Höchststrafe für Bernhard Kohl in seiner Doping-Causa. Sollte er nicht doch noch Hintermänner nennen, ist es mit seiner Karriere vorbei.
Wie geht es mit Kohl nach dem Doping-Urteil weiter? In den nächsten Tagen wird er eine schrftliche Urteilsbegründung erhalten. Das Protokoll der Anhörung wird an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt weitergeleitet. Ermittlungen laufen bereits. Sollte Kohl bei einem möglichen Gerichtsverfahren Hintermänner nennen, könnte er doch noch von der sogenannten "Kronzeugen-Regelung" profitieren und seine Sperre (bis 2. Juli 2010) nachträglich reduzieren. Sonst droht das Karriereende.
Höchststrafe ausgefasst
Der gefallene Tour-Held Bernhard
Kohl hat am Montag nach der für ihn wohl härtesten Etappe seiner Karriere
die Rechnung präsentiert bekommen. Der 26-jährige Radprofi, der Doping auf
dem Weg zum dritten Gesamtrang bei der heurigen Tour de France gestanden
hatte, wurde von der Rechtskommission der Nationalen Anti-Doping-Agentur
(NADA) für zwei Jahre (ab 3. Juli 2008) gesperrt. Kohl war nach dem Urteil
enttäuscht, für die Kommission war der Fall aber klar. Weil Kohl zwar seine
Beweggründe darlegte, aber keine Hintermänner nannte, erhielt er die
vorgesehene Höchststrafe.
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Tiefer Fall
Ende Juli von Hunderttausenden auf den Pariser
Champs Elysees als Gesamt-Dritter und Bergkönig bejubelt, Mitte Oktober in
zwei von der französischen Anti-Doping-Agentur nachträglich untersuchten
Proben ebenso wie sein Gerolsteiner Zimmerkollege Stefan Schumacher des
Dopings mit dem EPO-Nachfolgeprodukt CERA überführt, zwei Tage später das
Geständnis unter Tränen und am Montag im Wiener Haus des Sports von der
fünfköpfigen Rechtskommission sanktioniert. Das sind die jüngsten Stationen
der Karriere des Bernhard Kohl, der angenommen hatte, CERA sei nicht
nachweisbar und im Juli noch vollmundig erklärt hatte: "Wer
betrügt, wird auch erwischt." Nun steht er vor einem
Scherbenhaufen. Ob er als Sportler zurückkehrt und ob er vor der
Unabhängigen Schiedskommission in Österreich gegen die Sperre beruft, wollte
der Niederösterreicher erst später entscheiden.
Anhörung fast 3 Stunden
Die Anhörung Kohls, der von seinem
Anwalt Siegfried Fröhlich begleitet wurde, dauerte 2:40 Stunden. Danach
hatte die fünfköpfige Kommission unter Vorsitz des Rechtsanwalts Gernot
Schaar bereits nach etwas mehr als einer halben Stunde das Urteil gefällt.
Kohl meinte, die Entscheidung weise in die falsche Richtung. "Ich finde
es schade, dass ich die gleiche Strafe bekomme, wie jemand, der alles leugnet",
erklärte Kohl. "Das ist der falsche Weg, der aufgezeigt wird. Ich
habe definitiv dargelegt, wie es zur Beschaffung kam und was meine
Beweggründe waren. Mir hätte schon ein Tag weniger gereicht, um zu sehen,
dass es Sinn macht, Hintergründe zu nennen."
Detail verschwiegen
Bis auf ein kleines Detail, das er wegen
einer möglichen folgenden Gerichtsverhandlung nicht nennen wollte, habe er
die volle Wahrheit gesagt, sagte Kohl. Auf die Frage, ob er, wie mehrfach
angekündigt, Hintermänner genannt habe, wollte sich der Wahl-Kärntner nicht
äußern. "Da sage ich nichts dazu."
Keine Namen genannt
Das tat danach Kommissions-Vorsitzender
Schaar vor den zahlreich erschienenen Medienvertretern. "Er hat uns
keine Namen genannt, wer seine Hintermänner sind, damit war das Strafausmaß
klar", betonte der Jurist. Mit der Nennung von Namen und Details über
Dopingpraktiken hätte Kohl nach geltender "Kronzeugenregelung"
eine Strafminderung erreichen können. Die NADA wird das Protokoll der
Einvernahme an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. "Kohl hat
Informationen erteilt, die mit entsprechenden Recherchemöglichkeiten dazu
führen könnten, Namen zu ermitteln", sagte Schaar. Dies sei
aber nicht Aufgabe seiner Kommission.
Verteidiger empört
Kohl-Anwalt Siegfried Fröhlich hatte auf
eine Strafminderung wegen des Schuldeingeständnisses und der gezeigten Reue
plädiert. Er fand kein Gehör. Das Geständnis eine Sportlers zähle offenbar
nicht, wenn dieser die gleiche Strafe erhalte wie eine leugnende
Marathonläuferin, ärgerte sich Fröhlich. Für Schaar war die Sachlage aber
klar. Kohl habe bei seinem Geständnis nicht mehr gesagt, als durch den
positiven Test ohnehin schon erwiesen gewesen sei.
Kohl wohl kein "Anti-Doping-Botschafter"
Als "Anti-Doping-Botschafter"
des Radsportverbandes, wie das vom ÖRV-Präsidenten Otto Flum unmittelbar
nach dem Geständnis angedeutet worden war, wird Kohl wohl nicht arbeiten. "Nach
diesem Verlauf der Verhandlung kann ich mir das nicht vorstellen",
sagte ÖRV-Generalsekretär Rudolf Massak. Diese Möglichkeit sei mit einer
vollständigen Aufklärung des Dopingfalles verbunden gewesen. "Ich
werde dem ÖRV-Vorstand empfehlen, dass wir uns von dem Sportler distanzieren",
erklärte Massak. Er werde wohl noch mehrere Jahre damit beschäftigt sein,
die durch diesen Dopingfall verursachten Trümmer aufzuräumen.