Nein zu Olympischen Spielen: Roms Bürgermeisterin zeigt Rückgrat.
Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi beugt sich nicht dem Druck einflussreicher Machtgruppen und sagt Nein zu den Olympischen Sommerspielen 2024 in der "Ewigen Stadt". Die erste Frau an der Spitze des römischen Gemeinderats zeigt damit Rückgrat. Raggi bleibt ihrem Wahlkampf-Versprechen treu und lässt Roms Bewerbung für Olympia fallen. Damit nimmt ihre zuletzt sinkende Popularität zu.
Olympische Spiele des Zements
"Wir sagen Nein zu den Olympischen Spielen des Zements", proklamierte am Mittwoch die 38-jährige Rechtsanwältin, die im Juni an der Spitze der Fünf-Sterne-Protestbewegung einen triumphalen Einzug in das Kapitol, Roms Gemeinderat, geschafft hatte. Die Kosten für Olympische Spiele würden am Ende immer wesentlich höher ausfallen als anfangs geschätzt, Olympia bedeute Schulden und später nutzlose Sportanlagen in der Stadt. "Ein gutes Geschäft für Lobbys, nur Schulden für die Bürger", kritisierte Raggi. Olympische Spiele seien ein Traum, der an einem gewissen Punkt "zu einem Albtraum" werde.
Eine Stadt wie Rom, die immer noch die Schulden für die Fußball-Weltmeisterschaft 1990 und die Schwimm-WM 2009 zahle, könne sich keine weiteren Großereignisse leisten, argumentierte Raggi. Sie zog sich somit scharfe Kritik der mächtigen "Zementlobbys", Bau- und Infrastrukturgruppen, zu, die sich von den Olympischen Spielen Großaufträge und einen Geldregen erhofften. Seit Jahrzehnten grassieren sie im Schatten des Kapitols.
Unvorstellbarer Druck
"Der Druck, dem Raggi Stand halten musste, ist unvorstellbar, doch sie hat nicht nachgegeben. Skrupellose Baulöwen, Präsidenten Olympischer Komitees, die auf Wiederwahl hoffen, und Zeitungen im Besitz von Bauunternehmern haben all ihre Truppen in Bewegung gesetzt. Doch wir haben einem System standgehalten, das 30 Jahre lang nur an Zement gedacht und die Stadt schwer verschuldet hat", kommentierte das Direktoriumsmitglied der Fünf-Sterne-Bewegung, der Abgeordnete Alessandro Di Battista.
Raggi muss jedoch mit Konsequenzen rechnen. Italiens Olympisches Komitee (CONI) unter der Leitung von Präsident Giovanni Malago könnte jetzt von der Gemeinde Rom eine Entschädigung verlangen, da das Verfahren für die Kandidatur bereits im Gange ist. Die Stadt und der Stadtrat müssten die Verantwortung für den Beschluss übernehmen, forderte Malago. Raggis Veto sei für viele Jahre das Ende aller Olympia-Träume in Italien.
Malago kritisierte, dass im Gegensatz zu den Bürgern Hamburgs die Römer nicht per Referendum aufgerufen wurden, über die Olympia-Kandidatur abzustimmen. Raggi erwiderte, dass ihr lawinenartiger Wahlsieg mit einer 67-Prozent-Mehrheit im Juni klar bezeuge, dass die Römer ihre Anti-Olympia-Position teilen.
Skandale in der "ewigen Stadt"
Raggis konsequentes Verhalten stärkt das Ansehen der jungen Bürgermeisterin, das zuletzt wegen Turbulenzen in ihrem Gemeinderat stark angekratzt schien. Anfang September hatte Raggi ihre Kabinettschefin entlassen, die wegen eines Skandals um ihr hohes Gehalt in die Kritik geraten war. Außerdem verlor die Bürgermeisterin ihren Finanzfachmann im Rathaus, einen früheren Leiter der italienischen Börsenaufsicht. Zuvor hatten bereits die Chefs der Verkehrsbetriebe und der Abfallentsorgung von Rom das Handtuch geworfen. Italienische Medien berichteten bereits von einem "Fünf-Sterne-Chaos in der Ewigen Stadt".
Die Fünf-Sterne-Bewegung hatte gehofft, den fulminanten Einzug ins römische Rathaus im Juni als Sprungbrett für eine künftige Regierungsbeteiligung nutzen zu können. Raggi und die Fünf-Sterne-Bewegung hatten im Wahlkampf versprochen, mit Korruption und Günstlingswirtschaft aufzuräumen und Rom wieder lebenswerter zu machen. Inzwischen ist die Stadtregierung aber mit zahlreichen Hürden konfrontiert. Die Ewige Stadt zu regieren, ist weniger einfach, als Raggi und ihre Gruppierung gedacht hatten.