Schumi sucht Risiko
Niki Lauda über das Comeback des Jahres
13.03.2010
Keiner versteht das Schumi-Comeback besser als Niki Lauda (61), der nach seiner Rückkehr 1982 zum dritten Mal Weltmeister wurde.
Als Niki Lauda am Samstag in Bahrain im Fahrerlager auftauchte, wurde er sofort von Reportern bestürmt. Kein Wunder: Er gilt als größter Schumi-Kenner. Das Ausnahme-Talent des Deutschen hatte er schon zu Beginn der 1990er-Jahre erkannt. Als Ferrari-Berater ebnete Lauda dem deutschen Superstar 1995 den Weg für den Wechsel zum italienischen Prestige-Rennstall, wo Schumacher die letzten fünf seiner sieben WM- Titel einfuhr.
Legendär sind die Bilder nach Schumachers bislang letztem Grand Prix am 22. Oktober 2006 in Sao Paulo, als der sonst so hartgesottene Formel-1-Analytiker vor den Kameras geradezu sentimental wurde, seine rote Kappe zog und meinte: „Du wirst der Formel-1 fehlen.“ Einen gemeinsamen weltweiten „Auftritt“ hatten Lauda und Schumacher im Pixar-Animationsfilm „Cars“ mit originellen Synchron-Rollen.
Geradezu euphorisch kommentiert Lauda die Rückkehr des besten Formel-1-Fahrers aller Zeiten (7 WM-Titel, 91 GP-Siege), die heute beim Grand Prix von Bahrain (13 Uhr, live in ORF1) perfekt wird: „Das ist das Beste, was der Formel 1 passieren konnte. Schumi bringt einen Werbeeffekt ungeahnten Ausmaßes für die TV-Stationen und für Mercedes, und das zu einem überschaubaren Preis. Die Jungen wollen’s dem Alten zeigen, und die ganze Welt will wissen, ob der mit 41 Jahren noch immer dagegenhalten kann.“
Lauda über den Schumi-
Effekt in Bahrain:
„Michael
Schumacher sorgt dafür, dass uns der spannendste Formel-1-Auftakt aller
Zeiten erwartet. RTL rechnet mit acht bis neun Millionen Zuschauern, das
wären um 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch im Fahrerlager dreht sich
alles um das Schumi-Comeback. Ich habe so ein Theater noch nie erlebt – aber
es ist kein Wunder, schließlich ist noch nie ein siebenfacher Weltmeister
zurückgekommen.“
Lauda über den Kick, der einen zum Comeback treibt:
„Als
Rennfahrer bist du anders gepolt. Du suchst das Risiko, gibst alles, damit
du ein Auto beherrschen kannst. Und du gibst nicht auf, bis du ganz oben
stehst. Aber irgendwann hat man genug vom Im-Kreis-Fahren und man sucht sich
was Neues – bei mir war’s die Airline, die mich eineinhalb Jahre vollkommen
abgelenkt hat. Dann hatte ich ein Schlüsselerlebnis: Ich wurde vom ORF
eingeladen, den Österreich-GP in Zeltweg mitzukommentieren. Dort gab’s einen
Start-Crash, und ich dachte mir: Bumm, das ist toll! Plötzlich war die
Risiko-Bereitschaft bei mir wieder da.“
Lauda über das Schumi-Comeback:
„Michael war ja nie ganz
weg, weil er Motorrad-Rennen gefahren ist und so weiter. Er hat seine
Risikobereitschaft nie verloren. Im Hinterkopf hat ihn immer eine Frage
gequält: Wie gut bin ich noch im Formel-1-Auto? Und insgeheim dachte er:
,Wann bekomme ich die Möglichkeit, es noch einmal richtig zu probieren, wann
stimmen die Voraussetzungen dafür?‘“
Lauda über Schumachers
Fähigkeiten:
„Er ist
eine Ausnahmeerscheinung. Für ihn ist es normal, dass er die Herausforderung
sucht und schauen will, ob er mithalten kann. Normale Menschen würden es
gemütlicher angehen. Aber Schumi ist anders als normale Menschen. Er will
sofort vorne mitfahren. Allerdings sind die Gegner, die Alonsos, Vettels,
Hamiltons und wie sie alle heißen, stärker geworden, und da muss sich
Michael erst einmal zurechtfinden. Aber er war bei seinem Rücktritt auf
einem besseren Niveau als die anderen, und seine überdurchschnittlichen
Fähigkeiten hat er nicht verlernt. Deswegen behaupte ich: Wenn das Auto
funktioniert, wird er wieder vorne mitfahren.“
Lauda über den zweifachen Familienvater:
„Dass Michael die
volle Unterstützung seiner Frau hat, hilft sicher. Aber er ist ein
Vollprofi. Sobald der im Auto sitzt, legt er den Schalter um und gibt Gas.
Da hat er nur das Rennen im Kopf, Gedanken an seine Familie schießen ihm da
nicht einmal ein. Er muss so sein, sonst wäre er nicht öfter als jeder
andere Weltmeister geworden.“ Knut Okresek