrer Zeit bei Ferrari. Wie viel Schuld hat er am aktuellen Chaos?
Berger: Man muss ihm zugutehalten, dass er über den Winter einen extrem guten Job gemacht hat. Plötzlich war Ferrari in der Rolle, um die WM zu fighten. Ich glaube aber, dass sie noch nicht so weit sind, auch Leclerc nicht. Wenn sie im nächsten Jahr auch so ein Paket haben, könnten wieder die Seriensiege kommen, so wie damals bei Schumi.

oe24: Glauben Sie an die Ferrari-Erklärung zum Gaspedal-Problem nach dem Frankreich-Crash?
Berger: Mir ist auch aufgefallen, dass sich die Aussage dazu geändert hat. Dass heute alles ganz genau aufgezeichnet wird und dann für alle im Internet zu finden ist, wäre für mich ein Graus gewesen. Wenn alle unsere Lügen von damals transparent geworden wären, wäre ich nicht glücklich geworden (lacht).

oe24: Heute geht’s in Budapest zur Sache, warum haben Sie dort nie gewonnen?
Berger: Es hat sich in Ungarn immer wie bei einem Heim-Grand-Prix angefühlt mit all den österreichischen Fans vor Ort. Aber die Strecke ist ganz speziell: Entweder du stehst auf Pole, dann gewinnst du wahrscheinlich, oder du musst hinten mit den Reifen taktieren. Da hatte ich nicht genug Geduld. Außerdem verlangt einem die Hitze körperlich alles ab, ich war nie der Überfitte.

oe24: Als Rennserien-Chef sind Sie heute topfit, der DTM haben Sie einen neuen Spirit eingetaucht. Verraten Sie uns, warum wir das DTM-Weekend im September in Spielberg nicht versäumen dürfen?
Berger: Im Gegensatz zur Formel 1 kommst du bei der DTM als Fan an die Fahrer und an die Autos hautnah heran. Wir haben eine tolle Markenvielfalt und harte Renn-Action. Und vier Österreicher, die um den Sieg fahren können. Mit Mirko Bortolotti führt sogar ein Wahl-­Österreicher in der Gesamtwertung.

oe24: Können Sie sich vorstellen, dass Ihr ehemaliger Toro-Rosso-Star ­Sebastian Vettel nächstes Jahr in der DTM fährt?
Berger: Das wäre ein Traum, aber ich fürchte, er rettet jetzt lieber Bienen.

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