Erschöpft
Kohl kämpfte bis zum Umfallen
24.07.2008
So kaputt war Kohl gestern nach dem härtesten Rennen seines Lebens.
L’Alpe d’Huez. Fast 200 Kilometer rollte die Königsetappe dahin. Vorne eine vierköpfige Spitzengruppe, dahinter kämpfte sich das Feld mit allen Assen über den Col du Galibier. Kohl belauerte den Gesamtführenden Fränk Schleck aus Luxemburg. Mühelos kletterte unser Tour-Held über den 2.645 Meter hoch gelegenen Alpen-Pass. Die Bergwertung nach 79 km ging überraschend an Kohls Zimmerkollegen Stefan Schumacher, der sich in einer vierköpfigen Ausreißergruppe durchsetzte.
Als fünf Minuten später das Feld um die letzten Berg-Punkte kämpfte, ging Kohl aus dem Sattel, attackierte und eroberte als Fünfter weitere zwölf Punkte für das Berg-Trikot. Wie am Vortag gab es auf der steilen Abfahrt wieder einige Stürze – doch die Favoriten blieben im Sattel.
Berg-König Kohl
Weiter ging’s auf den Col de la Croix de
Fer, den vorletzten schweren Berg der 95. Tour de France. Während Schumacher
und seine zwei Ausreißer-Kollegen durchgereicht wurden, eroberte der Slowake
Peter Velits mit über einer Minute Vorsprung 20 Punkte. Wieder ergriff Kohl
als Einziger aus dem Feld die Initiative und fuhr als Zweiter über den
2.067-Meter-Pass – das gepunktete Berg-Trikot ist ihm nicht mehr zu nehmen.
Kohl auf sich allein gestellt
Der gefürchtete Anstieg nach L’Alpe
d’Huez. Während Kohl von seinen Gerolsteiner-Teamkollegen im Stich gelassen
wurde, brauste das starke Team CSC (mit den Favoriten Fränk Schleck und
Sastre) mit sechs Fahrern Richtung Mythos-Berg.
Die Entscheidung
Dann ging’s los. Um 17.07 Uhr begann die Tour
praktisch von vorne. Die 21 „Kehren des Teufels“ nach L’Alpe d’Huez, eine
einzige 14-Kilometer-Rampe. Als Erster attackiert der Gesamt-Vierte Carlos
Sastre. Wie ein Uhrwerk hämmert er die Pedale herunter. Kohl versucht
nachzuziehen, wird aber sofort wieder eingeholt. 9,3 Kilometer vor dem Ziel
zeigt der Österreicher zum ersten Mal Schwäche und reißt aus der
Verfolgergruppe ab. Doch er kämpft, wirft den Kopf nach rechts und links und
kommt noch einmal an seine Rivalen um den Gesamtsieg heran.
Österreich-Fahnen, am Straßenrand brüllen Kohl-Fans im gepunkteten Trikot.
Immer wieder kann man auf der Straße den Namen des Wolkersdorfers lesen.
Vorne zieht Sastre einsam seine Kehren und reißt nach 6:07:58 Stunden die Hände in die Höhe – Kohl kämpft, bleibt dran und radelt nur zwei Sekunden hinter Fränk Schleck und zeitgleich mit dem Vorjahrs-Tourzweiten Cadel Evans (AUS) mit 2:15 Minuten Rückstand als Zehnter ins Ziel.
Michael Douglas gratuliert
Völlig erschöpft ließ sich Kohl auf
die Sanitäter-Bahre sinken. Bei der Siegerehrung war er schon wieder fit –
kein Geringerer als Hollywood-Star Michael Douglas gratulierte. Die
Entscheidung um den Tour-Sieg fällt im Zeitfahren am Samstag – Kohl hofft
auf Platz drei.