Der Sandplatzkönig nimmt den Österreicher Ernst. Melzer: 'Habe nichts zu verlieren.'
Alles, was nun kommt, ist Draufgabe. Jürgen Melzer hat nach seinem sensationellen Lauf bei den French Open in Paris als erst zweiter Österreicher überhaupt das Einzel-Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Nach der tollen Aufholjagd gegen den Weltranglisten-Dritten Novak Djokovic ist Melzer am Freitag gegen den heuer auf Sand noch ungeschlagenen, vierfachen Paris-Sieger Rafael Nadal natürlich Außenseiter. Doch mit Siegen über Fernando Verdasco in Madrid und David Ferrer in der Seine-Stadt hat der 29-jährige Niederösterreicher gezeigt, dass er mit Spaniern ganz gut kann auf Sand.
Nadal mit Respekt vor Melzer
"Er spielt unglaublich. Ich habe
sein Match gegen David Ferrer gesehen. Und sein großes Comeback gegen einen
gut spielenden Djokovic. Ich habe ihn gegen Matchende gesehen, wie aggressiv
er spielte und wie gut er serviert hat. Das wird ein sehr schwerer Gegner."
Diese Worte stammen nicht von irgendjemand, diese Worte kommen vom
Sandplatz-König selbst. Nadal wird Melzer nicht unterschätzen, er wirft auch
alle Spekulationen nach einem möglichen Final-Duell mit Robin Söderling von
sich. Schon gar nicht will Nadal davon hören, dass nach dem Aus der Nummer
eins, Roger Federer, und der Nummer drei, Novak Djokovic, der Weg zum
fünften Titel nun frei ist.
"Ich wiederhole es noch einmal. Für mich zählt es, erst einmal ins Finale zu kommen. Im Semifinale zu stehen, sind gute News für mich, aber es wartet noch viel Arbeit auf mich." Und Linkshänder Melzer wird es Linkshänder Nadal keinesfalls einfach machen. Er strotzt vor Selbstvertrauen, hat aber natürlich vor seinem nächsten Gegner allen Respekt.
Melzer hat nichts zu verlieren
Melzer, der in der Nacht auf
Fronleichnam nicht so gut eingeschlafen ist ("Da geht einem so viel durch
den Kopf"), weiß schon, wie er den Spanier ärgern kann. Und das Beste: "Ich
habe immer weniger zu verlieren. Ich weiß, was kommt, worauf ich mich
vorbereiten muss, wie ich spielen muss."
Nadals stärkster Schlag sei die Vorhand aus der Rückhand-Ecke. "Wenn er mit der Vorhand diktieren kann, dann wird es eng. Allerdings hat er Probleme, wenn man ihm schnell und flach in die Vorhand-Ecke reinspielt." Weitere Rezepte, um vielleicht die nächste Sensation zu schaffen: "Ich muss sehr gut servieren, ähnlich gut spielen wie gegen Ferrer und daran glauben, dass ich gewinnen kann."
Melzer gegen Nadal noch ohne Satzgewinn
Vor allem Letzteres hatte
er in eindrucksvoller Manier gegen Djokovic gezeigt. Körperlich fühlte er
sich am Tag danach gut. "Ich bin ganz normal durchgelaufen, hab es
durchgestanden und fühle mich besser als am Anfang des Turniers."
Die beiden bisherigen Duelle mit Nadal hat Melzer im Olympia-Viertelfinale, dem Spiel um eine Medaille, mit 0:6,4:6 bzw. vor einem Jahr in Madrid mit 3:6,1:6 glatt verloren. Im ersten Fünfsatz-Match gegen Nadal ist sicher mehr möglich. Melzer hat das Momentum, ist wohl der Überraschungsmann des Turniers.
Und endlich kann er seine eigene Story schreiben, auch wenn sich die Vergleiche mit Thomas Muster nie ganz vermeiden lassen werden. Doch "natürlich ist es jetzt so, dass ich hoffentlich meine eigene Geschichte schreiben kann, was auch für mich selbst viel bedeutet. Ein Grand-Slam-Semifinale nimmt mir niemand mehr weg in meinem Leben. Es ist noch die Chance da, noch Größeres zu erreichen. Das ist jetzt schon was, da kann man sein Leben lang drauf zurückblicken."