Während alles gespannt auf das Ergebnis der Untersuchung gegen Red-Bull-Teamchef Christian Horner wartet (und was bei der Präsentation des neuen Autos am Donnerstag passiert), lästert Bullen-Mastermind Helmut Marko schon wieder Richtung Mercedes und "Lieblingsfeind" Toto Wolff.
Angesichts der Vertragsverlängerung bis Ende 2026 als Red-Bull-Berater schaffte es Helmut Marko aufs aktuelle Cover des Forbes-Magazins. Darin erklärt der 80-jährige Grazer, dass er auch in den nächsten drei Jahren nicht vor habe, leiser zu treten. Zu tun gibt’s zwei Wochen vor dem F1-Auftakt genug. oe24 erwischte Marko vor dessen Abflug zur Team-Präsentation in Silverstone.
oe24: Herr Marko, wie sehr belastet die Causa Horner die Vorbereitung auf die Tests und den Auftakt in Bahrain?
HELMUT MARKO: Das kann ich Ihnen nicht sagen und auch sonst nichts zu diesem Thema. So lange die Untersuchung läuft bzw. es kein Ergebnis gibt, werden Sie nichts von mir erfahren. Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Ich hoffe, dass wir unsere Turbulenzen schnell in den Griff bekommen. Unser Auto ist zum Glück fertig, wir stehen gut vorbereitet da.
oe24: Es heißt, dass Max Verstappen auch mit dem Vorjahrs-Auto locker Weltmeister werden könnte ...
MARKO: Das ist Blödsinn. Letztes Jahr ist uns z. B. McLaren auf gewissen Strecken bereits nahe gekommen, die waren allerdings nicht konstant genug.
"Vielleicht hat Hamilton was mitbekommen ..."
oe24: Und was kann der neue RB20?
MARKO: Das wird sich nächste Woche bei den Tests in Bahrain zeigen. Was man jetzt schon sagen kann ist, dass das neue Auto eine Evolution vom Vorjahrsauto ist, und da hatten wir das beste Paket. Wenn wir die wenigen Schwachstellen ausmerzen, sollte eigentlich nicht viel schief gehen. Aber wer weiß: Vielleicht ist einem Konkurrenten bei der Entwicklung ein spezieller Trick gelungen.
oe24: Apropos Konkurrenz: Was sagen Sie zu Hamiltons Abschied bei Mercedes Richtung Ferrari?
MARKO: Das hat auch mich völlig überrascht, eine sportliche Sensation - vor allem der Zeitpunkt. Man fragt sich, wie es dazu gekommen ist. Mercedes ist in der zweiten Jahreshälfte 2023 von Ferrari überholt worden, auch McLaren war schneller. Vielleicht hat Hamilton etwas mitbekommen, was die Außenwelt noch nicht weiß.
oe24: Klingt spannend. Ändert das etwas an der Red-Bull-Strategie?
MARKO: Für uns ändert das nix, außer dass ich darin eine Schwächung von Mercedes sehe. Ob es Ferrari stärkt, wird sich herausstellen. Insgesamt hat das schon eine unglaubliche Auswirkung, das geht bis zu den Börsenkursen. Ist doch toll, dass sich was tut.
oe24: Spannend ist auch, dass Hamilton noch eine ganze Saison für Mercedes fahren muss ...
MARKO: Das stimmt. Normalerweise bist du in so einer Situation gedanklich schon mehr beim neuen Team. Das aktuelle Team kann ihn an gravierenden Neuerungen nicht teilhaben lassen, weil er die natürlich mitnehmen würde. Für den Sport ist das ganze hervorragend, besser als Netflix.
Verstappen zu Mercedes? "Nein, Max hat ein gutes Gedächtnis"
oe24: Wie hat Max Verstappen auf den Hamilton-Wechsel reagiert?
MARKO: Er war nur amüsiert.
oe24: Angeblich soll Toto Wolff Max einen Wechsel zu Mercedes schmackhaft machen wollen ...
MARKO: Das ist eigentlich seine Aufgabe als Teamchef, dass er alles tut, um die besten Fahrer zu bekommen.
oe24: Und Sie machen sich keine Sorgen, dass Max beim entsprechenden Angebot schwach werden könnte?
MARKO: Nein, er hat ein gutes Gedächtnis. Und da ist zu viel vorgefallen in der Vergangenheit. Ich erinnere nur an Silverstone (als Verstappen von Hamilton 2021 abgeschossen wurde und vergeblich auf eine Entschuldigung von Mercedes wartete, d. Red.) oder an den Wirbel damals beim Finale in Abu Dhabi. Das sitzt tief.
oe24: Wolff meinte vor nicht allzu langer Zeit, dass er so eng mit Hamilton sei, dass kein Blatt Papier zwischen die beiden passen würde ...
MARKO: ... aber dafür ein Ferrari-Vertrag.
oe24: Ist das die Moral in der Formel 1? Was machen Sie, wenn Ihnen Max Verstappen plötzlich erklärt, dass er weg ist?
MARKO: Das würde ich ausschließen.