Die 100 Mio. Dollar-Strafe für McLaren wäre ohne Alonso als "Kronzeugen" nicht möglich gewesen.
Die Verurteilung von McLaren-Mercedes wäre ohne die Beweise, die Weltmeister Fernando Alonso dem Automobil-Weltverband FIA vorgelegt hat, nicht möglich gewesen. Das bestätigte FIA-Präsident Max Mosley am Samstag vor dem Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps. Alonso sei aufgrund seiner Informationen - der Spanier hatte der FIA unter anderem seinen E-Mail-Verkehr mit Testfahrer Pedro de la Rosa zur Verfügung gestellt - auch ohne Strafe davongekommen.
Aus bei McLaren
Die Zukunft Alonsos bei McLaren scheint damit
ungewisser denn je. Der Weltmeister verfügt über einen Dreijahres-Vertrag
bei den Silberpfeilen, hat aber bereits mehrfach seine Unzufriedenheit
signalisiert. Eine Rückkehr zu seinem Ex-Team Renault steht im Raum. Das
dementierten am Samstag aber sowohl Alonsos Manager Luis Garcia Abad als
auch Renault-Teamchef Flavio Briatore.
Alonsos Angaben dürften das ohnehin gespannte Verhältnis zu McLarenTeamchef Ron Dennis aber weiter belasten. "Ohne das, was er uns gegeben hat, wären wir nicht in der Lage gewesen, alles öffentlich zu belegen", erklärte FIA-Präsident Mosley. Dennis habe ihn als Erster telefonisch informiert, dass Alonso über kompromittierende Daten verfüge. "Er hat mir aber gesagt, das sind alles Erfindungen." Erst durch weitere Ermittlungen der italienischen Justiz habe sich die Dimension der Affäre klar dargestellt.
Mit E-Mails erpresst?
Mosley nährte damit auch Spekulationen,
Alonso könnte Dennis im Rahmen des Grand Prix von Ungarn - dort war das
Stallduell zwischen Alonso und WM-Leader Lewis Hamilton mit der
Blockade-Affäre im Qualifying eskaliert - mit seinen E-Mails erpresst haben,
ihn zum Nummer-eins-Fahrer im Team zu machen. Dennis hatte am Freitag
angegeben, mit seinen Informationen am 5. August, dem Tag des Rennens in
Budapest, zur FIA gegangen zu sein. Damit wollte der Teamchef Alonso wohl
zuvorkommen.
Auch Ausschluss stand im Raum
Stichhaltige Beweise für das Nutzen
von Ferrari-Daten zum eigenen Vorteil gibt es zwar nicht, dennoch hält
Mosley das Urteil gegen McLaren - der Rennstall wurde für 2007 aus der
Konstrukteurs-WM ausgeschlossen und verliert 100 Mio. US-Dollar an Strafe -
für gerecht. "Sie haben Glück gehabt, dass es nicht schlimmer gekommen ist.
Auch ein Ausschluss für 2007 und 2008 ist im Raum gestanden. Da hätte
McLaren mehr als 100 Mio. verloren", erklärte der Engländer.
Das bestätigte auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, der ebenfalls im 26-köpfigen Motorsport-Weltrat sitzt, der die Sanktionen verhängt hatte. "McLaren war sehr nahe dran, ausgeschlossen zu werden. Das war eine realistische Möglichkeit", verriet Ecclestone. "Einige von uns haben aber dagegen angekämpft und plädierten stattdessen für die Geldstrafe. Es war viel enger als jeder sagt."
Berufung wird erwartet
Ecclestone selbst dürfte sich gegen den
Ausschluss stark gemacht haben, zumal dieser der Formel 1 nachhaltig die
Spannung genommen hätte. Dennoch könnte McLaren-Mercedes in der kommenden
Woche nach Prüfung der Sachlage in Berufung gehen. Sechs Tage hat das Team
dafür Zeit. "Falls wir nicht berufen, tun wir das, weil wir den Fall
abschließen wollen", betonte Dennis. "Wir würden die Strafe im Interesse des
Sports schlucken."
Vor einem ordentliche Gericht würde das Urteil nicht halten, meinte Mercedes-Motorsportdirektor Norbert Haug. "Das heißt aber nicht, dass wir vor so eines gehen." Die letzte Entscheidungsbefugnis darüber liegt bei den Aktionären, deren größter ist die Mercedes-Mutter DaimlerChrysler mit 40 Prozent. 30 Prozent der Anteile hält das Königreich Bahrain, je 15 Dennis und der saudi-arabische Investor Mansour Ojjeh. Mercedes könnte nun allerdings die Chance nützen und seine Position im Team stärken, meinen Beobachter.