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Bernhard Kohl erklärt Todes-Drama: "Das Risiko blendest du als Sportler aus"

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Der Todesfall des norwegischen Rad-Talents André Drege bei der Österreich-Rundfahrt erschüttert die Welt. oe24 sprach mit Ex-Profi Bernhard Kohl über die Tragödie am Großglockner.

Wie es genau zu dem tragischen Unfall auf der Großglockner-Abfahrt nach Heiligenblut kam, wird wohl nie ganz geklärt werden können. Von dem folgenschweren Crash gibt es keine TV-Bilder, der 25-jährige Norweger wurde erst Minuten später am Straßenrand aufgefunden. Seit Jahren ist der internationale Radsportverband (UCI) darum bemüht, die Abfahrten sicherer zu machen. Erst vor einem Jahr kam es zum tödlichen Unfall bei der Tour de Suisse von Gino Mäder und einem italienischen Junioren-Fahrer bei der Oberösterreich-Rundfahrt.

Einer, der diese waghalsigen Abfahrten in seiner aktiven Karriere auch bei der Tour de France absolvierte, ist Bernhard Kohl, der mittlerweile für ServusTV als Experte aktiv ist. Er schildert das Geschehen aus der Sicht des Fahrers: "Als aktiver Sportler verdrängt man, wie gefährlich das eigentlich ist. In den vergangenen Jahren ist Gott sei dank wenig passiert. aber jetzt im letzten Jahr bei der Oberösterreich-Rundfahrt und bei der Tour de Suisse kam es gleich zu zwei tödlichen Unfällen. Das ist einfach nur tragisch."

Kohl: "Gefährlich war es immer schon"

Auch Kohl weiß, dass es im Vergleich zu seiner aktiven Zeit "durch das Material noch schneller geworden ist". "Gefährlich war es immer schon. Dafür, wie wenig der Sportler geschützt ist, passiert aber eigentlich immer noch wenig. Aber jeder Fall ist zu viel", zeigt sich der 42-Jährige bestürzt.  An der Streckenführung sieht er aber nicht die Schuld: "Den Großglockner runterfahren ist schon wahnsinnig, obwohl es eine schön asphaltierte Straße ist. Aber man kommt ja schon im Wienerwald bei einer Abfahrt auf 60, 70 km/h mit dem Rennrad. Jeder der selbst schon gefahren ist, weiß, wie sehr man da beschleunigt."

Seit dem Comeback der Österreich-Rundfahrt als Tour of Austria gibt es zwar weiterhin die traditionelle Glockner-Etappe. Anstatt, wie früher fast schon üblich, wurde aber auch heuer der Glockner-König während der Etappe gekürt. In der ruhmreichsten Zeit der Rundfahrt war es stets eine viel umjubelte Bergankunft.

Kein Sicherheits-Risiko bei Ö-Tour

Für Kohl ist die Routenplanung aber nicht in Frage zu stellen: "Die Glocknerabfahrt ist keine gefährliche. Bei der Tour of Austria stellt sich die Frage nach der fehlenden Sicherheit nicht. Dann dürfte man überhaupt keine Abfahrten im ganzen Rennsport mehr machen. Egal ob es in Österreich ist oder bei der Tour de France, es geht immer um etwas. Es ist so ein schmaler Grat, man verdrängt das als Sportler einfach. Es wird einem leider Gottes in letzter Zeit aber immer öfter bewusst, wie gefährlich das, was diese Jungs da machen, wirklich ist."

Wieso es immer wieder zu solch tragischen Unfällen kommt ist Kohl auch klar. "Du bist mittendrin, das Risiko blendest du als Profi komplett aus. Wenn du daran denkst bist du nicht schnell genug und dann wirst du abgehängt", so der österreichische Staatsmeister 2006.

Tour-Fortsetzung weiter offen

Ob die Tour of Austria am Sonntag mit der fünften und letzten Etappe fortgesetzt wird, entscheidet sich voraussichtlich erst am Sonntagmorgen. Kohl gibt Einblicke hinter die Kulissen: "Die UCI und die Familie von Drege werden bei der Entscheidung genauso mit einbezogen werden, wie sein Team. Die endgültige Entscheidung liegt aber bei der Rennleitung. Ich finde die idealste Lösung wird sein, eine neutralisierte Etappe zu fahren."

Kohl weiß, dass nicht nur die engsten Freunde im Fahrerfeld von dem Unfall betroffen sind. Jeder, der beim wichtigsten Radrennen des Landes am Start ist, muss dieses schockierende Erlebnis verarbeiten. Kohl: "Man kann es am Rad am besten verarbeiten. Jetzt einfach heimfahren ist wahrscheinlich für jeden einzelnen extrem schwer."

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