Deutscher Jungstar: "Werde BrawnGP das Leben noch schwerer machen".
Mit zwei leeren Champagnerflaschen im Koffer bestieg Sebastian Vettel nach der Hitzeschlacht von Bahrain morgens um halb zwei müde, aber gut gelaunt den Flieger in die Heimat. "Die nehme ich zur Erinnerung mit", erklärte der Formel-1-"Jungstier" sein etwas seltsam anmutendes Gepäck. Red-Bull-Pressesprecherin Britta Roeske hatte diese "Trophäen" nach seinem souveränen Sieg im Regen-Grand-Prix in Shanghai vor einer Woche und nun nach Platz zwei in der Wüste sichern müssen, weil die Pokale in den Besitz des Teams übergehen.
Spannender WM-Kampf
Noch wichtiger als die beiden Magnumflaschen
waren aber die 18 Punkte, die Vettel in den beiden jüngsten WM-Läufen
gesammelt hat. Nach zwei "Nullern" zu Saisonbeginn hat sich der Deutsche
dank dieses Doppelschlags innerhalb von nur sieben Tagen als stärkster
Konkurrent des überlegenen WM-Spitzenreiters Jenson Button etabliert. Hätte
Vettel in Australien nicht durch einen Anfängerfehler ("Ich bin ein Idiot")
amateurhaft den sicheren dritten Platz im Zweikampf mit dem deutlich
schnelleren BMW-Piloten Robert Kubica verspielt, würde er vor dem Grand Prix
von Spanien nur 7 statt 13 Punkten Rückstand auf Button aufweisen.
Kampfansage
Aber auch so liegt Vettel aussichtsreich im
Titelrennen. "Die WM ist sehr spannend", sagte der Hesse und kündigte dem
bisher dominierenden BrawnGP-Team eine erbitterte Jagd an: "Jensons Team hat
bislang sicher den besten Eindruck hinterlassen. Aber wir werden sie bald
noch ein bisschen mehr bekämpfen und ihnen das Leben noch schwerer machen
können. Es wird nicht mehr lange dauern, dann sind wir dicht an ihnen dran."
Italien bejubelt Vettel
Die italienische "La Gazzetta dello
Sport" geriet aber auch so schon über den erst 21-jährigen Hessen ins
Schwärmen: "Vettel ist ein Fuchs. Er wird es weit bringen. Reif, clever und
intelligent - Vettel ist zu einer festen Größe auf den Spitzenrängen
geworden."
Klare Nummer 1
Auch Button weiß, dass ihm vom deutschen Jungstar
die meiste Gefahr droht. Seinen brasilianischen Teamkollegen Rubens
Barrichello, der als Gesamtzweiter nur noch einen Zähler mehr als Vettel
aufweist, hat der Engländer dagegen fest im Griff. Angesichts seiner drei
Siege kann er sich zudem sicher sein, dass Teambesitzer und Taktik-Guru Ross
Brawn voll hinter seiner Nummer 1 steht und im Ernstfall entsprechende
Anweisungen geben wird.
"Hintern verbrannt"
Gegen Vettel hilft nur beherztes
Dagegenhalten. "Sebastian macht ganz schön Druck", gestand Button nach
seiner Gala von Bahrain, auch wenn ihm dort mehr die Hitze zu schaffen
gemacht hatte. "Es war so heiß, ich habe mir den Hintern verbrannt",
zitierte ihn die englische "Sun". Für die "Times" steht nach dem nie
gefährdeten dritten Streich schon fest: "Jenson Button hat den Fahrertitel
nach dem Sieg im Grand Prix von Bahrain fest im Blick."
"Button wie Schumi"
Ob die Königsklasse des Motorsports
wirklich zur "Formel Button" mutiert, wie einst zu Michael Schumachers
besten Zeiten nur noch von der "Formel Schumi" die Rede war, steht derzeit
in den Sternen. Sollte der 29-Jährige auch am 10. Mai beim Europa-Auftakt in
Montmelo/Barcelona dominieren, droht in der Tat Langeweile im Titelrennen.
"La Gazzetta dello Sport" zog bereits den historischen Vergleich: "Ja,
Button ist zum Schumi geworden."
Viel hängt nun von Vettel ab. Wenn sein Red-Bull-Team in der Entwicklung ein höheres Tempo als BrawnGP einschlagen kann, ist keine Button-Solofahrt zu befürchten. Toyota könnte mit Jarno Trulli und Timo Glock auch eine Rolle spielen. Das einstige Establishment wird wohl indes noch einige Rennen benötigen, um wieder ganz vorn mitmischen zu können. "Die Wende kommt noch nicht in Barcelona", kündigte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug an. Doch Vettel und Button warnten unisono: "McLaren-Mercedes und Ferrari darf man nicht vergessen."