Australian Open
Nobody Kohlschreiber ringt Roddick nieder
18.01.2008
Neben Roddick ist auch Stefan Koubek ausgeschieden. Der letzte Österreicher verlor nach 4 Stunden Spielzeit und 5 Sätzen gegen den Franzosen Mathieu.
Philipp Kohlschreiber hat dem Aufschlag-Feuerwerk von Andy Roddick getrotzt und steht nach einer starken Vorstellung auf dem Center Court von Melbourne zum zweiten Mal in seiner Karriere im Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers. Sechs Tage nach seinem Turniersieg in Auckland entzauberte der 24-jährige Deutsche den am Ende völlig genervten und wild schimpfenden Weltranglisten-Sechsten aus den USA in einem packenden Fünf-Satz-Thriller 6:4,3:6,7:6 (9), 6:7(3),8:6.
Unter dem erstmals in diesem Jahr wegen Nieselregens geschlossenen Dach der Rod Laver Arena knallte der 25-jährige Roddick, der mit den USA im Februar im Davis Cup auf Österreich trifft, zwar 42 Asse mit zum Teil rekordverdächtigen 232 km/h ins Feld, doch Kohlschreiber war an diesem Abend im Melbourne Park der bessere Protagonist eines großartigen Spektakels. Und auch er schlug erstklassig auf und schaffte 32 Asse. "Ich glaube, so viele habe ich im ganzen letzten Jahr nicht geschlagen", scherzte er danach.
Roddick zu nervös
Als Kohlschreiber nach 30 Minuten den
ersten Satz für sich entschieden hatte, zeigte sich bereits das angespannte
Nervenkostüm des US-Amerikaners. Roddick suchte Blickkontakt mit seinem
Trainer Jimmy Connors, der ihm - verbotenerweise - das eine oder andere Mal
Tipps gegen das variable und druckvolle Spiel seines Gegners zu geben
schien. Zudem war Roddicks Auftritt zwischenzeitlich eines Champions
unwürdig, als der US-Open-Sieger von 2003 den französischen
Stuhlschiedsrichter Emmanuel Joseph laut und vernehmbar einen "Idioten"
nannte, dafür aber nicht einmal verwarnt wurde.
Der "neue Philipp Kohlschreiber", wie sich die deutsche Nummer zwei zuvor noch selber getauft hatte, zeigte diesmal auch in den entscheidenden Momenten Nervenstärke. Im dritten Durchgang wehrte er drei Satzbälle ab, ehe er seinen fünften verwertete. Nach 3:53 Stunden nutzte Kohlschreiber seinen fünften Matchball.
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Ein unglaubliches Match, aber aus österreichischer Sicht mit dem falschen Sieger: Lediglich zwei Punkte haben einem über weite Strecken ausgezeichnet spielenden Stefan Koubek gefehlt, um das dritte Major-Achtelfinale seiner Karriere zu erreichen. Der 31-jährige Kärntner musste sich am Freitag in der dritten Runde der Australian Open in Melbourne dem als Nummer 23 gesetzten Franzosen Paul-Henri Mathieu nach exakt 4 Stunden mit 6:4,6:7(4),6:2,5:7,6:8 beugen.
Führung aus der Hand gegeben
Achtelfinale bei den French
Open 1999, Viertelfinale bei den Australian Open 2002 - doch aus dem
Achtelfinale in Melbourne sechs Jahre später wurde nichts. Stefan Koubek gab
eine 2:1-Satzführung noch aus der Hand, außerdem führte er im vierten und
fünften Satz jeweils bereits mit 3:0. Selbst 18 Asse nützten dem
ÖTV-Davis-Cup-Spieler nicht, um sich das erhoffte Achtelfinal-Duell mit
Rafael Nadal (ESP-2) zu ermöglichen. Bei 6:5 im fünften Satz, Aufschlag
Mathieu, egalisierte Koubek ein 40:15 zum Einstand, doch näher als jene zwei
Punkte, kam er dem Sieg nicht mehr.
"Es ist schade, natürlich, aber ich weiß, dass ich mir nichts vorwerfen kann. Ich habe gefightet bis zum Ende. Es war eine Super-Partie, es war mehr drin, aber der hat halt hopp oder drop gespielt und es ist aufgegangen", meinte ein doch gezeichneter, aber gefasster Stefan Koubek. "Er hat unmenschliche Winner gespielt und am Ende wahrscheinlich verdient gewonnen."
Fan-Unterstützung
Auf dem 3.000 Zuschauer fassenden
Showcourt 3 waren kaum noch Plätze frei, und Koubek wurde von einer Handvoll
Österreichern immer wieder lautstark angefeuert. Und wohl auch von einigen
Frühaufstehern, die die Übertragung live in ORF1 verfolgten. Die Nummern 68
und 25 der Welt zeigten fast durchgehend hochklassiges Hartplatz-Tennis,
zwei ebenbürtige Gegner. Das Spiel wogte dementsprechend hin und her, immer
wieder schien Koubek entscheidend im Vorteil. Speziell als er trotz
verlorenem Tiebreak zum Satzausgleich, den dritten Durchgang in nur 31
Minuten mit 6:2 gewonnen hatte und im vierten schon 3:0 führte.
Eine Vorentscheidung fiel wohl im elften Game des vierten Satzes bei 5:5. Koubek wehrte sechs Breakbälle Mathieus ab, mit zwei Assen und spektakulären Bällen, doch den siebenten nützte der fünf Jahre jüngere Franzose zum Break, nach exakt drei Stunden stand ein fünfter Satz fest. Koubek ging erneut 3:0 in Front, Mathieu glich aus und bei 6:5 für Koubek und Einstand fehlten ihm gegen den servierenden Gegner nur noch zwei Punkte.
Nadal nicht im Kopf
An das unmittelbar bevorstehende Duell mit
Nadal hat Koubek da aber nicht gedacht, versicherte er. "In so einem
Match kommt das eigentlich überhaupt nicht mehr in den Kopf." Doch
Mathieu stellte auf 6:6, Koubek gab sein Aufschlaggame in Folge zu Null ab
und ließ im 14. Game dieses Satzes sogar noch eine Möglichkeit aus, auf 7:7
auszugleichen.
Zu wenig Konstanz beim Service
"Ich habe zwar teilweise
unmenschlich serviert, dann aber zu unkonstant, wo ich dann teilweise zu
viele zweite Aufschläge gebraucht hab", sah Koubek eine mögliche
Ursache. Dabei hat Koubek mit 18 Assen so viele geschlagen wie selten zuvor.
Doch letztlich ist bei so einer knappen Partie der wahre Unterschied zweier
Spieler kaum auszumachen. Wenn eine Fünfsatz-Partie 6:8 ausgeht, dann ist
das Alzerl Glück auf der anderen Seite gewesen."
Statistiken zu befragen, kann auch trügerisch sein: Koubek hat 187 Punkte, Mathieu nur 179 gemacht. Außerdem schlug Österreichs künftige Nummer 1 (nach den Australian Open) 76 Winner gegenüber nur 55 und auch 18:7-Asse sprachen für Koubek.
"Mir tut alles weh"
Das war dem ÖTV-Davis-Cup-Spieler
am Ende alles egal, vor allem körperlich hat ihm die Partie freilich schon
einiges abverlangt. "Es ist mir schon besser gegangen. Wenn man
natürlich so eine Partie verliert, tut alles noch ein bisserl mehr weh,
aber: alles halb so schlimm."
"Darauf kann ich aufbauen"
Sein Resümee war nach der "extrem
toughen" Auslosung nach Siegen über Carlos Moya (ESP-16), Agustin
Calleri (ARG) und dem knappen Aus gegen die Nummer 23 freilich trotzdem
positiv. "Ich könnte mich beklagen, aber trotzdem habe ich eine
Riesenchance gehabt, noch weiter zu kommen. Eigentlich bin ich glücklich wie
ich spiele, darauf kann man aufbauen." Wenn er so weiterspiele, dann
würden noch einige gute Momente auf ihn zukommen.
Koubek, der übrigens nach Vince Spadea der zweitälteste Spieler im Feld ist, hat in bisher 18 Fünf-Satz-Partien seiner Karriere zehn Mal gewonnen, drei Mal sogar, nachdem er 0:2-Sätze zurückgelegen war. Trösten darf er sich unter anderem mit 50.000 australischen Dollar (30.044 Euro) und einer Weltranglisten-Verbesserung von Platz 68 schon knapp an die Top 50 heran. Tendenz steigend.
Niederlagen in Doppel-Bewerben
Neben Koubek gab es noch drei
weitere Niederlagen für ÖTV-Spieler: Werner Eschauer musste in der zweiten
Doppelrunde mit seinem deutschen Partner Florian Mayer w.o. geben.
Melzer/Peya scheiterten ebenso klar, wie Tamira Paszek im Mixed.
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Ein ganz tolles Match und nur knapp das Achtelfinale verpasst, sehr
schade, oder?
Koubek: "Ja, es ist schade, natürlich. Ich
habe gut gespielt. Ich weiß, dass ich mir nichts vorwerfen kann. Ich habe
gefightet bis zum Ende. Aber ich fühle mich eigentlich gar nicht so
schlecht, eher mehr körperlich, weil ich ziemlich müde bin. Aber es war eine
Super-Partie, es war mehr drin, aber der hat halt hopp oder drop gespielt
und es ist aufgegangen. Er hat unmenschliche Winner gespielt und am Ende
wahrscheinlich verdient gewonnen."
Zwei Punkte vor dem Sieg - Ist da der Gedanke an das Achtelfinale
gegen Nadal gekommen?
Koubek: "Der war schon vor dem Match
da, aber nicht, dass er gestört hätte. Man weiß das, aber in so einem Match
kommt das eigentlich überhaupt nicht mehr in den Kopf. Ich habe zwar
teilweise unmenschlich serviert, dann aber zu unkonstant, wo ich dann
teilweise zu viele zweite Aufschläge gebraucht hab."
Wo ist denn der Unterschied gelegen?
Koubek: "Das
kann man nicht sagen. Ich hab echt gut serviert, aber wenn der erste
Aufschlag nicht so gut war, ist Mathieu voll draufgegangen, hat extrem flach
und schnell übers Netz gespielt. Wenn eine Fünfsatz-Partie 6:8 ausgeht, dann
ist das Alzerl Glück auf der anderen Seite gewesen."
Sie waren vier Stunden auf dem Platz, wie fühlen Sie sich körperlich?
Koubek:
"Ja, es tut schon alles ziemlich weh. Es ist mir schon besser gegangen.
Wenn man natürlich so eine Partie verliert, tut alles noch ein bisserl mehr
weh, aber alles halb so schlimm. Wenn ich wieder in Wien bin, wird wieder
trainiert und vorbereitet auf den Davis Cup."
Wie lautet Ihr Resümee der Australian Open 2008?
Koubek:
"Es war eine extrem toughe Auslosung Moya, Calleri, Mathieu, um Nadal
zu spielen. Ich könnte mich beklagen, aber trotzdem habe ich eine
Riesenchance gehabt, noch weiter zu kommen. Eigentlich bin ich glücklich wie
ich spiele, darauf kann man aufbauen. Der nächste Grand Slam kommt ja bald
einmal. Ich möchte einfach nur so weiterspielen, dann werden noch einige
gute Momente auf mich zukommen."
Ihre Ziele für dieses Jahr?
Koubek: "Als Erstes
mal wieder in die Top 50 kommen. Es gibt auch immer wieder Punkte zu
verteidigen, aber darüber mach ich mir sehr wenig Sorgen in der Form, in der
ich zur Zeit bin. Ich warte nur auf die nächsten Turniere und will so
weiterspielen, dann sind die Top 50 lächerlich."
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Herren, 3. Runde
Rafael Nadal (ESP-2) - Gilles Simon (FRA-28)
7:5,6:2,6:3
Nikolaj Dawidenko (RUS-4) - Marc Gicquel (FRA) 6:3,6:2,6:3
Michail
Juschnij (RUS-14) - Ivo Karlovic (CRO-20) 6:2,6:4,6:2
Paul-Henri Mathieu
(FRA-23) - Stefan Koubek (AUT) 4:6,7:6(4),2:6,7:5,8:6
Jo-Wilfried
Tsonga (FRA) - Guillermo Garcia-Lopez (ESP) 6:3,6:4,6:2
Richard Gasquet
(FRA-8) - Igor Andrejew (RUS-31) 6:3,6:2,4:6,6:4
Philipp Kohlschreiber
(GER-29) - Andy Roddick (USA-6) 6:4,3:6,7:6(9),6:7(3),8:6
Jarkko
Nieminen (FIN-24) - Mardy Fish (USA) 3:6,7:6(4),6:3,6:1
Damen, 3. Runde
Justine Henin (BEL-1) - Francesca Schiavone
(ITA-25) 7:5,6:4
Jelena Jankovic (SRB-3) - Virginie Razzano (FRA-30)
6:2,4:6,6:1
Maria Scharapowa (RUS-5) - Jelena Wesnina (RUS) 6:3,6:0
Serena
Williams (USA-7) - Victoria Asarenka (BLR-26) 6:3,6:4
Jelena Dementjewa
(RUS-11) - Shahar Peer (ISR-17) 6:2,6:0
Nicole Vaidisova (CZE-12) - Ai
Sugiyama (JPN) 6:3,6:4
Hsieh Su-wei (TPE) - Aravane Rezai (FRA)
6:2,6:7(3),6:4
Casey Dellacqua (AUS) - Amelie Mauresmo (FRA-18)
3:6,6:4,6:4
Herren-Doppel, 2. Runde
Lucas Arnold Ker/Feliciano Lopez
(ARG/ESP) - Werner Eschauer/Florian Mayer (AUT/GER)
w.o./Eschauer Verletzung rechte Schulter
Daniel Nestor/Nenad Zimonjic
(CAN/SRB-2) - Jürgen Melzer/Alexander Peya (AUT) 6:2,6:3
Mixed, 1. Runde
Janette Husarova/Mariusz Fyrstenberg (SVK/POL) - Tamira
Paszek/Marcelo Melo (BRA) 6:3,7:5