"Bin überzeugt, dass die Top 10 der Tour de France positiv hätten sein können."
Österreichs gefallener Radstar Bernhard Kohl hat zwei Wochen nach seinem offiziellen Rücktritt erneut aufhorchen lassen. Der Niederösterreicher behauptete in einem Interview mit der französischen Sportzeitung "L'Equipe" (Dienstag-Ausgabe) mit Rückblick auf die Tour de France 2008: "Ich bin der Überzeugung, dass die ersten Zehn positiv hätten sein können."
Nur 3 positive Tests
Der Tour-Bergkönig, dem auch sein dritter
Platz aberkannt worden war, zeigte sich verwundert, dass nur drei Fahrer -
sein deutscher Teamkollege Stefan Schumacher, der Italiener Riccardo Ricco
und er - in einem Nachtest positiv auf das Blutdoping-Produkt CERA getestet
worden waren. "Seltsamerweise wurden nur drei erwischt. Viel mehr haben es
genommen", wurde Kohl zitiert.
Keine Comeback-Chance
Chancen auf ein Comeback rechnet sich der
27-Jährige keine mehr aus: "Ich kenne die Regeln der Szene. Diejenigen, die
auspacken, kommen nicht zurück." Kohl gab außerdem erneut zu, drei
Blut-Transfusionen während der Tour erhalten zu haben. Das im August 2007
entnommene Blut sei ihm von seinem ehemaligen Manager Stefan Matschiner
überbracht worden.
Als junger Profi hätte er aus Kostengründen nicht in großem Stil gedopt. "Ich wusste, was die 'Großen' nehmen. Das wurde im Peloton geduldet." Doping sei allgegenwärtig gewesen. "Im Fahrerfeld habe ich keinen betrogen - da können Sie sicher sein", meinte Kohl, der mit seinen Aussagen einen Tag vor der großen Anti-Doping-Konferenz in Paris im Vorfeld der am 4. Juli beginnenden Tour de France für weiteren brisanten Gesprächsstoff sorgte.
Biologischer Pass sinnlos?
Kohl stellte auch die Wirksamkeit von
biologischen Pässen infrage. Der Weltverband UCI hat seit Jänner 2008 anhand
von Blut- und Urin-Proben Blut-Parameter und den Hormon-Status von über 800
Profis bestimmt. Allerdings wurde bisher noch kein einziger wegen
Auffälligkeiten belangt. "In gewisser Weise war der Blutpass der UCI
hilfreich. Die Topfahrer sind in ihrer Dopingpraxis so professionell, ihre
Werte stabil zu halten, um nicht aufzufallen", sagte Kohl. Die Werte aus den
Pässen hätten dafür in gewisser Weise sogar als Richtschnur gedient.