Radprofi Paolo Bettini ist der alte und neue Weltmeister. Er fuhr in Stuttgart zum Erfolg und darf weiter das Regenbogentrikot tragen.
Paolo Bettini ließ sich durch die negativen Begleiterscheinungen nicht aus dem Rhythmus bringen und darf ein weiteres Jahr das Regenbogentrikot tragen. Der 33-jährige Radprofi aus der Toskana, dessen Antreten bei den Straßen-Weltmeisterschaften in Stuttgart umstritten gewesen war, verteidigte am Sonntag seinen in Salzburg eroberten WM-Titel erfolgreich.
5-köpfige Spitzengruppe
Nach 14 Runden und 267 Kilometern
setzte sich Bettini im Sprint einer fünfköpfigen Spitzengruppe vor dem
Russen Alexander Kolobnew und dem Lokalmatador Stefan Schumacher durch. Von
den drei angetretenen Österreichern fuhr nur Christian Pfannberger das
Rennen aus, landete nach aktiver Fahrt aber lediglich um Rang 40.
Aus Bettini brach der aufgestaute Frust heraus, nachdem er Kolobnew auf den letzten Metern überholt und seinen zweiten Titel gesichert hatte. Da war die Geste eines Gewehrschusses auf seine imaginären Gegner, das Strecken der Faust zum Himmel im Triumph und schließlich die Tränen. "Es war eine schwierige Woche mit all den Anschuldigungen. Mit dem Sieg habe ich die richtige Antwort auf die Vorwürfe gegeben", erklärte Bettini.
Hartes Rennen in Höhenlage
Der kleine Klassiker-Jäger aus
dem Team Quick.Step stand neuerlich auf dem Podest ganz oben. Er war im
Finale des harten Rennens mit 5.679 Höhenmetern der dominierende Fahrer
gewesen, bei seiner zweiten Attacke auf der Schlussrunde kamen nur vier
Rivalen (neben Kolobnew und Schumacher auch noch Fränk Schleck/LUX und Cadel
Evans/AUS) mit, die er dann sogar antrieb, auch selbst Tempo zu machen.
Schließlich wiederholte er als erster Fahrer seit seinem Landsmann Gianni
Bugno den Titelgewinn - Bugno war das 1992 ebenfalls in Stuttgart gelungen.
Probleme Bettinis "am Papier"
Die WM-Veranstalter und
die Stadt Stuttgart hatten das Antreten Bettinis wegen dessen fehlender
Unterschrift unter die Ehrenerklärung des Radsport-Weltverbandes verhindern
wollen. Der Antrag auf Einstweilige Verfügung wurde aber vom Landgericht
Stuttgart abgewiesen. Diese Ehrenerklärung, die etwa von den Veranstaltern
der Tour de France verbindlich eingefordert worden war (Bettini hatte die
Tour ausgelassen), wurde vom Weltverband als nicht obligatorisch bezeichnet.
Dopingproblematik
Zuletzt hatte Bettini Klagen wegen Verleumdung
gegen die Stadt Stuttgart, das WM-Organisationskomitee und den TV-Sender ZDF
angekündigt. Das ZDF hatte aus einer Protokollnotiz zitiert, wonach Bettini
dem Deutschen Patrik Sinkewitz ein Doping-Präparat (Testogel) gegeben haben
soll, das zu dessen positivem Test im Juni geführt hatte. Am Sonntag
verzichete das ZDF wegen der unbewältigten Dopingproblematik auf Live-Bilder.
Christian Pfannberger
Christian Pfannbergers Aktivitäten blieben
unbelohnt. Der Steirer aus dem Team Elk Haus, der in der Vorwoche verkühlt
gewesen war, befand sich im letzten Drittel in einer Spitzengruppe, die rund
zwei Minuten Vorsprung herausholte, aber in der 11. Runde wieder eingeholt
wurde. Er kam schließlich zeitgleich mit dem dreifachen Champion Oscar
Freire ins Ziel.
Bernhard Kohl (Team Gerolsteiner) gab auf der 11. Runde wegen Übelkeit und Magenproblemen auf, Gerrit Glomser (Team Volksbank Vorarlberg) schied nach einem Kettenriss in der 8. Runde aus. "Die WM-Betreuerautos fuhren an mir vorbei, als wäre ich unsichtbar. Wozu gibt es offizielle Mechaniker?", ärgerte sich der 32-jährige Salzburger.