Interview mit Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost
06.04.2010Er ist Österreichs Teamchef in der Formel 1 - und ein recht erfolgreicher noch dazu. Franz Tost hat aus dem italienischen Minardi-Nachfolger Scuderia Toro Rosso ein solides Mittelklasse-Team geformt, das jederzeit für WM-Punkte gut ist. Mit der APA sprach der 54-jährige Tiroler in Malaysia über die Herausforderungen als von Red Bull unabhängiger Konstrukteur.
APA: Sind sie mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden? Das Ziel war ein Platz im vorderen Mittelfeld.
Tost: "Wir sind sehr froh, dass wir am Wochenende durch Jaime Alguersuari unsere ersten Punkte geholt haben. Zuvor hätte ich nicht zufrieden sein können. Denn das Einzige, das zählt, sind immer die Ergebnisse. Alles andere interessiert mich nicht. Pech oder Glück gibt es nicht, es gibt nur Vermögen und Unvermögen."
APA: Sie haben im Vergleich zum Vorjahr Personal aufgestockt. Ist dieser Prozess bereits abgeschlossen?
Tost: "Wir haben uns beim Personal absichtlich einen Puffer gelassen. Wir können noch Leute einstellen. Wir wollten zuerst schauen, wie es uns beim erstmaligen Designen eines völlig eigenen Autos geht. Wo noch Defizite bestehen, werden wir noch Fachkräfte hereinholen, aber sie müssen auch zum Team passen. Der Prozess wird sich bis August oder September hinziehen."
APA: Wie ist es Ihnen beim Designen des eigenen Autos - gänzlich ohne Ideen von Red Bull Technologies - gegangen?
Tost: "Überraschend gut, denn das Zeitfenster, das wir zur Verfügung gehabt haben, war klein. Wir haben die bestehende Infrastruktur gut und effizient genützt - wie effizient, das werden nur die weiteren Resultate zeigen. Das ist das Schöne an der Formel 1: Man sieht jede zweite Woche, ob man gut oder schlecht gearbeitet hat."
APA: Die drei neuen Teams liegen noch deutlich zurück. Wie lange wird es dauern, bis sie eine ernsthafte Gefahr darstellen?
Tost: "Das Niveau im Mittelfeld und ganz vorne an der Spitze ist in der Formel 1 sehr hoch. Das dauert mindestens ein bis zwei Jahre, bis sie diesen Status erreichen. Es geht um das Zusammenspiel von 200 bis 300 Leuten, das geht nicht von heute auf morgen."
APA: Sie haben selbst ein kleines Team konkurrenzfähig gemacht. Was ist dabei der springende Punkt?
Tost: "Man braucht die richtigen Leute, aber man braucht sie auch in den richtigen Positionen. Sie müssen zusammenarbeiten, ohne ihr eigenes Ego heraushängen zu lassen. Es gibt einen Unterschied im Umfeld zwischen den großen und den kleinen Teams. Manche haben vielleicht ein bisschen andere Voraussetzungen."
APA: Würden Sie Ihren großen Bruder Red Bull bereits zu einem der etablierten Topteams wie McLaren oder Ferrari zählen?
Tost: "Auf jeden Fall. Red Bull hat sich im letzten Jahr zu einem absoluten Topteam herausgemausert. Sie arbeiten auf einem sehr, sehr hohen Level - das zeigen auch die Resultate. Sie haben neben der Infrastruktur auch das nötige Personal. Das hat bei ihnen aber auch Zeit gebraucht, genauso ist das bei uns."
APA: Denken Sie, dass Red Bull dieses hohe Level langfristig halten kann, wenn die wichtigsten Köpfe beisammenbleiben?
Tost: "Wenn Stabilität beibehalten wird, und mit einem Sebastian Vettel als Fahrer, glaube ich, dass sie sehr lange eine große Rolle spielen werden. Red Bull hat sich ganz oben festgesetzt. Sie haben auch die Ressourcen dafür."
APA: Um Ihr Team hat es immer wieder Verkaufsgerüchte gegeben. Wie sehr beunruhigt Sie das und vor allem Ihre Mitarbeiter?
Tost: "Es gibt keine Unsicherheit im Team, es hat zu viele Meldungen gegeben in der Vergangenheit. Da hat auch nicht immer alles gestimmt. Alles andere entscheiden sowieso Red Bull und Dietrich Mateschitz. Wie der Stand der Dinge ist, müssten Sie schon ihn fragen. Ich lasse mich nicht von etwas aus dem Konzept bringen, das ich sowieso nicht beeinflussen kann."