Wimbledon
Murray darf weiter vom Triumph träumen
29.06.2009
Schotte kämpft Wawrinka in historischer "Indoor-Partie" in 5 Sätzen nieder
Andy Murray hat am späten Dienstagabend in London die Hoffnungen der Briten auf den ersten Wimbledon-Titel eines Lokalmatadors seit Fred Perry 1936 aufrechterhalten. Der 22-jährige Schotte gewann - enthusiastisch bejubelt von 15.000 Fans - das erste komplett unter dem neuen Center-Court-Dach ausgetragene Match gegen den Schweizer Stanislas Wawrinka nach 3:57 Stunden mit 2:6,6:3,6:3,5:7,6:3. Er trifft nun im Viertelfinale auf den wieder erstarkten Spanier Juan Carlos Ferrero, der nur dank einer Wildcard am Start ist.
Erst um 22.38 Uhr Ortszeit, so spät wie noch nie in Wimbledon, wurde das letzte noch ausständige Achtelfinale der Herren am Großkampftag nach dem wie immer spielfreien Sonntag beendet. Erstmals unter Dach und erstmals unter Flutlicht. So gab es völlig neue Bilder aus Wimbledon nicht nur vom Court selbst, sondern auch von der Anlage: Das hell erleuchtete Stadion von außen, im Halbdunkel die immer noch zahlreichen Murray-Fans auf dem Hügel außerhalb des Centercourts und der Schwenk auf die nächtliche Skyline von London.
Doch für die Murray-Fans und Murray selbst zählte am Ende nur eines: Nur noch drei Siege sind nötig, damit endlich wieder ein Brite Wimbledon-Champion wird. Die Bedingungen auf dem zur Halle umfunktionierten Center-Court waren alles andere als einfach. "Es war sehr schwierig und sehr schwül. Wir haben so viel geschwitzt, als ich fertig war, war es, als hätte ich ein Bad genommen." Und die typische Hallen-Atmosphäre, die man eigentlich von den Turnieren im Herbst kennt, war ebenfalls zu spüren - und zu hören.
"Das war wahrscheinlich die lauteste Menge, vor der ich je gespielt habe", gestand Murray, der freilich auch glücklich war, die Herausforderung Wawrinkas überstanden zu haben. "Ich musste großartig spielen, weil Stan unglaublich Tennis gespielt hat." Murray trifft nun auf einen der Überraschungs-Viertelfinalisten - Juan Carlos Ferrero. Der 29-jährige Spanier dreht derzeit ebenso wie auch der 31-jährige Tommy Haas und der 28-jährige Lleyton Hewitt die Zeit zurück. Nach einem Fünfsatz-Sieg über Fernando Gonzalez in Runde drei, setzte er sich gegen den als Nummer 8 gesetzten Gilles Simon (FRA) in drei Sätzen durch. "Jeder wird Murray unterstützen, aber ich bin lange genug dabei, um mich auf mein Spiel zu fokussieren", versprach Ferrero.
Den nächsten Schritt zur Unsterblichkeit im britischen Tennis müsste Murray im Falle eines Semifinaleinzugs dann gegen den Sieger aus Hewitt gegen Andy Roddick. Hewitt, der in der zweiten Runde Juan Martin del Potro (ARG-5) ausgeschaltet hatte, besiegte Radek Stepanek nach 0:2-Satzrückstand in fünf Sätzen, wobei die letzten drei Sätze mit 6:1,6:2,6:2 sehr glatt verlaufen sind. Der zweifache Wimbledon-Finalist und Melzer-Bezwinger Roddick schaltete mit Tomas Berdych ebenfalls einen Tschechen in drei Sätzen aus.
In der unteren Raster-Hälfte trifft Tommy Haas im Viertelfinale auf Novak Djokovic und Turnierfavorit sowie Paris-Sieger Roger Federer bekommt es mit dem Assenkönig Ivo Karlovic zu tun. Der 30-jährige Kroate hämmerte gegen Fernando Verdasco (ESP-7) nicht weniger als 35 Asse und gewann mit 7:6,6.7,6:3,7:6 und erhöhte seine Assenzahl in vier Matches auf dem "Heiligen Rasen" auf 137. Federer will den 2,08-m-Riesen keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. "Er ist ein ausgezeichneter Spieler geworden, und es ist nicht nur sein Aufschlag. Aber ich mag diese Art von Herausforderungen, er macht es dir sehr schwer, ihn zu schlagen", sagte Federer, der eine 8:1-Bilanz gegen den Weltranglisten-36. aufweist. Für Karlovic ist es übrigens sein erstes Major-Viertelfinale.
Auch Djokovic gegen Haas, die Wiederholung des Finales von Halle, das am 14. Juni überraschend der Deutsche für sich entschieden hatte, wird ein sehr interessantes Viertelfinale werden.
Bei den Damen steuern unterdessen die Schwestern Venus und Serena Williams auf den vierten finalen "Sister Act" in Wimbledon zu. 2002 und 2003 hatte sich jeweils Serena durchgesetzt, im Vorjahr hatte Venus mit 7:5,6:4 die Oberhand behalten. Venus geht nicht nur auf den Hattrick, sondern auch auf ihren bereits sechsten Sieger-Teller an der Church Road los. Beide kamen ohne Satzverlust ins Viertelfinale. Venus trifft im Falle eines Sieges am (heutigen) Dienstag über Agnieszka Radwanska (POL) entweder auf Dinara Safina (RUS-1) oder Überraschungsfrau Sabine Lisicki (GER), Serena stand gegen Victoria Asarenka (BLR) auf dem Prüfstein und bekäme es mit Francesca Schiavone oder Jelena Dementjewa zu tun.