Knalleffekt
Hütthaler gesteht Doping und packt aus
27.03.2009
Triathletin nennt auch endlich ihre Hintermänner - Zoubek und Matschiner! Wegen versuchter Bestechung droht ihr aber trotzdem ein Strafprozess.
Lisa Hütthaler hat in der seit Monaten köchelnden österreichischen Doping-Affäre für einen weiteren Knalleffekt gesorgt. In einem Interview mit einer österreichischen Tageszeitung gestand die Triathletin nicht nur langfristiges Doping, sondern ging als erste Sportlerin mit Namen von Hintermännern an die Öffentlichkeit. So sollen die 25-Jährige ihr Sportmanager Stefan Matschiner mit dem Dopingmittel EPO versorgt, der Wiener Kinderkrebsarzt Andreas Zoubek EPO sogar gespritzt haben.
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Kronzeugin
"Ich werde alles, was ich weiß, bei der NADA offenlegen", erklärte Hütthaler, die im Oktober 2008 wegen EPO-Dopings von der NADA für zwei Jahre gesperrt worden war. Hütthaler hatte bisher Doping stets bestritten, brach aber jetzt damit. Das Outing sei ihr jedenfalls nicht leicht gefallen. "Ich habe Angst, überlege ob ich übersiedle", erklärte die Wienerin, die durch ihre Aussagen in erster Linie den Oberösterreicher Matschiner belastet.
Durch das Geständnis und die namentliche Nennung der Hintermänner könnte die Triathletin von einer reduzierten Sperre profitieren.
Kohl-Manager legte Kontakt
Der Ex-Manager von Radstar Bernhard Kohl, der ebenfalls Doping zugegeben hat, soll sie mehrmals mit Dopingmitteln versorgt haben. Matschiner habe sie im Mai 2007 über Zoubek kennengelernt. "Zoubek, den ich vom Triathlon gut kannte, hat gemeint, da gebe es jemanden, der sich im Doping wirklich gut auskennt und in einer anderen Liga spielt", so Hütthaler. Sie habe neben Zoubek im St.-Anna-Kinderspital gesessen, als der Mediziner Matschiner angerufen und ein Treffen arrangiert habe.
Übergabe auf Parkplatz
Bereits bei der ersten Begegnung auf einem Parkplatz in Linz habe sie erstmals "Ware" (Dynepo) eingekauft. Bis zu ihrer positiven Dopingprobe 2008 habe sie insgesamt sechsmal von Matschiner EPO bezogen. In Summe soll der 33-jährige Ex-Leichtathlet 15.000 Euro kassiert und dafür auch sein Wissen zur Verfügung gestellt haben. "Er hat mir erklärt, wie man EPO richtig spritzt. Da wird man von ihm schon beraten", wurde Hütthaler zitiert. Auch Zoubek soll Hütthaler in seinem Büro im St.-Anna-Kinderspital einmal EPO gespritzt haben, durch den Mediziner sei sie auch zu Wachstumshormonen gekommen.
Blut-Doping
Matschiner soll auch Blut-Doping betrieben haben, wie Hütthaler in einem Protokoll an die NADA bereits übermittelt habe. Im Keller eines Hauses in Steyrermühl, in der sich laut der 25-Jährigen eine große Blutzentrifuge befand, soll der Manager der Triathletin zweimal Blut abgenommen und einmal rückgeführt haben. Zur Tarnung soll Matschiner den Namen "Cindy" auf den Blutbeutel geschrieben haben.
Doping seit der Matura
In den Dopingsumpf sei sie bereits nach der Matura, mit 18 Jahren, geschlittert. Durch ihren wesentlich älteren Ex-Freund und damaligen Trainer sei sie tagtäglich mit Doping konfrontiert gewesen. "Alle in diesem Umfeld haben zu mir gesagt: 'Ohne Doping geht gar nichts!'", erinnerte sich Hütthaler. Ihr Ex-Freund habe ihr auch die ersten EPO-Spritzen gesetzt, danach sie sich selbst. Ihrer Kenntnis nach würden auch viele Hobby-Athleten dopen. "Sehr viele. In jeder Sportart. Da sind viele Ärzte dabei. Die haben Geld", sagte sie.
"Will keine Angst mehr haben"
Über die Gründe für ihr Outing meinte Hütthaler: "Ich möchte raus aus diesem Wahnsinn. Ich mag nicht mehr ständig Angst haben müssen, dass mich jemand sieht, wenn ich etwas nehme." Mit 18 sei sie naiv gewesen und habe "über den Sport plötzlich die große weite Welt gesehen". Nun wolle sie sich wieder in ihrer Haut wohl fühlen und nach Ablauf ihrer Sperre wieder in den aktiven Wettkampfsport einsteigen.
Anwalt bestätigt Aussagen
Nachdem die Rechtsvertretung des Wiener Kinderkrebsarztes Andreas Zoubek in der Mittags-ZIB (Freitag) die Angaben der Triathletin Lisa Hütthaler zurückgewiesen hat, derzufolge ihr der Mediziner EPO besorgt und dieses sogar injiziert haben soll, meldete sich am Nachmittag der Rechtsbeistand der Sportlerin zu Wort. Der Wiener Anwalt Manfred Ainedter bezeichnete die Angaben Hütthalers, die neben Zoubek vor allem den Sportmanager Stefan Matschiner belastet hatte, als "natürlich richtig" und "hundertprozentig wahr".
Wie Ainedter betonte, habe die Triathletin bereits umfassend vor der Polizei ausgesagt. Dem Bundeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft wären die gegen Zoubek und Matschiner gerichteten Vorwürfe seit einiger Zeit bekannt. "Man ist jetzt dabei, diese Aussagen zu verifizieren", sagte Ainedter.
Zoubek-Anwalt schweigt
Keinen Kommentar gab es aus der Kanzlei Gheneff - Rami - Sommer, die Zoubek vertritt. Der zuständige Jurist sei erst wieder am Montag zu sprechen, wurde auf Anfrage beschieden.
Strafprozess droht
Auf Hütthaler könnte trotzdem schon demnächst ein Strafprozess zukommen. Der Vorwurf der Bestechung steht im Raum: Hütthaler soll am 20. Mai 2008, als im WADA-Labor in Seibersdorf ihre B-Probe geöffnet wurde, versucht haben, eine Mitarbeiterin mit 20.000 Euro dazu zu bringen, ihre Probe zu manipulieren.
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt leitete daraufhin gegen die 25-Jährige ein Verfahren wegen versuchter Bestimmung zum Amtsmissbrauch ein. Strafrahmen: Sechs Monate bis fünf Jahre Haft. "Der Sachverhalt ist geklärt und wird nun rechtlich geprüft", meinte Behördensprecher Erich Habitzl zum aktuellen Verfahrensstand.
Wie Recherchen ergaben, liegt der entsprechende Vorhabensbericht, in dem entweder die Einstellung des Verfahrens oder die Anklageerhebung vorgeschlagen wird, bereits bei der Oberstaatsanwaltschaft. Der Inhalt des Berichts unterliegt der Amtsverschwiegenheit. Sollte es zu einem Prozess kommen, wird dieser noch im Frühjahr im Landesgericht Wiener Neustadt über die Bühne gehen.
Staatsanwalt ermittelt bereits
Vorerst keine Stellungnahme gab es am Freitag seitens der Staatsanwaltschaft Wien zur Doping-Beichte von Hütthaler. "Wir ersuchen um Verständnis, aber ein Kommentar würde im derzeitigen Stadium das laufende Ermittlungsverfahren torpedieren", meinte Behördensprecher Gerhard Jarosch. So gut wie gesichert scheint allerdings, dass sich auch der ehemalige Manager des Radprofis Bernhard Kohl, Stefan Matschiner, längst im Visier der Anklagebehörde befindet.
Zoubek und Matschiner im Visier
Gegen Zoubek, der als passionierter Hobby-Triathlet gilt und in der Szene als "Irondoc" bekannt ist, ermittelt die Staatsanwaltschaft bekanntermaßen seit Monaten, weil er unter anderem in einem bekannten Fitness-Center das Blutdopingmittel EPO an Sportler weitergegeben haben soll. Offensichtlich schon seit längerem läuft ebenfalls ein - womöglich separat geführtes - Ermittlungsverfahren gegen den Sportmanager Matschiner.
Jarosch wollte das zwar weder bestätigen noch dementieren, doch lässt sich aus dem Umstand, dass sich der frühere Kohl-Manager nach wie vor auf freiem Fuß befindet, der beinahe zwingende Schluss ableiten, dass für die Anklagebehörde die Hütthaler-"Beichte" keine Neuigkeiten enthalten hat und die Sportlerin vor dem Staatsanwalt längst umfassend ausgesagt haben dürfte. Ansonsten wäre wohl - jedenfalls wegen Verdunkelungsgefahr - die Verhängung der U-Haft über Matschiner beantragt worden.