Verwunderung über Verkaufsankündigung. Keine Mercedes-Motoren für Bullen.
"Dieses Jahr!" Die von Bernie Ecclestone in zwei Worte komprimierte Verkaufsabsicht der Formel-1 noch für 2015 haben in der Motorsport-Königsklasse Verwunderung ausgelöst. "Keine Ahnung, was den Bernie gerade treibt", rätselte etwa der dreifache Weltmeister Niki Lauda. Vielfach wird nun spekuliert, der bald 85 Jahre alt werdende Ecclestone könnte nun doch seinen Sessel räumen.
Der britische Formel-1-Langzeit-Geschäftsführer Ecclestone hatte am Dienstagabend per Video-Einschaltung zum "Camp Beckenbauer" in Kitzbühel klar gemacht, dass Verkaufsgespräche weit gediehen sind, es großes Interesse gebe und er sich den Milliarden schweren Verkauf (der derzeit bei CVC liegenden) Mehrheitsanteile der Formel 1 noch für dieses Jahr vorstellen könne. "Ein Verkauf geht uns prinzipiell ja nichts an. Aber warum er es jetzt raus posaunt, ist ein Rätsel", gab sich Mercedes-Aufsichtsratschef Lauda am Mittwoch in Wien überrascht.
+++ Platzt Red-Bull-Bombe? +++
Spekuliert wird nun sogar, dass sich neben anderen Interessenten aus Übersee auch der wegen der aktuellen Motorenkrise mit einem Abzug seiner beiden Teams drohende Red-Bull-Geschäftsführer Dietrich Mateschitz einkaufen könnte. Lauda kann sich das nicht vorstellen. "Von oben herab wieder mit Mercedes und Ferrari zu kämpfen, daran hat er null Interesse."
Er könne sich aber schon gut vorstellen, dass Mateschitz sportlich die Nase voll habe. Ein tatsächlicher Ausstieg der "Bullen" wäre zwar auch für Lauda ein Riesenverlust für die Formel 1, an der aktuellen Situation seien die Österreicher aber selbst schuld. "Sie haben den Vertrag mit Renault ein Jahr vor Ende gekündigt und sich gegenseitig mit unfairen Sprüchen in die Enge getrieben, von wo kein Weg mehr zurück führt. Jetzt sitzen sie da, der eine ist weg und sie haben keinen anderen. Jetzt haben sie ein wirkliches Problem."
Kein Mercedes-Motor für Bullen
Lauda widersprach am Mittwoch auch dezitiert Red Bulls Teamchef Christian Horner. Der Brite hat am Montag im hauseigenen Sender ServusTV gemeint, man würde neben Ferrari sehr wohl auch noch mit Mercedes wegen neuer Antriebe für 2016 verhandeln. "Es gibt keine Diskussionen. Wir haben Manor genommen, haben damit vier Teams, bei uns ist alles erledigt", sagte Lauda und empfahl Red Bull, das Übergangsjahr mit 2015er-Ferrari-Motoren zu bestreiten. Warum Red Bull dennoch das Mercedes-Thema am Köcheln halte, verwundere ihn auch, so Lauda. "Vielleicht wollen sie ja gar nicht mehr weiterfahren", spekulierte er deshalb.
"Schauen das mit Interesse an"
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff ist selbst Investor und verfolgt die aktuelle Entwicklung interessiert. "Bernie ist immer gut für eine Schlagzeile", kommentierte der Wiener die Verkaufs-Ankündigung schmunzelnd. Dass Investment Gesellschaften ihre Anteile verkaufen wollten, sei aber das Wesen des Geschäftes. Wichtig sei, einen Shareholder mit einer Langzeit-Vision zu haben. Wolff: "Wir schauen uns das deshalb mit Interesse an."
Andere Formel-1-Urgesteine können sich offenbar sogar vorstellen, dass Ecclestone nun auch seine eigenen fünf Prozent verkauft. "Ich habe immer geglaubt er macht das, bis er vom Hocker fällt. Wenn er sich nun doch über das Thema Nachfolge Gedanken macht, spricht das aber total für ihn", sagte etwa der ehemalige Formel-1- und Langstrecken-Pilot Hans-Joachim Stuck in Kitzbühel.
Verständnis für ORF-Gedankenspiele
Ecclestone hatte 2012 die 46 Jahre jüngere Brasilianerin Fabiana Flosi geheiratet. Nicht nur Stuck kann sich vorstellen, dass der rührige Brite nun doch etwas kürzertreten und etwas Neues tun will. "Die Formel 1 wäre ohne Bernie nicht dort, wo sie heute ist. Aber alles hat einen gewissen Zeitfaktor. Offensichtlich hat er die Zeichen der Zeit erkannt", mutmaßte Stuck in Kitzbühel.
Auch die Überlegungen des ORF, künftig keine Formel 1 mehr zu zeigen, hängen am Geld. Lauda kann das nachvollziehen. Würden Dinge passieren wie zuletzt in Japan dürfe man sich nicht wundern, wenn der ORF nicht mehr übertragen wolle. "Du kannst nur Geld für Fernsehbilder kassieren, wenn die Dienstleistung stimmt."
Gespräch mit Ecclestone
Laut Lauda habe Ecclestone in Japan "völlig das Konzept verloren, wie man ein Formel-1-Rennen überträgt". Gezeigt wurden weder die führenden Autos noch die Boxen und auch kein Lenkrad und damit die Fahrer-Handschuhe. Alles, weil dort laut Ecclestone unzulässige Werbung der Teams vorkomme. Lauda hat dagegen am Dienstag beim Briten auch "auf das Schärfste" protestiert. "Er hat eingesehen, dass er übertrieben hat und versprochen, dass es in Sotschi wieder anders sein wird."
Ob Ecclestone zu alt für den Job sei, könne er nicht beurteilen, so Lauda. Auffallend sei aber, dass es immer wieder Negativ-Meldungen zur Formel 1 gebe. "Es ist grundsätzlich falsch, den eigenen Sport tot zu reden."