Red-Bull-Motorsportchef im Interview
Marko: 'Noch ist die WM nicht verloren'
03.09.2020RB-Mastermind Helmut Marko hofft, dass Verstappen in Monza Hamilton näherkommt.
Am 5. September 1970 verunglückte Markos bester Freund Jochen Rindt in Monza tödlich. 50 Jahre später will der Red-Bull-Teamchef Max Verstappen zurück auf die Siegerstraße bringen.
ÖSTERREICH: Herr Marko, inzwischen hat Verstappen schon fast zwei Siege Rückstand auf Hamilton. Wie soll er das auf holen?
Helmut Marko: Abgesehen davon, dass Mercedes in Monza den Party-Modus (Extra-PS für eine schnelle Qualifying-Runde, d. Red.) nicht mehr verwenden darf: In Spa haben wir uns auf die Wettervorhersage verlassen und mit Regen spekuliert. Mit dieser Abstimmung war Max im Trockenen chancenlos: Der Topspeed hat gefehlt, der Reifenverschleiß war höher. Da können wir schon über den 3. Platz froh sein. Sonst wären wir jedenfalls deutlich näher dran gewesen. Wie gesagt: Noch ist die WM für uns nicht verloren.
ÖSTERREICH: Verstappen konnte seinen Frust über die Mercedes-Überlegenheit nicht verbergen. Haben Sie Verständnis dafür?
Marko: Am Schluss sind Hamilton die Reifen eingegangen. Wenn wir uns nicht auf den Regen kapriziert hätten, hätte es vielleicht anders ausgeschaut. Aber so muss ich Max recht geben: Es war eine fade Angelegenheit.
ÖSTERREICH: Ist Hamilton in Monza zu stoppen?
Marko: Schwer. Monza ist eine Powerstrecke, das taugt Mercedes. Ich hoffe trotzdem, dass uns der nächste Langeweiler erspart bleibt. Wenn ich mir anschaue, wie es in der MotoGP zugeht, mach ich mir langsam Sorgen um die Formel 1.
ÖSTERREICH: Trotzdem sind die Einschaltquoten in ORF 1 mit 642.000 Zuschauern sensationell hoch ...
Marko: Das ist erstaunlich. Wenn Max und Red Bull gewinnen, sind die Einschaltquoten in Holland und England noch höher.
ÖSTERREICH: Noch besser wäre ein Ferrari-Sieg beim Heimrennen. Warum fahren Vettel und Leclerc nur mehr hinterher?
Marko: Ich verstehe auch nicht, was da los ist. Aber warten wir ab, was in Monza passiert. Vielleicht gibt es eine sensationelle Wiederauferstehung. Vielleicht stapelt man bei Ferrari so tief, dass man dann alle Freiheiten kriegt. (okk)