Nach Doppelsieg
McLaren könnte es an den Kragen gehen
10.09.2007
Doppelsieg in Monza konnte nur kurz aufheitern: Am Donnerstag wird Urteil über McLaren in Spionageaffäre gefällt. Alonso möchte weg.
Trotz des Formel-1-Doppel-Triumphes von Monza könnte McLaren-Mercedes in wenigen Tagen als der große Verlierer dieser WM-Saison dastehen. Vor dem Motorsport-Weltrat droht am Donnerstag in der ominösen Spionage-Affäre um geheime Ferrari-Daten eine empfindliche juristische Niederlage. Zudem ist das Tischtuch zwischen dem britisch-deutschen Team und dem zweifachen Weltmeister Fernando Alonso zerschnitten. Die Trennung nach nur einem Jahr scheint unausweichlich und von beiden Seiten intern längst beschlossen zu sein.
Ob Ferrari nach der bitteren Schlappe beim Heimrennen sportliche Vorteile aus der verzwickten Lage des Kontrahenten ziehen kann, ist unwahrscheinlich. Die Italiener haben keine realistische WM-Chance mehr.
Dennis bricht in Tränen aus
Wie sehr die vergangenen Wochen
selbst dem stets kontrollierten und disziplinierten Ron Dennis an die Nerven
gingen, bewies sein Tränenausbruch an der Schulter seiner Frau Lisa nach dem
Doppelerfolg seiner Piloten Alonso und Lewis Hamilton. Der McLaren-Teamchef
genoss den glorreichen Moment, richtete dann aber den Blick nach vorn: "Wir
konzentrieren uns auf die anstehende Woche und das Rennen in
Spa-Francorchamps." Bei der Anhörung vor dem Weltrat des
Internationalen Automobil-Verbandes FIA in Paris steht im schlimmsten Fall
sein Lebenswerk auf dem Spiel.
Ferrari nicht zu Kompromissen bereit
Der wegen der Schlappe beim
Großen Preis von Italien sichtlich enttäuschte Ferrari-Teamchef Jean Todt
kündigte an, die Scuderia werde im juristischen Wettrennen keinerlei
Kompromisse eingehen. "Wir haben keinen Anlass für eine
außergerichtliche Übereinkunft zwischen McLaren und uns",
sagte der Franzose. Selbst wenn es in Paris zu einem erneuten Freispruch für
Dennis & Co kommen sollte, werde Ferrari "auf jeden Fall die in
Italien und Großbritannien anhängigen Verfahren vor zivilen Gerichten
fortsetzen".
Todt bleibt hart
Fragen nach einem gerechten Strafmaß im Skandal
schmetterte Todt ab: "Das ist keine Speisekarte, auf der man sich sein
Lieblingsurteil auswählen kann." Der 61-Jährige sitzt als
Teamvertreter selbst im Weltrat, beteiligt sich aber nicht an der
Abstimmung. Bernie Ecclestone, ebenfalls eines von 26 Weltratsmitgliedern,
drückte sein Unbehagen aus: "Ich fühle mich diesbezüglich gar
nicht wohl."
Haug versucht zu beruhigen
Norbert Haug geht indes weiter davon
aus, dass sich am Donnerstag alles in Wohlgefallen auflösen werde. "Wir
haben nichts am Auto, was nicht unserem Geist und der Legalität entspricht",
versicherte der Mercedes-Motorsportchef. Spöttisch fügte er hinzu: "Wer
den kopiert, der hinter einem fährt, steht nicht vorne." Ferrari
ist jedoch der Meinung, den Silbernen nur deshalb hinterherzufahren, weil
diese von den 780 Seiten mit Geheimdaten profitiert hätten.
Alonso will weg
Dürfte in der Spionage-Affäre in Kürze mehr
Klarheit herrschen, könnte sich die "Angelegenheit Alonso"
noch länger hinziehen. Komplizierte Vertragsklauseln sowie konträre
finanzielle und sportliche Interessen erschweren die Beendigung der immer
stärker belasteten Beziehung. Alonso zieht es weg von McLaren. Der angeblich
20 Millionen Euro verdienende Champion fühlt sich gegenüber dem
Dennis-Ziehkind Hamilton ständig benachteiligt.
Eine Rückkehr zum Renault-Team, mit dem er beide Titel holte, scheint so gut wie sicher. Teamchef Flavio Briatore umwirbt seinen alten Schützling seit Wochen.