Triathletin sagte nochmals vor NADA aus, gestand dabei auch Bestechungsversuch.
Für die Rechtskommission der Nationalen Anti-Doping-Agentur Austria (NADA) ist der Fall Lisa Hütthaler seit Montagnachmittag erledigt. Die NADA legte die Dopingsperre der geständigen Triathletin endgültig mit 18 Monaten fest, nachdem Hütthaler am 23. Oktober des Vorjahres wegen EPO-Missbrauchs ursprünglich für zwei Jahre gesperrt worden war.
Bestechungsversuch gestanden
Die 25-jährige Niederösterreicherin
gab am Montag bei einer erneuten Anhörung vor der NADA-Rechtskommission auch
den Bestechungsversuch einer WADA-Labor-Mitarbeiterin in Seibersdorf zu,
wodurch sie laut Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) normalerweise für
weitere vier Jahre gesperrt worden wäre, wie ihr Anwalt Christian Flick
erklärte.
Kronzeugenregelung
Aufgrund ihres umfassenden Geständnisses und
ihrer Einsicht sei aber entsprechend des seit 1. Jänner 2009 gültigen
WADA-Codes diese Gesamtsperre von insgesamt sechs Jahren um 75 Prozent
reduziert worden. "75 Prozent sind das Höchstmaß der Bonifikation im neuen
WADA-Code", lautete der zufriedene Kommentar von Flick, der gemeinsam mit
Hütthaler den NADA-Senat "voll juristisch überzeugt" hatte.
Seine Mandatin wäre damit ab 22. September dieses Jahres wieder startberechtigt, sofern sie sich zu einem Comeback entschließen sollte. "Diese Frage stellt sich für mich aber im Moment gar nicht, ich möchte jetzt einmal Ruhe finden und wieder ein normales Leben führen", stellte Hütthaler dazu.
50.000 Euro geboten
Zuvor hatte sie vor der NADA-Rechtskommission
endgültig reinen Tisch gemacht. "Ja, es stimmt: Ich habe damals in meiner
aussichtslosen Lage die Doping-Laborantin in Seibersdorf in einem
unbeobachteten Moment um Hilfe gebeten - und ihr einen Betrag von 50.000
Euro genannt", gestand Hütthaler. "Das tut mir, wie alles andere, sehr leid.
Vor allem, weil ich auch meine Mama getäuscht habe."
Auf die Frage, was sie zu diesem Bestechungsversuch, der vor dem Landesgericht in Wiener Neustadt strafrechtlich noch anhängig ist, bewegt habe, antwortete Hütthaler, dass sie "einen Tipp" aus ihrem "Doping-Umfeld" bekommen habe, "dass das dort schon mehrmals funktioniert hat".
"Habe jetzt alles gestanden"
Dieser letzte Schritt zur
Wahrheit, mit dem sie sich auch selbst weiter schadete, habe sie erneut
"viel Überwindung gekostet. Aber ich kann mich in den Spiegel schauen und
das ist jeden Preis wert", betonte Hütthaler. "Ich habe große Fehler
gemacht. Ich habe mir seelisch und körperlich schwer geschadet. Ich habe
meine Ideale und die des Sports verraten und ich habe damit viele Menschen
enttäuscht: Ich habe alles gestanden, was ich weiß und übernehme die volle
Verantwortung", sagte die zweifache Ex-U23-Europameisterin im Duathlon (2004
und 2006).
"Ich bin froh dass meine Scham und meine Reue am Ende stärker waren als meine Angst und ich es geschafft habe, aus diesem Lügengebäude auszubrechen. Ich möchte, wo immer ich die Chance erhalte, meinen Beitrag leisten, dass gegen den Doping-Irrsinn im Sport vorgegangen werden kann", bekräftigte Hütthaler.
Mehrstündige Verhandlung
Insgesamt dreieinhalb Stunden
dauerte ihre Verhandlung bei der Rechtskommission der NADA Austria im Haus
des Sports in Wien. Nach rund 30-minütiger Beratung stand das Urteil fest:
18 Monate Sperre für alle internationalen und nationalen sportlichen
Wettkämpfe. Ein Strafmaß, das bei Hütthaler für Erleichterung sorgte,
allerdings sei diese Reduzierung nicht der Beweggrund für ihr Geständnis
gewesen. "Ich habe nicht ausgesagt, um mir eine bessere Ausgangsposition für
mein Verfahren zu sichern, sondern weil meine Scham und meine Reue am Ende
stärker waren als meine Angst. Ich wollte raus aus diesen Lügen und raus aus
diesem Milieu", ließ die Militär-Weltmeisterin im Triathlon von 2007 wissen.
Lange hatte Hütthaler, die am 22. März 2008 positiv auf EPO getestet worden war, aus Angst geschwiegen. Erst im Dezember 2008 entschloss sie sich, umfassend gegen mutmaßliche Drahtzieher im schmutzigen Geschäft mit verbotenen Doping-Substanzen auszusagen. Ihr Geständnis vor zehn Tagen in einem Zeitungsinterview brachte schließlich den ersten großen Durchbruch im heimischen Doping-Skandal.
Selbstzerstörung auf Raten
"Doping ist Selbstzerstörung auf
Raten - ich weiß, wovon ich rede", betonte Hütthaler, für die es nun mit
etwas Abstand erschreckend sei, in welchem Paralleluniversum sie jahrelang
gelebt habe. "Schizophren, aber wahr: In diesem Getriebe, in das ich
hineingeraten bin, wurde Doping als das Normalste der Welt hingestellt. Nach
der einfachen Formel: 'Du willst was erreichen, dann musst Du, wie alle, die
erfolgreich sind, dies und jenes nehmen - ansonsten vergiss es!'"
Dazu kam noch ihr falsches Umfeld. "Wenn einem das, wie mir, Trainer und Mediziner sagen und auch gleich anbieten für alles zu sorgen, dann - ist es nur ein kleiner Schritt. Tief drinnen wusste ich vom allerersten Moment an: Ich handle nicht nur gegen das Gesetz, ich handle gegen meine eigenen Werte und Prinzipien. Ein schreckliches Gefühl, das mich in einen Strudel aus Lügen, Verleugnung und Verdrängung gezogen hat, aus dem ich nicht mehr selbstständig rausgekommen bin. Irgendwann wird dieser Irrsinn dann zur Normalität", sagte Hütthaler.
Vergleiche mit Drogenmilieu
Im Endeffekt habe sie ein Leben wie
in der Suchtgiftszene geführt. "Da ist wahrscheinlich nicht viel Unterschied
zum Drogenmilieu: Das eigene Denken kreist um die Beschaffung von
Doping-Mitteln und die Spirale aus Selbsthass und Selbstverlust dreht sich
immer schneller. Dieses 'Nur nicht aufgeben!', an sich eine Tugend von
Sportlern, pervertiert zu einem verzweifelten vor der Wirklichkeit
davonlaufen. Bei mir war es genau so: Selbst als ich positiv getestet worden
bin, war ich nicht in der Lage, einzugestehen: 'Es ist vorbei!'", erinnerte
sich Hütthaler.
Außerdem habe sie verdrängt, dass die illegale Leistungssteigerung einen hohen Preis hat: "Ich habe mir nicht nur seelisch, sondern auch körperlich großen Schaden zugefügt: Ich leide noch immer unter den durch die Testosteroneinnahme verursachten körperlichen Veränderungen, unter Stoffwechsel-Problemen und Menstruationsstörungen. Leberschäden wurden zum Glück nicht diagnostiziert, allerdings sind mögliche Spätfolgen jetzt auch noch nicht abschätzbar", weiß Hütthaler.