"Austoben"
Muster will noch bis 45 spielen
30.06.2010
Die Niederlage in Braunschweig ist nur der Anfang eines Dreijahres-Projekts.
Frage: Warum haben Sie gerade Braunschweig zum Ort ihres ersten Profi-Matches
nach elf Jahren Pause gewählt?
Muster (lacht): "Weil der
hiesige Turniermacher auf Antiquitäten steht."
Frage:
Wie ist ihre Bilanz? Es war doch eine glatte Niederlage gegen einen Nobody?
Muster:
"Es war genau das, was ich mir nach drei Wochen Training erwarten
durfte. Mein Potenzial reicht derzeit eben nur für 45 Minuten bis eine
Stunde, da habe ich auch gut mitgespielt und bis 2:5 in jedem Aufschlag-Game
meines Gegners Breakball. In Summe habe ich nichts anderes erwartet. Es war
alles wunderbar. Jetzt kann ich in Ruhe zehn Monate trainieren, wie ich es
mir eigentlich vorgenommen habe. Dann kann man Vergleiche ziehen."
Frage:
"Sie wollten in erster Linie wissen, wo Sie nach einer so langen Pause
mit 42 Jahren im Tennis stehen. Wo stehen Sie?
Muster:
"Schlagtechnisch war's recht okay und wenn meine Füße das machen
würden was der Kopf schon kann, könnte ich noch drei Stunden spielen.
Jeder gespielte Ball hat aber enorm viel Spaß gemacht, ich habe jede
Minute genossen."
Frage: Und wo hapert's?
Muster:
"Defizite gibt es überall, technisch so wie bei der Grundlagenausdauer.
Für drei Wochen muss ich mir aber Respekt zollen. Es ist noch ein
langer Weg, aber es war klar, dass ich nicht hierherkomme und große Matches
spiele oder gar einen Challenger gewinne. Zuerst muss das Konditionelle
wieder passen, dann kommt auch das Koordinative."
Frage: Das
klingt, als ob Sie noch viel vorhätten?
Muster:
"Braunschweig war vielleicht eine Spur zu früh, das hätte ja eigentlich
eher in aller Stille ablaufen sollen. Ich werde jetzt zehn bis zwölf Monate
intensiv trainieren, in dieser Zeit einige Überprüfungsturniere wie - wenn
es nicht wieder zu früh ist - Qualifikation in Stuttgart oder Wien
spielen. 2011 werde ich dann mehr Challenger spielen. Wenn es der Körper
aushält und keine gröbere Verletzung passiert, werde ich das
durchziehen."
Frage: Sie sind nie zurückgetreten. Hat denn
wenigstens ihre zweite Karriere ein Ablaufdatum?
Muster (lacht):
"Meine Frau hat mir erlaubt, mich bis 45 auszutoben. Also meine
spätpubertäre Phase oder meine Midlife-Crisis, mir ist egal wie
Sie es nennen, auszuleben und Tennis zu spielen. Mir macht's Spaß."
Frage:
Haben Sie keine Angst, ihr eigenes Denkmal zu stürzen?
Muster:
"Welches Denkmal? Man wird weder Roland Garros, wo mein Name in einer
Tafel eingemeißelt ist, sprengen noch das Papier verbrennen auf dem
steht, dass ich Nummer eins der Welt war und 44 Turniere gewonnen habe. Das
kann man mir nicht wegnehmen."
Frage: Kritiker sagten, jetzt hat
auch das Tennis seinen Michael Schumacher. Lob oder Kränkung?
Muster:
"Wichtig war, dass ich mich in erster Linie professionell verhalten
habe. Michael würde in einem Red Bull derzeit auch besser aussehen. Im
Gegensatz zu Schumacher muss ich aber selbst laufen. Mir kann keiner
abnehmen, wie schnell mein Auto läuft. Jetzt will ich ausloten, was in
zwölf Monaten möglich ist. Das geht über eine körperliche
Steigerung und Disziplin. Wie weit das geht, wird man sehen."
Frage:
Viele ganz Große wie Schumacher, Lance Armstrong usw. brauchen einfach
den Geruch der Wettkampfarena. Was treibt Sie an?
Muster: "Ich
bin keiner der bis 70 rumläuft und sagt, hallo ich bin Thomas Muster
und ich habe das und das und so und so viel gewonnen. Es macht mir einfach
sehr viel Spaß, wieder Wettkampftennis zu spielen. Es ist die
Matchvorbereitung, das Sportliche, die Herausforderung, ob man wieder
gewinnen kann. Ich bin überzeugt dass man auch mit 42 gewinnen kann.
Aber ich will das nicht der Welt sondern nur mir selbst beweisen."
Frage:
Stört Sie die Kritik an dem, was Sie gerade vorhaben?
Muster: "Kritische
Stimmen sind gut, weil sie polarisieren. Sie waren mir aber immer schon
wurscht."