Tony Martin steht mit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch vor Tour-Aus.
Das Gelbe Trikot scheint bei der laufenden Tour de France kein Glück zu bringen. Drei Tage nach dem Schweizer Fabian Cancellara ist am Donnerstag im Finish der sechsten Etappe in Le Havre auch der neue Gesamtführende Tony Martin schwer gestürzt. Der Deutsche verletzte sich am linken Schlüsselbein. Sollte es tatsächlich gebrochen sein, dürfte er die Rundfahrt nicht fortsetzen können.
Tagessieg an Stybar
Den Tagessieg holte sich Martins tschechischer Etixx-Teamkollege Zdenek Stybar, der sich auf dem letzten, kurzen Anstieg vom Feld abgesetzt hatte. Martin kam knapp nach der Tausend-Meter-Marke zu Sturz. Der 30-Jährige war im Feld weit vorne gefahren. Zahlreiche weitere Topfahrer, darunter Vorjahressieger Vincenzo Nibali und der Kolumbianer Nairo Quintana, wurden in den Zwischenfall verwickelt.
Schwerer Sturz von Martin
Martin dürfte es aber am Schlimmsten erwischt haben. Der Zeitfahr-Spezialist behielt zwar die Gesamtführung, weil auf den letzten drei Kilometern durch Stürze entstandene Zeitrückstände auf Flachetappen nicht gewertet werden. Dass er das Gelbe Trikot noch einmal ausführt, darf aber bezweifelt werden. "Ich hoffe, dass ich weiterfahren kann", sagte Martin, bevor er sich zu genaueren Untersuchungen ins Krankenhaus begab.
Der erste Verdacht lautete Schlüsselbeinbruch. Mehrere Teamkollegen mussten den Deutschen unter großem Applaus der Zuschauer dabei unterstützen, die Ziellinie zu überqueren. "Ich habe doch ganz schöne Schmerzen", erklärte Martin. "Glück und Pech liegen bei der Tour sehr nah beisammen." Mit Cancellara hatte die Frankreich-Rundfahrt erst am Montag einen Protagonisten in Gelb mit einem Wirbelbruch verloren.
Erstmals Afrikaner im Bergtrikot
Die 191 km von Abbeville nach Le Havre sahen lange Zeit wie die erste Etappe ohne größere Zwischenfälle aus. Eine dreiköpfige Spitzengruppe fuhr sich bei Sonnenschein entlang der nordfranzösischen Küste zwischenzeitlich fast zehn Minuten Vorsprung heraus. Als letzter Ausreißer wurde der Belgier Kenneth von Bilsen drei Kilometer vor dem Ziel gestellt. Daniel Teklehaimanot aus Eritrea belohnte sich mit dem Bergtrikot - als erster Afrikaner der Tour-Geschichte.
Anstieg vor Ziel trennt Spreu vom Weizen
Für die Entscheidung sorgte die Cote d'Igouville, ein 850 m langer Anstieg kurz vor dem Ziel. Stybar nutzte die durch den Sturz von Martin entstandene Verwirrung. Der 29-Jährige setzte sich zwei Sekunden vor dem Slowaken Peter Sagan durch, der den Sprint der Verfolger vor dem Franzosen Bryan Coquard, dem Deutschen John Degenkolb und dem Belgier Greg van Avermaet für sich entschied.
Der bisher erfolgreichste Fahrer der Saison, der Norweger Alexander Kristoff, ging als Elfter leer aus. Marco Haller hatte auf den letzten Kilometern für seinen Katjuscha-Kollegen Tempo gemacht. Der Kärntner, bereits am Vortag gestürzt, dürfte im Finish aber neuerlich nicht ohne Probleme durchgekommen sein. Er wurde als 187. nämlich ebenso wie der Vorarlberger Matthias Brändle (53.) zeitgleich mit dem Feld gewertet.
Brändle ist damit weiterhin der bestplatzierte Österreicher in der Gesamtwertung. Der Steirer Georg Preidler, der sich zwischenzeitlich an der Spitze des Feldes mit seinem Team Giant an der Nachführarbeit beteiligt hatte, verlor als 138. in Le Havre knapp über drei Minuten. Am Freitag stehen 190 km durch die Normandie auf dem Programm. Von Livarot geht es zur früheren Grenzfestung nach Fougeres.