Deutscher gewinnt Psychokrieg gegen Hamilton und holt ersten WM-Titel.
Am Ende ist es bei dem mit Spannung erwarteten letzten Rennen der Formel-1-Saison 2016 tatsächlich zu einem Herzschlagfinale gekommen. Lewis Hamilton rief am Sonntag in Abu Dhabi bewusst nicht sein Maximum ab, um seinen WM-Rivalen Nico Rosberg entscheidend aufzuhalten, was aber nicht gelang. Hinter Sieger Hamilton wurde Rosberg Zweiter und erstmals Weltmeister in der Motorsport-Königsklasse.
+++ Mercedes-Bosse ärgert irrer Asphalt-Krimi +++
Hamilton fuhr auf dem Weg zum 53. Sieg in seiner Karriere in der Schlussphase nicht auf Anschlag, weshalb sich die ersten vier des Feldes in den letzten Runden zeitweise innerhalb einer Sekunde befanden. Vor allem Sebastian Vettel, der im Ferrari Tagesdritter wurde, und Red-Bull-Youngster Max Verstappen bedrängten Rosberg, der unbedingt auf das Podest fahren musste. Hamilton gewann schließlich mit 0,439 Sekunden Vorsprung auf den Deutschen und 0,843 auf Vettel. Die Fahrerwertung beendete Rosberg fünf Punkte vor Hamilton.
"Das war definitiv nicht das angenehmste Rennen, das ich jemals gefahren bin. Ich bin froh, dass es vorbei ist. Es waren echt extreme Emotionen", stammelte Rosberg bei der Siegerehrung. "Es hat nicht gereicht. Wir hatten positive und negative Seiten in dieser Saison im Team", meinte Hamiliton, zollte seinem Rivalen aber Beifall. "Ein großes Kompliment an Nico", so der Brite.
"Kindheitstraum geht in Erfüllung"
"Es war nicht leicht, dich zu schlagen", gab dieser das Kompliment umgehend zurück, begleitet sogar von einer zaghaften Umarmung. Als erste Gratulantin hatte sich noch über den Boxenfunk seine Frau Vivian eingestellt. Ihr widmete Rosberg in seinem ersten Statement auch den WM-Erfolg. Auf der Pressekonferenz bedankte er sich bei zahlreichen Förderern und Wegbegleitern, darunter auch Gerhard Berger.
Der Österreicher ist seit langen Jahren ein enger Freund der Familie. Seine Mutter Sina Rosberg machte ebenfalls die Reise nach Abu Dhabi mit. Rosberg ist der dritte Weltmeister aus Deutschland nach Rekord-Gewinner Michael Schumacher, der sieben Titel holte, und Vierfach-Champion Vettel. Der 31-Jährige entschied die mit 21 WM-Läufen bisher längste Saison der Geschichte für sich.
Sein Vater Keke Rosberg hatte vor knapp 34 Jahren den Titel gewonnen. "Das ist ein Kindheitstraum, der jetzt hier in Erfüllung geht", sagte Rosberg. Der dreifache Hamilton holte mit zehn Siegen einen mehr als sein Konkurrent und damit so viele wie noch nie zuvor ein Vize-Weltmeister in einem Jahr.
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Mit dem dritten Tagesrang verteidigte Ferrari-Pilot Vettel auch den vierten Platz in der Gesamtwertung gegenüber Verstappen. Als WM-Dritter stand Daniel Ricciardo schon zuvor fest, der Australier kam in Abu Dhabi nicht über Position fünf hinaus.
Hamilton spielt Asphalt-Schach
Beide Mercedes starteten sauber in das Rennen auf dem Yas Marina Circuit, Hamilton zog vor Rosberg und Vettel in die erste Kurve. Der Qualifying-Sechste Verstappen verpatzte hingegen den Start. Der Niederländer touchierte den Force India von Nico Hülkenberg, drehte sich und fiel weit zurück. Kevin Magnussen holte sich bald eine neue Nase für seinen Renault ab, musste kurze Zeit später aber aufgeben.
Nach den ersten Reifenwechseln bei Mercedes lag der mit einer Ein-Stopp-Strategie fahrende Verstappen lange Zeit zwischen Hamilton und Rosberg, dahinter saßen ihm die Ferrari-Konkurrenz und Ricciardo im zweiten Red Bull im Nacken. Erst in der 20. Runde kam Rosberg mit einem mutigen Manöver an Verstappen vorbei.
Hamilton und Rosberg spulten anschließend ein unspektakuläres Rennen ab, in dem sich der Brite offenbar nicht entscheidend absetzen wollte - entgegen den Anweisungen der Teamspitze.
Ältester einfacher Champion
Mit doch deutlichem Abstand ist Rosberg der bis dato erfahrenste Weltmeister in der Formel-1-Geschichte. Nigel Mansell brauchte 180 Grand Prix, von denen er bei 176 gestartet war, ehe er 1992 auf dem Hungaroring mit 39 Jahren endlich seinen ersten Titel fixiert hatte. Rosberg benötigte für diesen Meilenstein sogar 206 Rennen, wenngleich er knapp acht Jahre jünger ist als der Brite damals.
Williams-Mann Felipe Massa beendete seine Karriere mit einem neunten Platz in seinem 250. und letzten Rennen. Jenson Button musste seinen McLaren-Honda nach insgesamt 305 Rennen in seiner Laufbahn schon nach der 13. Runde abstellen, nachdem die Radaufhängung den Geist aufgegeben hatte.
Eine Rückkehr des Weltmeisters von 2009 in die Formel 1 erscheint mehr als zweifelhaft. In der Box wurde er von seiner Mutter getröstet, die Zuschauer auf der Haupttribüne zollten mit stehenden Ovationen Respekt.