Am Wochenende steht wieder der 24-Stunden-Klassiker am Programm.
Der dreifache Ski-Olympiasieger Jean-Claude Killy wird am kommenden Samstag um 15.00 Uhr die 56 Autos zur 78. Auflage des 24-Stunden-Motorsport-Klassikers in Le Mans auf die Reise schicken. Das legendäre Langstrecken-Rennen im Nordwesten Frankreichs steht 2010 unter besonderen Vorzeichen, weil mit Alexander Wurz ein Österreicher Titelverteidiger ist. Der 36-Jährige hat das größte Motorsport-Spektakel der Welt (nach Indianapolis) bei drei Starts zwei Mal gewonnen und geht im Peugeot 908 HDi gegen die favorisierten Audis mit Startnummer eins ins Rennen.
Titelverteidiger
Startfahrer im Wurz-Team ist der Spanier Marc
Gene, der sich mit dem Niederösterreicher und dem für Rallye-Weltmeister
Sebastien Loeb eingesprungenen Team-Neuling Anthony Davidson (GBR) das
Cockpit im Vorjahres-Siegerauto teilt. Der Österreicher ist für das seit
Mittwoch laufende Qualifying zuständig, hat aber andere Prioritäten als die
4. Peugeot-Pole in Folge. "Wichtiger als die erste Startposition ist das Set
Up, denn damit musst du 24 Stunden zurechtkommen", deutete Wurz an, dass er
angesichts des wechselhaften Wetters und des knappen Zeitplans eher an der
perfekten Abstimmung als an einer Pole mit lediglich "symbolischem Wert"
arbeiten will.
Audi-Siegesserie beendet
Im Vorjahr ging der Plan auf, denn Wurz,
Gene und David Brabham rasten von Platz fünf aus zum Triumph und beendeten
damit die jahrelange Siegesserie von Audi. Fast mehr noch als die "Rache"
der vom österreichischen Motorsportchef Wolfgang Ullrich sowie vom
achtfachen Rekordsieger Tom Kristensen angeführten Ingolstädter fürchtet
aber Wurz die interne Konkurrenz. Denn in den zwei weiteren Werks-Peugeots
sitzen drei bzw. zwei Franzosen. "Da gab's im Vorjahr ein bissl Spannung,
heuer ist es etwas besser", hofft Österreichs dreifacher Motorsportler des
Jahres, dass es firmenintern fair zugeht.
Diesel stärker als Benzin
Die dieselgetriebenen Peugeots und
Audis wurden zwar durch Luftbegrenzer erneut eingebremst, dürften den
Benzinern in der 22 Autos umfassenden LMP1-Klasse aber dennoch weiterhin
überlegen sein. "Die schaffen es nicht, das Fahrerpotenzial der großen Teams
wettzumachen", ist Wurz überzeugt. Der in 21 Rennen 15 mal siegreiche 908
HDi FAP geht in sein bereits viertes Jahr. Damit ist auch der letzte Einsatz
für das französische "Schlachtross" gekommen.
Audi bringt brandneues Auto
Bei Audi reagierte man auf die
bittere Vorjahres-Niederlage hingegen mit einem praktisch "neuen" R15 TDI
und stimmte in der Vorbereitung alles auf die Entwicklung des Autos ab. "Wir
sind bereit, wie man nur bereit sein kann", blieb Wurz gelassen. "Wir sind
nicht hier, um zu verteidigen, sondern um zu gewinnen", erklärte der
Österreicher. "Es wird ein extrem hartes Rennen. Wichtig ist nicht die Pole,
sondern wie das Auto über 24 Stunden funktioniert!"
Hunderttausende Zuschauer
Die Faszination Le Mans ist
ungebrochen. 400.000 Zuschauer über die ganze Woche sprechen für sich,
"alleine bei der technischen Abnahme am Sonntag waren 15.000 Fans", gab sich
Wurz, seit 1996 jüngster Le-Mans-Sieger aller Zeiten, einmal mehr
beeindruckt. "Dieses Rennen hat eine Menge Geschichte, Geschichten und
Tragödien. In jedem von uns fährt irgendwie ein bisschen Steve McQueen mit",
bezog sich der Niederösterreicher auf das Hollywood-Epos aus den
1970er-Jahren über das einmal "größtes Wagenrennen seit Ben Hur" genannte
Spektakel.
Schneller als die Formel 1
Dabei ist Le Mans, wo 1965 Jochen
Rindt und 1971 Helmut Marko gewannen und 1986 Jo Gartner tödlich
verunglückte, eigentlich eine altmodische Rennstrecke und dementsprechend
gefährlich. "Wir fahren einen Schnitt von 240 km/h und sind damit beim Rasen
durch Wälder und über Buckel schneller als das schnellste Formel-1-Rennen",
so der langjährige F1-Fahrer Wurz. Die Sturzräume hingegen halten sich in
Grenzen, "deshalb ist der Respekt der Fahrer hier auch am größten".
Unberechenbare Strecke
Die 13 Kilometer lange Strecke an der
Sarthe ist zudem ebenso unberechenbar wie das Wetter. "In der einen Runde
ist es trocken, in der nächsten steht an derselben Stelle zentimeterhoch das
Wasser", weiß Wurz. Dazu kommen die vielen GT-Autos, die 120 km/h langsamer
sind und zu "stehenden Hindernissen" werden können. Wurz' Lieblingspassage
ist mit "Indianapolis" auch die gefährlichste. "Du kommst mit 350 Sachen an,
stichst mit 320 km/h und einer Belastung von 4,5 G rechts rein und das
praktisch ohne Auslaufzone!"
Weitere Österreicher
Wurz ist auch 2010 nicht alleine in Le
Mans. Christian Klien ist 2010 wegen seines F1-Engagements zwar nur
Ersatzfahrer bei Peugeot, aber Christian Lietz, 2008 hier schon
Klassensieger, peilt im zweiten Felbermayr-Porsche (den anderen pilotieren
die Felbermayrs selbst) das Podium im 18 Autos umfassenden GT2-Feld an. Der
junge Salzburger Dominik Kraihammer startet im Rahmenprogramm.
Mansel auch am Start
Mit dabei sind in der "Königsklasse" auch
der ehemalige Formel-1-Weltmeister Nigel Mansell (57) sowie Vanina Ickx. Die
Tochter von Jacky Ickx ist 2010 eine von vier Frauen in Le Mans. In der
GT1-Klasse geht das Schweizer Team Matech mit einem Damen-Trio an den Start,
erste Fahrerin ist Natacha Ganang, die Cousine des
Toro-Rosso-Formel-1-Fahrers Sebastien Buemi.