Fan- und Medienauflauf in Augusta. Nur Ehefrau Elin schaut lieber Tennis.
Bei seinem ersten öffentlichen Training an der berühmten Magnolia Lane in Augusta ist es noch ruhig um Tiger Woods geblieben, doch vor der Pressekonferenz des reumütigen Profis am (heutigen) Montag war die Hysterie fast grenzenlos. Ein paar ausgesuchte Journalisten durften seine Flucht nach vorn hautnah mitverfolgen, der Rest der Medienschar musste draußenbleiben. "Es ist genau richtig, dass er sich jetzt den Journalisten stellt. Das wird ihm helfen, das Ganze zu verarbeiten", lobte Golf-Legende Arnold Palmer.
Frühe Anreise
So tief Woods nach seinen Sexskandalen
gefallen ist, so unermesslich hoch sind die Erwartungen an die Rückkehr des
Superstars in den Golf-Zirkus beim US-Masters von Donnerstag bis Sonntag in
Georgia. Völlig überraschend und gegen seine Praxis tauchte der einstige
Saubermann nach fünfmonatiger Wettkampfpause bereits am Ostersonntag im
exklusivsten Golfclub der Welt auf. Ein Klaps hier und da. Ein knapper
Wortwechsel mit seinen Kollegen Paul Casey ("Plötzlich stand er hinter
mir. Es war fast so, wie immer") und Ryder Cup-Kumpel Jim Furyk. Neun
Löcher gespielt - und schon war Woods wieder weg.
Ehefrau beim Tennis in Miami
Die einzige, die scheinbar völlig
unberührt vom Woods-Comeback ist, ist ausgerechnet die gehörnte Ehefrau,
Elin Nordegren. Elin weilte am Wochenende mit dem gemeinsamen Sohn Charlie
beim Millionen-Tennisturnier in Key Biscane/Miami. Dort traf sie sich sogar
mit Tennis-Ass Roger Federer zum Mittagessen. Pikant: Federer ist, bzw. war
nicht nur Werbepartner von Tiger, sondern auch einer seiner besten Freunde
im Sport-Business...
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Freundschaften
Lange wie nie zuvor in der zwanzig Jahre
währenden Freundschaft hatte zuvor sein väterlicher Kumpel Mark O'Meara
seinen "Zögling" umarmt. "Ich habe ihn seit Juli nicht
mehr gesehen. Ich liebe den Bengel. Ich verstehe, was passiert ist, es war
bestimmt nichts Gutes. Aber es tangiert unsere Beziehung nicht",
erklärte O'Meara. Seit 1990 hat er die Laufbahn von Woods begleitet. "Ich
habe ihm gesagt, dies ist der Platz, wo du hingehörst. Es ist gut, dass du
zurück bist."
Auch Furyk war leicht irritiert, aber positiv gestimmt: "Es ist sicher ungewöhnlich, dass Tiger schon an einem Sonntag hier aufkreuzt. So früh habe ich ihn noch nie hier gesehen." Aber generell sei es "wunderbar, dass er wieder zurück ist. Ich kann gar nicht früh genug abwarten, dass er wieder dabei ist, weil ich endlich keine Fragen mehr über und nach ihm beantworten muss."
"Größer als Obama"
Die Begleitmusik im
Boulevard vor dem Frage- und Antwortspiel mit Woods war nur eine Vorahnung
von dem zu erwartenden Hype um den ersten Sportmilliardär. Das mediale
Crescendo zum Neustart seiner Karriere stellte das Theater um das
Profi-Debüt des Branchenriesen 1996 bei weitem in den Schatten. Sean
McManus, Sportchef des US-TV-Senders CBS, der mit ESPN wechselweise die
Wettkampf-Woche überträgt, verglich den Woods-Auftritt vor der Presse sogar
mit dem Wahnsinns-Spektakel bei der Amtseinführung von US-Präsident Barack
Obama.
Furyk ist einer von vielen Kollegen, die das Comeback des Kaliforniers sehnsüchtig erwarten. Der beste Golfspieler der Welt hat das Geschäft mit der kleinen weißen Kugel angekurbelt wie keiner. Die US-TV-Sender schätzen, dass die Einschaltquoten um bis zu 60 Prozent steigen, wenn der 34 Jahre alte Sohn eines US-Vietnam-Veteranen und einer Thailänderin spielt. Innerhalb von 13 Jahren ist - vor allem dank Woods - die Dotierung der US-Tour von 57 auf 270 Millionen Dollar gewachsen.
Sexskandal in aller Munde
So richten auch in dieser Woche die
Linsen der meisten Kameras ihren Fokus auf die neusten Taten von Woods, die
nicht nur im erzkonservativen Süden von Nordamerika die Menschen in den Bann
ziehen: Einen vergleichbaren Image-Absturz wie Woods hat noch kein Sportler
erlebt. Den Skandal setzen Experten mit dem des ehemaligen US-Präsidenten
Bill Clinton nach dessen Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky gleich.
Zwei Hauptsponsoren wendeten sich ab. Andere lösten Verträge mit dem
Werbegiganten, der im Jahr mehr als 120 Millionen Dollar verdiente.
Aber die Gier der Öffentlichkeit nach der Golf-Ikone kennt keine Grenzen, wenn Tiger Woods 144 Tage nach seinem letzten Turniererfolg sich wieder im Wettkampf stellt. Noch sind die Fragen und das Rätsel nicht gelöst, was wirklich zu dem Auto-Unfall vor seiner Haustür im Morgengrauen des 27. November geführt hat. Bei seinem öffentlichen Bekenntnis zum Ehebruch mit seiner Frau Elin Nordegren am 12. Dezember und einem weltweit übertragenen Statement vor einem erweiterten Kreis seiner Familie und Freunde am 19. Februar in Florida ließ er keine Fragen zu. Die Antwort hieß immer: "Privacy". Damit ist es jetzt vorbei.