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Australian Open

Melbourne: Kerber gewinnt Final-Krimi

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Die Deutsche setzt sich gegen Serena Williams in drei Sätzen durch.

Nach der größten deutschen Tennis-Sensation seit Boris Beckers Wimbledonsieg 1985 ließ sich Angelique Kerber auf den Rücken fallen. Die Kielerin gewann am Samstag im Finale der Australian Open nach einer Weltklasse-Leistung gegen Titelverteidigerin Serena Williams mit 6:4,3:6,6:4 und sorgte damit für den ersten Major-Titel einer Deutschen seit 17 Jahren, als Steffi Graf die French Open gewann.

"Angie" schreibt Geschichte
Kerber verhinderte damit nicht nur die Egalisierung des Profi-Rekords von Graf durch Serena Williams, die ihren insgesamt 22. Major-Titel angestrebt hatte: Die am 18. Jänner 1988 in Bremen geborene Linkshänderin ist überhaupt erst die zweite Deutsche nach Graf, die in der "open era" (seit 1968) ein Major gewonnen hat. Die 28-jährige Kielerin klettert damit im WTA-Ranking am Montag vom sechsten sogar auf den zweiten Platz.

"Angie", wie Kerber genannt wird, zeigte von Beginn weg keine Nervosität, und das obwohl sie in ihrem ersten Grand-Slam-Finale stand. Im Gegensatz zu ihrem Gegenüber: Serena Williams kam mit einer 21:4-Siegesbilanz in Major-Endspielen auf den Platz - und doch wirkte sie nervöser. Die Zahl 22, die sie schon bei den US Open (überraschendes Halbfinal-Aus) verpasst hatte, bedeutet der 34-jährigen US-Amerikanerin viel - den alten Profi-Rekord von Steffi Graf hat sie sich schon lange zum Ziel gemacht. In der Ewigen Besten-Liste (also auch vor Beginn der Profi-Ära) liegt ja Margaret Court (AUS) mit 24 Titeln voran.

Beinahe-Aus in Runde eins
"Ich war mit einem Bein schon im Flugzeug in der ersten Runde und nun stehe ich hier", sagte Kerber anschließend unter Tränen und erinnerte an den abgewehrten Matchball gegen die Japanerin Misaki Doi. "Ich habe die zweite Chance bekommen und die habe ich genützt. Heute Abend ist mein Traum wahr geworden. Ich habe mein ganzes Leben so hart gearbeitet und es klingt so verrückt, dass ich jetzt Grand-Slam-Siegerin bin", meinte Kerber erfreut.

In ihrem bisher wichtigsten Spiel war Kerber nur vor dem Match nervös und startete stark. Nach einem Break zum 2:1 ging sie 3:1 in Führung, doch Williams glich zum 3:3 aus. Eine stark spielende Kerber in Verbindung mit 23 unerzwungenen Fehlern im ersten Satz bedeuteten dann aber den ersten Satzverlust für Williams: Nach 39 Minuten hieß es 6:4 für Kerber.

Die Weltranglisten-Erste steigerte sich im zweiten Durchgang, schaffte das Break zum 3:1 und erzwang nach insgesamt 72 Minuten den entscheidenden Durchgang. Kerber blieb aber mutig und ging rasch 2:0 in Führung, gab allerdings ihr Service gleich wieder ab. Nach dem längsten Game des Spiels gelang Kerber dann mit dem fünften Breakball zum 4:2 das neuerliche Break, u.a. mit zwei spektakulären Stoppbällen, und in der Folge das 5:2.

Faire Verliererin
Williams steckte nicht auf und ihr gelang sogar das Rebreak zum 4:5. Kerber ließ nicht locker und nach ihrem ersten Matchball hatte die Tennis-Welt eine ihrer größten Sensationen seit längerer Zeit.

Eine Sensation, der auch die unterlegene Williams mit großer Sportlichkeit begegnete: Williams freute sich ehrlich mit ihrer Gegnerin, kam nach dem Matchball auf die Platzseite von Kerber und umarmte die Deutsche auch in der Folge mehrmals. "Angi, gratuliere. Du hast so toll gespielt, du hast es wirklich verdient und ich freue mich für dich, dass du hier gewonnen hast", erklärte Williams.

Deutsche liegen Kerber zu Füßen

Dabei waren wenige Minuten zuvor vielleicht gleich mehrere, insgeheime Träume der US-Amerikanerin gleichzeitig geplatzt. Nicht unbedingt der 22. Major-Titel - den kann sie dieses Jahr ja noch holen. Aber der Grand Slam, den sie im Vorjahr im vorletzten Spiel verpasst hatte, ist 2016 schon nach dem ersten Grand-Slam-Turnier abgehakt - und sollte sie gar vom "Golden Slam" (alle vier Majors und der Olympiasieg in einem Kalenderjahr) geträumt haben - das bleibt für lange Zeit ein Unikum, das nur Steffi Graf (1988) bisher geschafft hat.

Deutschland hat jedenfalls einen neuen Sport-Superstar und alle freuten sich mit ihr: Allen voran eine Tennis-Freundin von ihr - Andrea Petkovic twitterte: "Angelique. Du bist der Wahnsinn. Ich möchte dich heiraten. Glüüückwuuunsch".

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