Bevor sich Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko (80) ins vorweihnachtliche Graz aufmachte, zog er im oe24-Telefonat Bilanz über eine Rekord-Saison - und ließ mit einer spannenden Aussage aufhorchen.
oe24: Herr Marko, wo störe ich Sie gerade?
MARKO: Ich genieße die Abendsonne in Dubai. Später gibt's noch ein gemeinsames Essen mit Red Bull Racing.
oe24: Als am Sonntag in Abu Dhabi alle eure denkwürdige Rekordsaison feierten, wurden Sie nachdenklich und erinnerten an Dietrich Mateschitz ...
MARKO: Ohne Mateschitz wäre all das jetzt nie möglich gewesen. Ich habe kurz vorher mit Max (Verstappen, d. Red.) gesprochen und hab ihn gefragt, ob er sich das jemals erträumt hätte. Max hat nur ungläubig den Kopf geschüttelt und gemeint: ,Nie und nimmer!'. Leider hat er, der uns diese Vision gegeben hat, das jetzt nicht mehr erleben dürfen.
"Jammerschade, dass Mateschitz das nicht mehr erleben durfte"
oe24: Zu einigen Erfolgen konnte Mateschitz Max noch gratulieren ...
MARKO: Das stimmt schon, da waren viele wunderbare Siege und auch WM-Titel dabei. Aber es ist jammerschade, dass er diese Performance vom Team und vor allem vom Max nicht mehr miterleben darf. So was wie heuer, das ist einmalig. Wer weiß, ob das noch einmal möglich ist.
oe24: Was würde dafür sprechen?
MARKO: Wir haben ein super Auto und ein topmotiviertes Team. Aber der ausschlaggebende Punkt für diese Dominanz, und das kapieren langsam immer mehr Leute, ist der Faktor Max Verstappen. Sergio Perez hat man schlechtgeredet, dabei ist er ein Top-Fahrer. Er hat halt das Pech, dass er ein Jahrhunderttalent als Teamkollegen hat.
oe24: Alexander Wurz meinte im ORF, dass wir auch bei Michael Schumacher gedacht hätten, seine Rekorde wären für die Ewigkeit. Dann kam Lewis Hamilton mit sieben WM-Titeln und 103 GP-Siegen ...
MARKO: Das traue ich auch Max zu. Dass er noch Weltmeisterschaften gewinnen wird, ist höchstwahrscheinlich. Nur dass sich noch so eine Saison wie diese heuer ausgeht mit 21 Siegen in 22 Rennen, halte ich nicht für möglich.
oe24: Ärgert es Sie, dass Red Bull die perfekte Saison mit 22 Siegen knapp verpasst hat?
MARKO: Ich hab immer gesagt: Wenn wir Singapur durchdrücken, bin ich optimistisch, dass das klappt. Dann haben wir uns am Simulator in die Irre führen lassen und das Qualifying nicht mehr hinbekommen. Im Rennen waren wir schon wieder schnell, aber auf diesem Stadtkurs war Überholen kaum möglich.
oe24: Wird Red Bull 2024, wenn erstmals 24 Rennen am Programm stehen, einen neuerlichen Anlauf nehmen?
MARKO: Dass wir das schaffen, ist illusorisch. Aber schaun wir mal, ob überhaupt alle 24 Rennen gefahren werden können. Heuer ist bekanntlich Imola wegen der Naturkatastrophe ausgefallen. Wenn ich mir anschau, wie es auf der Welt zugeht, muss man schon sehr optimistisch sein, dass alles wie geplant durchgezogen werden kann.
oe24: Die neue Saison soll am 2. März wieder losgehen. Stört Sie der frühe Auftakt?
MARKO: Wenn wir eine Weltmeisterschaft mit so vielen Rennen fahren, müssen wir damit leben. Sonst ist das Programm noch gedrängter.
oe24: In unserem letzten Gespräch haben Sie angedeutet, dass Sie 2024 nicht mehr das volle Programm mitmachen könnten ...
MARKO: Was hab ich?
oe24: Sie haben gemeint, dass Sie sich nach der Saison zusammen setzen wollten und alles durchsprechen wollten. Sind Sie 2024 unverändert dabei?
MARKO: Nach der Saison wird generell besprochen, was ich mach. Es ist üblich, dass man nach einer Saison diskutiert, wie es in Zukunft weiter geht, so war das bisher immer.
(Nach oe24-Informationen läuft Markos Vertrag bis Ende 2024.)
oe24: Sie haben zuletzt immer wieder betont, dass Sie die Kraft hätten, wie bisher weiter zu machen ...
MARKO: Die Kraft dazu hab ich. In Las Vegas (bei Trainingssessions bis vier Uhr in der Früh Ortszeit, d. Red.) war ich in erstaunlich guter Verfassung und besser drauf als die meisten anderen.