Hilde Drexler holt in Istanbul die zweite EM-Medaille für Österreich.
Österreichs vom Tod Claudia Heills getroffenes Damen-Judoteam schlägt sich bei den Europameisterschaften in Istanbul weiterhin großartig. Einen Tag nach Gold durch Sabrina Filzmoser holte Hilde Drexler am Freitag die zweite Medaille. Die 27-jährige Wienerin gewann ihren Kampf um Bronze in der Klasse bis 63 Kilo gegen Alice Schlesinger aus Israel durch Ippon für eine Kontertechnik nach 3:35 Minuten. Peter Scharinger (bis 73 Kilo) musste sich hingegen im Kampf um Bronze geschlagen geben und wurde Fünfter.
Heills einstige Rivalin war nach drei Siegen im "Golden Score" als ungeschlagene Gruppensiegerin ins Halbfinale gekommen, verlor dort allerdings gegen die Niederländerin Anicka van Emden mit 1:3-Verwarnungen. Im Bronze-Kampf ließ es die Athletin von Vienna Samurai wieder auf die "Overtime" ankommen und setzte sich dort schließlich zum bisher größten Erfolg seit Platz drei bei der Universiade durch. "Ich habe auf den richtigen Moment gewartet und dann eine Aktion gesetzt, die zum Glück gelungen ist", freute sich Drexler.
Die Germanistik-Studentin Drexler gilt als Spezialistin für den "Golden Score", legt ihre Kämpfe oft etwas zurückhaltend an, weshalb diese auch oft ausgeglichen verlaufen. "Ein 'Golden Score' ist bei mir deshalb öfter der Fall, ich lasse es eher drauf ankommen", erklärte die Judoka aus Wien. In Istanbul gewann sie alle ihre Kämpfe in der Überzeit, auch den gegen ihre gute Freundin Schlesinger. Drexler stand damit insgesamt rund acht Minuten länger auf der Matte.
Drexlers Medaille ist die erste für Österreich in der Klasse bis 63 Kilogramm seit Heill. Die interne sportliche Konkurrenz in dieser Gewichtsklasse hatte lange eine bessere Beziehung zwischen den beiden Kämpferinnen verhindert, nach dem Rücktritt der kürzlich unter tragischen Umständen verstorbenen Heill war man aber dafür umso intensiver zusammengewachsen. Drexler war vom Tod ihrer Freundin so betroffen gewesen, "dass ich eine Woche durchgeweint habe." Die Teilnahme am Begräbnis war unmittelbar vor der EM über ihre Kräfte gegangen. "Das hätte ich emotional nicht geschafft."
"Claudia war heute den ganzen Tag präsent. Das bekommt man einfach nicht aus dem Kopf", erklärte Drexler nach ihrem gewonnenen Bronze-Kampf. "Die seinerzeitige sportliche Rivalität in der gleichen Gewichtsklasse habe eine Freundschaft verhindert. "Der damalige Zank war so sinnlos, dafür die letzte Zeit umso schöner. Claudia hat mir viele Tipps gegeben, ich habe viel profitiert", erzählte sie. Dass sie dennoch nie in die Fußstapfen von Heill treten wollte, habe sie aber immer schon gesagt. "Weil ich immer meinen eigenen Weg gehen wollte."
Zuletzt beim Heim-Weltcup in Oberwart war Drexler schon in der zweiten Runde ausgeschieden. "Ich habe mich aber schon dort gut in Form gefühlt. In Istanbul hat es endlich einmal geklappt", freute sich Drexler. Enorm wichtig für ihren Aufstieg sei, dass sie sei eineinhalb Jahren am Judo-Stützpunkt Linz unter Klaus-Peter Stollberg trainiere.
Am Samstag ist bei der EM aus österreichischer Sicht noch Max Schirnhofer (90 kg) am Start. Nach den beiden Frauen-Medaillen rangiert Österreich unter 45 Nationen an sechster Stelle.