European Poker Tour
Pokerstar Greenstein im Interview
09.10.2007
oe24 traf den US-Pokerstar beim EPT in Baden und entdeckte eine gänzlich ungewohnte Seite des Profi-Spielers: Er spendet Millionen für karitative Zwecke.
Der US-Amerikaner Barry Greenstein gilt als einer der besten Pokerspieler der Gegenwart. Der 53-Jährige sticht aber nicht nur wegen seiner Pokerfähigkeiten von der immer breiter werdenden Masse an Star-Spielern heraus. Greenstein hat ein ausgeprägtes soziales Gewissen und spendet große Teile seiner Einnahmen an karitative Organisation. oe24 traf Greenstein bei der European-Poker-Tour in Baden.
oe24: Wie wurden Sie eigentlich Poker-Spieler?
Barry Greenstein:
Ich habe schon während meiner Schulzeit gespielt. Zuerst ist es nur um
kleine Beträge gegangen. Ab meinem 12. Lebensjahr habe ich regelmäßig
gespielt, jedes Wochenende. Irgendwann bin ich dann drauf gekommen, dass ich
damit richtig Geld verdienen kann. Wenn ich am College Extra-Geld gebraucht
habe, habe ich es mir übers Pokern verdient.
oe24: Waren das damals schon „Texas Hold’em“-Spiele?
Greenstein:
Nein, sehr selten nur. Wir haben damals „Seven Card Stud“ gespielt. Der
„Texas Hold’em“-Boom ist erst in den letzten Jahren durch die
TV-Übertragungen gekommen. Davor war es in den USA gar nicht so populär.
oe24: Was ist für Sie die Faszination am Pokern?
Greenstein:
Es ist gar keine große Faszination. Es ist einfach mein Job. Damit kann ich
mein Geld verdienen. Ich habe zwischendurch auch pausiert und einen
Programmierer-Job in der Computer-Branche angenommen. Dieser Job war sicher
insofern befriedigender, als er produktiver war. Aber mehr Geld habe ich
beim Pokern verdient. Und ich musste ja auch meine Familie ernähren.
Inzwischen ist Pokern auch befriedigender geworden – die Spiele werden im
Fernsehen übertragen, man bekommt mehr Aufmerksamkeit.
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oe24: Was machen Sie eigentlich mit dem vielen Geld?
Greenstein:
Ich spende einen Teil an karitative Organisationen. Vor allem die
Organisation „Children Incorporated“ liegt mir sehr am Herzen.
oe24: Wie würden Sie sich als Spieler beschreiben – aggressiv,
zurückhaltend?
Greenstein: Vor allem in Turnieren spiele ich
eher aggressiv. Dort bekommen ja auch nur die ersten Plätze Geld. Wenn man
zu passiv ist, hat man kaum Chancen, genug Chips zusammenzubekommen. Bei
„Cash games“ ist es anders. Da verdient man mehr Geld, in dem man keinen
„bad call“ macht und einfach nicht zu viel riskiert. Man spielt also je nach
Situation unterschiedlich.
oe24: Haben Sie eine bestimmte Hand, die Sie besonders gerne spielen?
Greenstein:
Naja, bei „Texas Hold’em“ machen die zwei Asse natürlich zum glücklichsten
Menschen. Bei Cash Games habe ich gerne 2 und 3 „off suit“ gespielt. Das
sieht so hässlich aus und wenn man damit jemanden wegbluffen kann… Als
junger Spieler habe ich dem Gegner dann nachher auch noch gerne das Blatt
gezeigt. Jetzt bin ich aber nicht mehr so arrogant, meine Hände zu zeigen,
wenn ich geblufft habe.
oe24: Gibt es einen Unterschied, ob man gegen Männer oder Frauen spielt?
Greenstein:
Es gibt ja grundsätzlich keinen Grund, wieso Frauen nicht Poker spielen
könnten, außer der Erziehung und Sozialisierung von Mädchen, die auch darauf
abzielt, dass sie nicht so aggressiv agieren sollen wie Männer. Außerdem ist
das Glücksspiel ja auch mit einem gewissen Stigmata behaftet. Bei jedem
neuen Gegner hat man zunächst gewisse Vorurteile, aber die muss man ablegen,
sobald man ihn oder sie beim Spielen kennengelernt hat. Man muss sich auf
jeden Gegner einstellen können.
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oe24: Wieviele Turniere spielen Sie pro Jahr?
Greenstein: So um die 50.
oe24: Ist da überhaupt noch Zeit für ein Privatleben?
Greenstein:
Ich versuche die Turniere zu blocken. Deshalb bin ich jetzt in Österreich.
Sobald ich hier fertig bin, fahre ich gleich nach Barcelona zum nächsten
Turnier und dann wieder zurück in die USA zu meiner Familie. Davor war ich
auch zwei Wochen daheim. Ich verbringe ca. ein Drittel bis zur Hälfte des
Jahres daheim. Ich habe ja auch Kinder, die noch ins College gehen.
oe24: Spielen Ihre Kinder auch Poker?
Greenstein: Ich habe mit meinen
sechs Kindern eine Vereinbarung. Kein Poker, bevor sie nicht das College
abgeschlossen haben. Joe, mein zweitältester Sohn, hat seinen Abschluss in
Psychologie an der Uni von Berkley gemacht und hat dann in der „dot com“-Industrie gearbeitet. Erst danach hat er mit dem Pokern begonnen. Er
ist ein sehr cleverer Junge, psychisch stabil und hat sich schon im Leben
bewiesen. Also habe ich beschlossen, ihm die Möglichkeit im Pokern zu geben.
Ich dachte mir, dass er die besten Einstiegschancen hat, wenn ich ihm das
Spiel ordentlich beibringe. Ich habe ihm gesagt, dass er Bücher lesen und
online üben soll, dann mit seinen Fragen zu mir kommen kann. Joe ist
inzwischen ein ganz guter Turnierspieler geworden und hat schon mehr als
eine Million Dollar dabei verdient. Noch wichtiger: Er ist in den Medien
vertreten. Er hat seine eigene Radio-Sendung zum Thema Poker, hat Kolumnen
geschrieben usw… Also selbst wenn er beim Spielen selbst nicht erfolgreich
ist, kann er mit Poker noch immer sein Geld verdienen.