Die Jury hat das frühe Scheitern der österreichischen Ski-Crosserinnen und den Sieg der schwedischen Favoritin Sandra Näslund zur Randnotiz gemacht.
Die Jury hat das frühe Scheitern der österreichischen Ski-Crosserinnen und den Sieg der schwedischen Favoritin Sandra Näslund zur Randnotiz gemacht. Näslund gewann am Donnerstag bei den Olympischen Winterspielen in Peking vor der Kanadierin Marielle Thompson und - wie alle vier Finalistinnen annahmen - der Schweizerin Fanny Smith, Vierte wurde die Deutsche Daniela Maier. Was sich als falsch herausstellen sollte.
Das Kampfgericht hatte nämlich andere Ideen: Es folgte eine ausführliche Überprüfung des Finalrennens, die auch den im Zielraum frierenden Athletinnen offensichtlich unverständlich war. Schließlich wurde die Deutsche Maier zur Bronzemedaillengewinnerin erklärt. Sie nahm die Entscheidung kopfschüttelnd auf: "Das ist unfair", sagte sie und tröstete ihre Schweizer Konkurrentin.
Die Jury stieß sich an einer Szene beim Zielsprung: Smith stellte, um eine Kollision mit Thompson zu vermeiden, ihren linken Ski heraus, was Maier ins Straucheln brachte. Andere Möglichkeiten hätte Smith kaum gehabt, und so sahen das - ihren Reaktionen nach zu urteilen - auch die Beteiligten.
Skicross-Renndirektor Klaus Waldner verteidigte laut dpa die Zurückversetzung von Fanny Smith und die Vergabe der Bronzemedaille an Daniela Maier. "Beim betreffenden Fall ist die Jury der Ansicht, dass Fanny Smith hätte gerade fahren können", sagte der Vorarlberger in der ARD. Doch Smith machte einen großen Schritt nach links. "Dadurch hat Dani das Gleichgewicht und dadurch den ganzen Schwung verloren. Durch diese Aktion wurde das Resultat beeinflusst, da Dani ohne den Kontakt vorbeigefahren wäre." Es sei eine harte Entscheidung, aber es solle fair sein.
Maier selbst äußerte sich zunächst zurückhaltend: "Sie hat mir schon ein bisschen den Speed genommen. Dafür haben wir eine Rennjury. Das ist Skicross pur." Die gebürtige Furtwangerin akzeptierte nach und nach die Bronzemedaille, die dem Deutschen Skiverband (DSV) das erste Edelmetall in dieser Disziplin eintrug. "Weltklasse. So, so geil. Einfach mega", schwärmte Maier laut dpa.
"Fanny hat durch ihr Manöver auf der Zielgeraden die Gelbe Karte bekommen. Es gibt ein relativ klares Regelheft. Wenn einer Fahrerin Absicht unterstellt werden kann und die Fahrt einer anderen deutlich verlangsamt wird, dann ist das eine Gelbe Karte", sagte der sportliche Leiter der Deutschen, Heli Herdt, in der ARD. "Es ist die Medaille. Da fragt morgen kein Mensch, wie die zustande gekommen ist."
Anders sah das naturgemäß der Schweizer Nationaltrainer Ralph Pfäffli. Er sprach von einem "schwarzen Tag in meiner 20-jährigen Trainerkarriere" und kündigte an, die juristischen Optionen zu prüfen."In dem Manöver war definitiv keine Absicht", sagte der Nationalcoach und kritisierte die Jury scharf.
Ofner total enttäuscht
Gleichzeitig steht fest: Österreichs Ski-Cross-Frauen bleiben bei Olympia medaillenlos. Andrea Limbacher (11.) und Katrin Ofner (12.) schieden jeweils als Laufdritte im Viertelfinale aus, Christina Födermayr (22.) erwischte es bereits im Achtelfinale.
"Zum Schmeißen, komplette Enttäuschung", lautete Ofners emotionales Fazit nach dem Nackenschlag. "Es zipft mich voll an, ich bin wirklich total grantig. Ich habe gewusst, dass viel mehr drin ist und bin über den Ausgang einfach extrem enttäuscht."
Das ÖOC-Trio hatte bei Neuschnee im Secret Garden bereits den "seeding run", der für die Einteilung der Vierer-Gruppen und den Finalweg zählt, nur auf den Plätzen 18 (Limbacher), 19 (Ofner) und 21 (Födermayr) beendet. Oder wie die 31-jährige Steirerin Ofner sagte: "Ich habe schon in der Quali eine 'Vollschnalze' gekriegt. Es war einfach der Speed weg, im Rennen eigentlich das Gleiche."
Letzte Olympia-Teilnahme wohl für Limbacher
Ihre Konkurrentinnen seien trotz des guten Starts einfach an ihr vorbeigefahren. Materialprobleme liegen nahe. Es sei schwierig, in der Emotion eine Aussage zu treffen, so Ofner: "Die Serviceleute reißen sich den Arsch auf, wir müssen uns das anschauen." Ihr Erstbefund lautete: "Es war einfach komisch, dass sie mir brutal um die Ohren gefahren sind."
"Im Rennen hat der Speed sicher gepasst", befand hingegen Limbacher. Am unerfreulichen Ausgang ihres sehr wahrscheinlich letzten Olympia-Auftritts änderte das nichts. Der Start über die Wellen hatte ihr schon im Training Probleme bereitet. "Ich habe gewusst, im Kurs ist es gut zu überholen, da kann ich stark fahren. Der Rückstand war leider doch schon viel zu groß, das habe ich voll versaut."
Sie habe ihre heutige Mission nicht erfüllt, bis zu den nächsten Winterspielen 2026 sei es eine lange Zeitspanne. "Es wird wohl keine Olympischen Spiele mehr für mich geben." Sie wolle nicht sagen, dass sie zu alt sei, meinte die 32-jährige Oberösterreicherin, die fünf Kreuzbandrisse überstanden hat. "Ich fühle mich eigentlich noch recht jung, aber körperlich bin ich schon sehr gezeichnet. Es ist eine Leistung, dass ich es noch mal zurückgeschafft habe, weil es sehr oft nicht danach ausgeschaut hat."
Taktische Fehler bei Födermayr
Die Unerfahrenste verabschiedete sich gleich zu Beginn. Födermayr ärgerte sich über taktische Fehler, sie sei während des Rennens auch nervös geworden. "Den letzten Sprung habe ich auch gedrückt, obwohl ich ihn nicht drücken soll." Sie nahm das Positive mit. "Ich kriege von Fahrt zu Fahrt immer mehr Selbstvertrauen. Wenn das Selbstvertrauen stimmt, dann fahre ich beim nächsten Mal auch vorbei und mache keine blöden Fehler mehr."
Im Gegensatz zu Pyeongchang 2018 verlief diesmal fast alles glimpflich. Der Kurs präsentierte sich weniger eng, mit größeren Abständen zwischen den Elementen und auch die Sprünge gingen nicht so hoch und weit wie vor vier Jahren, als es zu zahlreichen Verletzungen auch im ÖOC-Lager bei Ski- und Snowboard-Crossern gekommen war.
Am Freitag greift das Männer-Quartett ins Geschehen ein. Die bisher einzige Olympia-Medaille für diese Sparte hat Andreas Matt 2010 in Vancouver gewonnen.