Große Sorge
China-Krieg während Olympia 2008?
15.10.2007
Chinas Regime sorgt sich um "aufsässiges" Taiwan. Sogar von offener Revolte während der Olympischen Spiele ist die Rede.
Vor den Olympischen Spielen in Peking 2008 zeichnet sich eine bedrohliche Eskalation zwischen China und Taiwan am Horizont ab. Die kommunistische Führung in Peking ist tief besorgt, dass Taiwans Unabhängigkeitsbestrebungen zu einem offenen Konflikt führen könnten, der alle schönen Olympia-Pläne verderben und ihr am Ende noch einen Boykott einhandeln könnte. Zum Auftakt des alle fünf Jahre stattfindenden KP-Parteitags in Peking warnte Staats- und Parteichef Hu Jintao am Montag, dass die Unabhängigkeitskräfte "gegenwärtig ihre separatistischen Aktivitäten verstärken" und die Beziehungen "ernsthaft in Gefahr bringen". Die Gefahr rührt aber eher daher, dass Peking ein "Antisezessionsgesetz" verabschiedet hat und mit Krieg droht, falls sich die seit 1949 nur als abtrünnige Provinz betrachtete Insel formell abspalten wollte.
Überraschungs-Coup Taiwans?
Da der taiwanesische Präsident
Chen Shui-bian immer für Überraschungen gut ist, wächst in Peking die Sorge,
dass er darauf setzt, dass Peking wegen Olympia die Hände gebunden sein
könnten. China bereitet sich daher militärisch und organisatorisch auf
"unerwartete Zwischenfälle" vor, um schnell reagieren zu können. "Die
Beziehungen zwischen Taiwan und China sind höchst heikel und gefährlich",
warnte Professor Gui Jianning von der Peking-Universität (Beida). Er rechnet
vorerst aber nicht mit einem Eingreifen, zumindest nicht vor dem Referendum
in Taiwan im März - fünf Monate vor der Eröffnungsfeier der Olympischen
Spiele in Peking.
Taiwan und die UNO
In den Plänen der Inselrepublik für eine
Volksabstimmung bei der Präsidentenwahl im März mit dem Ziel, eine Aufnahme
in die Vereinten Nationen als "Taiwan" und nicht mehr als "Republik China"
anzustreben, sieht Peking eine Provokation. "Die Bewerbung um eine Aufnahme
in die Vereinten Nationen und die Kampagne zur Abspaltung Taiwans gehen an
die Grenze", sagte Liu Guoshen, der Leiter des Taiwan-Instituts der
Universität Xiamen. "Es ist jetzt eine viel gefährlichere Zeit." Einige
Scharfmacher in China sehen mit dem Votum bereits den Punkt für ein
militärisches Eingreifen erreicht.
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Kein olymisches Feuer in Taiwan
Wie kompliziert und
spannungsgeladen das Verhältnis ist, zeigte der Streit um den olympischen
Fackellauf, der jetzt nicht über die Insel führen wird. Taiwan wollte am
Wegesrand seine Nationalflagge (die frühere chinesische Nationalflagge)
zeigen und Hymne spielen. Doch Peking verwies darauf, dass die Insel nur als
"Chinesisch Taipeh" der Olympischen Bewegung angehört und auch bei
Wettkämpfen ihre Flagge nicht hissen darf. Da der Fackellauf aber kein
Sportwettkampf ist und über Taiwans ureigenes Territorium führt, pochte die
Regierung in Taipeh auf ihr Recht, zumindest daheim ihre staatliche
Souveränität ausüben zu können.
IOC kuscht vor China
Die dunklen Wolken, die sich hier
zusammenziehen, müssten beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC)
eigentlich Sorge auslösen. Doch hält sich das IOC nicht nur aus dem Streit
heraus, sondern stellt sich sogar erkennbar hinter die Volksrepublik. "Wir
respektieren die Position Chinas gegenüber Taiwan", sagte der Chef der
IOC-Koordinierungskommission für die Spiele, Kevan Gosper, in Peking. "Was
politisch in Taiwan passiert, ist wirklich nicht eine Angelegenheit des IOC,
dessen Aufgabe es ist, die Olympischen Spiele mit dem Gastgeber auf die
Beine zu stellen."
Kritik an Taiwan
Gosper widersprach den Taiwanesen: Der
Fackellauf sei ein "integraler Bestandteil der Ausrichtung Olympischer
Spiele". Die Verantwortung dafür liege allein beim Austragungsland der
Spiele und nicht beim IOC. "Es ist schade. Taiwan hat bereits einen
priviligierten Status. Sie hätten das berücksichtigen müssen." Taiwans
Führer hätten ein "kurzes Gedächtnis" über die Ausnahme, die erst den
Verbleib im Olympischen Komitee ermöglichte, als Peking als legitime
Vertretung ganz Chinas aufgenommen wurde. Aus sportlichen Gründen hätte
Taiwan einen Kompromiss anstreben müssen, fand Gosper.