Zwei Hoffnungen
Judoka Borchashvili und Piovesana greifen in Paris nach Medaille
29.07.2024Sie hat in diesem Jahr bei den Grand-Slam-Turnieren in Baku und Duschanbe in der Gewichtsklasse bis 63 kg Siege gefeiert und war bei der EM in Zagreb Fünfte: Neo-Österreicherin Lubjana Piovesana, die in Coronazeiten in Österreichs strandete, geht am Dienstag bei Paris-Olympia auf eine Medaille los.
Im Einsatz ist auch Wachid Borchashvili (bis 81 kg), der für seinen Bruder, den Tokio-Bronzemedaillengewinner Shamil, zuschlagen soll. Piovesana ist mit dem Judoka Laurin Böhler liiert und fand in Vorarlberg ("Dort Deutsch zu üben ist wirklich hart") ein neues Zuhause. Denn die Pandemie hatte zunächst die Heimreise verhindert, zudem lief eine Untersuchung im britischen Judoverband, weil ein Coach Teammitglieder gemobbt haben soll. "Ich habe auch meine Erfahrungen gemacht. Es waren fünf, die sich beschwerten. Als die Untersuchungen begannen, wurde das Umfeld toxisch", sagte sie zur APA. Sie habe entschieden, nicht mehr in das nationale Trainingscenter zurückzuwollen.
Wegen des Wartens auf die im Jänner 2023 erfolgte Einbürgerung verpasste sie den Startschuss zur Olympia-Qualifikation, insgesamt drei Jahre hatte sie beim Wiedereinstieg keinen Wettkampf gehabt. "Das war wirklich hart für mich mental. Als ich den Pass bekam, war ich sehr nervös in den Kämpfen, weil es nicht so gut gelaufen ist. Aber dann wurde ich Fünfte in einem Grand Slam und dann entwickelte es sich." Die zwei Grand-Slam-Siege heuer seien erst "ein Schock" gewesen und hätten dann ein "Glücksgefühl" verursacht.
Bei Olympia sieht die 27-Jährige an einem guten Tag eine Chance. "Ich bin in den Top 10 der Welt. Ich habe die Nummer eins geschlagen, die Nummer zwei." Ihre Auftaktgegnerin Esmigul Kujulowa aus Kasachstan sollte ein gut bewältigbares Los sein, im Trainingslager habe sie öfters gegen sie gekämpft. Es würde im Erfolgsfall ein Duell mit der Australiern Katharina Haecker oder ihre ehemaligen Teamkollegin Lucy Renshall aus Großbritannien warten. "Ich habe beide schon besiegt und gegen beide schon verloren. Haecker hätte ich mir als Gegnerin gewünscht."
Borchaschvili will überraschen
Wachid Borchashvili fühlt sich "psychisch und physisch topfit. "Bei Spielen sind alle Top-Favoriten unter Druck. Shamil ist der Meinung, dass ich dort ganz oben mitspielen kann, weil ich der Underdog bin und nicht der Favorit. Die anderen müssen sich beweisen, ich bin einfach freier im Kopf", meinte der 25-Jährige. Er wisse, wie sich Shamil vor Tokio auf die Spiele gefreut habe, das habe diesen auch richtig gepusht. "Wir haben die gleiche Ausgangsposition, er war damals auch der komplette Underdog. Er hat Kampf um Kampf einfach Spaß gehabt und sein Judo gekämpft."
Shamil war im Ranking vor Wachid gelegen, gab den Paris-Startplatz aber ab. "Shamils größter Wunsch ist, mich als Olympiasieger zu sehen. Das würde in die Sportgeschichte Österreichs auch eingehen, wenn zwei Brüder in derselben Gewichtsklasse zwei Olympia-Medaillen machen würden. Zwei aus einem Haus", sagte Wachid Borchashvili zur APA. "Und das ist auch das Ziel von meinem Bruder Kimran und meinen Eltern." Die Familie folge muslimischen Werten, da sei der Zusammenhalt das A und O.
Bei der Olympia-Entscheidung habe eine Rolle gespielt, das Shamil sich nach der EM (Bronze) nicht so in Form gefühlt habe. "Er hat angefangen zu zweifeln an sich, seiner Form, seiner Leistung. Das braucht Zeit, dass er wieder in Topform ist, deswegen hat er mir die Chance ermöglicht." Zum Auftakt wartet Mohammad Samim Faizada aus Afghanistan, das sollte sich nicht als Hürde herausstellen. Danach würde ihm wohl der dreifache Weltmeister Tato Grigalaschwili aus Georgien auf der Matte gegenüberstehen. Der "eher taktische Kämpfer" Borchashvili hatte sich vorgenommen, die Schwachstellen des Gegners herauszusuchen und ihn dann in diese zu leiten.