Vor dem Abflug zum China-GP (So., 9 Uhr) sprach Red-Bull-Mastermind Helmut Marko wieder einmal Klartext - über die Zukunft von Weltmeister Max Verstappen und mögliche Fahrer-Paarungen für 2024, über die Mercedes-Krise über sinkende Einschaltquoten und warum beim Österreich-GP alles anders ist.
Nur zur heiklen Causa um Red-Bull-Teamchef Christian Horner bleibt Marko bei seinem "kein Kommentar!". Er kenne weder den genauen Wortlaut der Chats, noch könne er das Gerücht bestätigen, wonach auf Druck der Mitarbeiterin, die sich offenbar sexuell belästigt fühlt, ein neuer Anwalt den Fall noch einmal untersuchen soll. Marko hofft, "dass endlich Ruhe in die Sache kommt". Damit der Fokus wieder voll dem Sport gehört. Und da gibt es genug zu tun. So steht noch immer nicht fest, wer 2025 neben Max Verstappen für Red Bull um WM-Punkte fahren wird. Falls Verstappen seinen bis 2028 laufenden Vertrag tatsächlich erfüllt, was ja angesichts der Horner-Turbulenzen zwischenzeitig und Frage gestellt wurde.
oe24: Herr Marko, inwiefern ist Carlos Sainz ein Thema für das zweite Cockpit bei Red Bull?
HELMUT MARKO: Schauen Sie: Sainz fährt momentan in einer tollen Form (und wird mit Jahresende von Ferrari vor die Tür gesetzt, d. Red.). Er hat, glaub ich, von Audi ein sehr tolles Angebot über drei Jahre, muss sich allerdings dort relativ bald entscheiden. Wir hingegen werden uns nicht bald entscheiden, wir lassen uns durch solche Sachen nicht unter Druck setzen. Aber natürlich sortiert man.
oe24: Allerdings steigt Audi erst 2026 in die Formel 1 ein und Sainz müsste 2025 überbrücken. Und der Red-Bull-Vertrag Vertrag von Perez läuft Ende 2024 aus ...
MARKO: So lange Checo in so einer guten Form wie jetzt fährt und er mit vernünftigen Konditionen für eine Verlängerung kommt, spricht eigentlich nix gegen ihn.
oe24: Welche Konditionen verlangt Perez? Normalerweise müsste er ja sogar was zahlen dafür, dass er für das überlegene Red-Bull-Team fahren darf ...
MARKO: Tatsächlich bringt er sogar mexikanische Sponsoren mit. Bei seinen Forderungen geht es eher um die Vertragsdauer.
oe24: Bei Sainz wissen Sie, was Sie bekommen, schließlich kommt er aus dem Red-Bull-Nachwuchsprogramm ...
MARKO: Gut, damals war er noch sehr jung. Aber inzwischen hat er sich toll entwickelt und zeigt eine unglaubliche Form.
oe24: Dass Perez heuer seine Rolle als "Best of the Rest" besser behauptet, liegt angeblich daran, dass er sich mehr am Verstappen-Setup orientiert. Ist da was dran?
MARKO: Das stimmt, allerdings geht Max immer aufs schnellste Setup. Das ist natürlich nicht immer leicht zu fahren. Wenn ein Auto schnell ist, dann ist es unruhig und giftig. Da kommt dann die fahrerische Klasse zum Tragen. Deswegen ist Max auch in den Qualifyings immer der Schnellste.
"Setzen Sie Max in einen Ferrari ..."
oe24: Zu Saisonbeginn hat Verstappen angesichts der internen Turbulenzen angedeutet, dass er Red Bull vorzeitig verlassen könnte. Ist das noch immer ein Thema?
MARKO: Er will immer im schnellsten Auto sein, und Max im Red Bull, das ist eine unschlagbare Kombination. Aber setzten Sie den Max in einen Ferrari, dann würde das schon anders ausschauen. Die 20 Sekunden, die er vor Checo ist, entsprechen seiner fahrerischen Überlegenheit.
oe24: Also wird er bei Red Bull bleiben?
MARKO: Der Max wird dort fahren, wo er das beste Auto hat und das hat er bei Red Bull. Da zeichnet sich nix anderes ab.
oe24: Da fehlen Toto Wolff mit dem schwächelnden Mercedes die Argumente. Christian Danner hat auf ServusTV gemeint, Niki Lauda hätte die Silberpfeile besser durch die Krise manövriert. Glauben Sie das auch?
MARKO: So einfach ist es nicht. Aber es kommt nicht von heute auf morgen, dass du so absackst. Alarmierend ist, dass sie (Mercedes, d. Red.) jetzt schon die dritte Saison nicht wettbewerbsfähig sind.
oe24: Als Außenstehender bekommt man das Gefühl, Mercedes wird immer noch schlechter. Jetzt kann man schon einem 7. Platz was Positives abgewinnen. Müssten da nicht alle Alarmglocken schrillen?
MARKO: Das tun sie wahrscheinlich eh. Was mich so irritiert ist, dass das Auto phasenweise wirklich schnell ist, phasenweise fahren die absolute Spitzenzeiten. Dann denk ich mit: Schau, jetzt haben sie es kapiert! Aber das ist immer nur ein kurzes Strohfeuer.
oe24: Inzwischen geht die Befürchtung um, dass ihr mit eurer Überlegenheit die Formel 1 in eine Sackgasse manövriert, was sinkende TV-Einschaltquoten bereits bestätigen ...MARKO: Aber bei den Rennen ist das Interesse weiterhin ungebrochen. Beim Grand Prix am Red Bull Ring z. B. haben wir über 30.000 Holländer und sind schon jetzt fast ausverkauft.