Der überführte Dopingsünder fiebert der Geburt seiner Tochter entgegen.
"Rückblickend ist es das Beste, das mir passieren konnte." Geläutert gibt sich der ehemalige Radprofi Bernhard Kohl, der 2008 nach Platz drei bei der Tour de France des Dopings überführt worden ist und nach einem tränenreichen Geständnis seine Karriere beendet hat. In der Zwischenzeit hat der 29-Jährige in Wien den "Fitstore24 - Bikepalast Kohl" eröffnet und ist glücklich über "die zweite Chance". Die größte Herausforderung steht dem Niederösterreicher jedoch erst bevor. Im Juli bringt seine Frau das erste gemeinsame Kind zur Welt.
"Der Zeitpunkt rückt immer näher und wir sind natürlich schon sehr nervös", sagte Kohl. Mitte Juli ist der errechnete Geburtstermin seiner ersten Tochter: "Das wird wieder ein neuer Lebensabschnitt, der wunderschön ist." Nur beim Namen ist er sich mit seiner Frau Tatjana, die er im vergangenen Juli geheiratet hat, noch nicht einig.
Familiärer Betrieb
Kunden, die sich bei Kohl in seinem Geschäft in Wien-Liesing mit Rädern oder Fitnessgeräten eindecken, werden das Kind zu Gesicht bekommen: "Wir wohnen ganz in der Nähe und meine Frau wird sicher oft mit der Kleinen vorbeischauen." Überhaupt legt der Wolkersdorfer seit seinem tiefen Fall besonderen Wert auf die Familie. "Wenn man in einer Extremsituation ist, wie es bei mir 2008 war, sind das familiäre Umfeld und gute Freunde das Wichtigste. Nur das hält dich am Leben und gibt dir Rückhalt", so Kohl.
Wenn seine Ex-Kollegen ab Samstag bei der 98. Tour de France wieder in die Pedale treten, wird Kohl nur am Bildschirm zusehen. "Ich verfolge die Rad-Szene nach wie vor und im Geschäft laufen alle Rennen", erklärte der Niederösterreicher. Der Sport hat immer noch einen großen Stellenwert im Leben des gelernten Rauchfangkehrers: "Jede freie Minute sitze ich selbst am Rad."
Die Erinnerungen an seine aktive Zeit sind durchaus positiv. "Der Mensch hat die Gabe, sich mehr an das Gute zu erinnern als an das Schlechte", erklärte Kohl. Der Erfolg, den er im Laufe seiner Karriere eingefahren hat, sei unbezahlbar und er möchte ihn nicht missen.
Doping üblich
"Im Spitzensport geht das Ganze nur bis zu einem gewissen Punkt ohne Doping", meinte Kohl, der davon ausgeht, dass sich in der Zwischenzeit nicht viel geändert hat. Es seien noch immer die selben Menschen in der Branche tätig und es würden immer bessere Leistungen sowie größere Erfolge gefordert werden. "Ich hoffe, dass ein Säuberungsprozess eingetreten ist, weil auch viel an die Öffentlichkeit gedrungen ist. Aber ich weiß es nicht", sagte Kohl.
Er sei jedenfalls erleichtert, nicht mehr in der "Doping-Spirale" zu sein. "Jetzt bin ich heilfroh, dass das Ganze vorbei ist, auch wegen möglicher gesundheitlicher Schäden", betonte Kohl, der so mit wesentlich weniger Verdienst auskommen muss. "Wäre ich nicht erwischt worden, hätte ich schon ein paar Millionen auf meinem Konto. Das wird es nie wieder in meinem Leben spielen, aber ich brauche auch keine Millionen, um glücklich zu sein."