Ein Meteorologenteam sammelt seit drei Jahren Daten im Rahmen des Technologie-Projekts.
Freilich blicken Seglerinnen und Segler auf Kräusel und Wellen am Wasser und Wolkenbildungen am Himmel, aber ohne intensive meteorologische Vorarbeiten und Betreuung ist die Aussicht auf Konkurrenzfähigkeit und Erfolg gering. Der Österreichische Segelverband sammelt in der Bucht vor Marseille seit fast drei Jahren zu jeder Tageszeit alle verfügbaren Daten aus Wasser und Luft. Festgehalten wird das alles in einem Call-Book, das bei Olympia zum Einsatz kommt.
"Das Meteorologenteam hat wahnsinnig viel gearbeitet, es wurden so viel Messdaten gesammelt. Da liegt am meisten drinnen", sagte Steuermann Benjamin Bildstein vom 49er-Team zur APA über die Chance, der Konkurrenz etwas voraus zu haben. Jeden Tag gäbe es in der Früh eine Vorbesprechung mit Briefing, auf was man achten müsse. Am Abend werde dann alles zusammengetragen und nachbesprochen. Auch die Motorboote sind mit Messsensoren ausgestattet. So erhält man Echtzeitdaten, wenn man am Wasser ist. Involviert in das Projekt sind alle Athletinnen, Athleten, Betreuer und Coaches.
Das Meteorologie-Projekt im OeSV ist Teil des Technologie-Projekts, dessen Leiter der zweifache Tornado-Olympiasieger Roman Hagara ist. Seit der Kampagne für London-Olympia 2012 ist Elena Cristofori die zuständige Meteorologin, unterstützt wird sie von je einer Person für Datenverarbeitung, Datenanalyse und visuelle Darstellung. Auch der ehemalige 470er-Segler Florian Reichstädter ist involviert, ihm obliegt die gesamte Hardware wie Windmesssystem am Boot und Strömungsmessgeräte.
Was im Call-Book zu finden ist
Im Call-Book zu finden ist u.a., auf was zu achten ist, wenn eine Seabrezze kommt (Meeresbrise landeinwärts), oder ein Mistral (weht über Frankreich hin zur Küste/ablandig). Dann gelte es auf Wolken und Wellen und Strömung zu schauen, sagte Bildstein. Für die erste Woche der olympischen Regatten werde kein allzu starker Wind erwartet. "Schade, da haben wir eine gute Technik. Aber auch Leichtwind liegt uns."
Wesentlich ist freilich auch die Tageszeit, zu der die Wettfahrten stattfinden, bei Olympia sieht das Programm Starts ab 12 Uhr bis am Abend vor. "Der Wind baut sich über den Tag auf. Die Mittagshitze hat einen starken Einfluss auf den Wind. Die Uhrzeit ist ein großer Faktor", sagte Bildstein. Vorschoter David Hussl erwähnte die große Datenmenge im Call-Book. "Für fast alle Winde haben wir sehr gute Vorstellungen, was uns erwartet, wie wir damit umgehen und welche Strategie wir damit aufbauen können."
Das Vertrauen in das Call-Book sei groß, aber freilich müsse man immer "die Augen offen haben und auf das Wasser schauen" und seine Erfahrungen einfließen lassen. In den vielen Trainingswochen vor Marseille sei es wichtig gewesen, herauszufinden, welche Zeichen relevant sind. "Das wir nicht immer auf alles schauen, sondern auf diese zwei, drei Dinge." Ist die Wettfahrt gestartet, ist man mit allen Entscheidungen auf sich gestellt.