Nach Einreise-Wirbel

Djokovic steht schon wieder auf dem Court

10.01.2022

Ob Novak Djokovic bei den Australian Open teilnehmen darf, ist noch nicht entschieden – der Serbe postet jedoch inzwischen schon ein Foto vom Court.

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© Twitter / Djokovic
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Nach dem erfolgreichen Einspruch des serbischen Tennisprofis Novak Djokovic gegen seine verweigerte Einreise nach Australien vor Gericht hat der Weltranglisten-Erste bereits ein erstes Training absolviert. Auch wenn das endgültige "Grüne Licht" noch fehlt, äußerte sich Djokovic am Montag bei einer Zuschaltung zu einer Pressekonferenz seiner Familie in Serbien "froh und dankbar, dass der Richter meine Visa-Streichung aufgehoben hat". 

 

 

 

"Trotz allem, was passiert ist, möchte ich hierbleiben und versuchen, bei den Australian Open anzutreten", sagte der 20-fache Major-Sieger. Seine Familie bezeichnete die Freilassung aus dem Abschiebe-Hotel als "den größten Sieg seines Lebens": "Novak ist frei und gerade ist er auf den Tennisplatz gegangen, um zu trainieren", sagte sein Bruder Djordje bei einem Pressetermin in Belgrad. Sein weltbekannter Bruder postete später ein Foto von sich auf dem Platz der Rod Laver Arena.

Einige Stunden zuvor hatte ein Gericht in Melbourne die Entscheidung der Einwanderungsbehörde aufgehoben. Welche Folgen das für die Teilnahme des Titelverteidigers an den in einer Woche beginnenden Australian Open hat, war zunächst unklar. Die Regierung hatte angekündigt, sie erwäge im Falle einer Aufhebung der Einreiseverweigerung weitere Schritte, um Djokovic weiter das Visum zu verweigern.

Die Entscheidung, ob Djokovic tatsächlich teilnehmen darf, wurde später vertagt. Einwanderungsminister Alex Hawke stand es frei, ob er von seinem persönlichen Recht Gebrauch macht, das Visum des serbischen Tennisstars doch wieder aufzuheben. Allerdings kann Hawke dies auch in den nächsten Tagen noch tun. Vorerst darf sich Djokovic in Melbourne aber frei bewegen. Der 34-jährige Serbe hat das Abschiebe-Hotel verlassen, in dem er sich die vergangenen Tage aufgehalten hatte.

Djokovic war damit im Commonwealth Law Courts Building von Melbourne ein erster wichtiger Sieg gelungen. Ob er seinen Titel beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres aber wirklich verteidigen kann, werden die nächsten Tage zeigen.

Richter Anthony Kelly hatte im ersten Teil der Verhandlung am Montag, in der die Anwälte von Djokovic ihre Sicht der Dinge darlegten, erklärt, er halte das Verhalten der Behörden für unverhältnismäßig. "Was hätte dieser Mann noch mehr tun können?", hatte Kelly gesagt.

Der Fall Djokovic sorgte seit Tagen für Wirbel weit über die Tennis-Szene hinaus. Dem 20-fachen Major-Sieger war am Mittwochabend (Ortszeit) die Einreise am Flughafen in Melbourne verweigert worden. Er konnte aus Sicht der Behörden nicht die nötigen Dokumente für eine medizinische Ausnahmegenehmigung, auch ohne Corona-Impfung einreisen zu dürfen, vorlegen. Djokovic wurde in ein Hotel für Ausreisepflichtige gebracht. Der Serbe hatte gegen die Entscheidung Einspruch eingelegt. Laut den Gerichtsdokumenten gab die Seite von Djokovic an, dass dieser am 30. Dezember vom medizinischen Chef des australischen Tennisverbands eine Ausnahmegenehmigung erhalten habe.

Djokovic im Dezember 2021 scheinbar zum zweiten Mal infiziert

Ein positiver Corona-Test aus dem Dezember 2021 sollte ihm doch noch zur Teilnahme an den Australian Open verhelfen. Aus den Gerichtsdokumenten geht hervor, dass Djokovic am 16. Dezember 2021 zum zweiten Mal positiv auf das Coronavirus getestet worden sein soll. Es traten jedoch etliche Ungereimtheiten auf. Laut Dokumenten soll Djokovic noch am gleichen Tag darüber informiert worden sein, war aber unmaskiert u.a. mit Kindern posierend tags darauf bei einer Veranstaltung.

Erstmals war der Tennis-Ausnahmespieler während seiner heftig kritisierten Adria Tour im Juni 2020 positiv auf das Coronavirus getestet worden. Schon vor dem Ärger um die Australien-Einreise war sein Impfstatus monatelang ein Thema für Diskussionen gewesen. Der Tennisprofi hatte daraus ein Geheimnis gemacht und den Status als Privatsache bezeichnet, dieser ist nun aber geklärt. Aus den Gerichtsdokumenten geht hervor, dass Djokovic in der Befragung durch einen Beamten des australischen Grenzschutzes angegeben habe, "nicht gegen Covid-19 geimpft" zu sein.

Djoker strebt 21. Grand-Slam-Titel an

Die Australian Open werden vom 17. bis 30. Jänner ausgetragen. Djokovic hat das Turnier neunmal gewonnen - so oft wie kein anderer. Er strebt seinen insgesamt 21. Grand-Slam-Titel an. Damit würde er seine Rivalen Rafael Nadal aus Spanien und Roger Federer aus der Schweiz abhängen und zum alleinigen Grand-Slam-Rekordturniersieger aufsteigen.

Der serbische Parlamentssprecher Ivica Dacic meinte am Montag, er sei besorgt, dass der Tennis-Star immer noch abgeschoben werden könnte. "Der Prozess hätte vorüber sein sollen, als das Gericht seine Entscheidung bekanntgegeben hat", sagte Dacic dem "Happy TV". Die australischen Behörden hätten "offensichtlich seine Deportation gewählt, was auch ein dreijähriges Einreisverbot bedeuten würde. "Das widerspricht dem gesunden Menschenverstand", so Dacic.

Inzwischen hat sich auch Rafael Nadal zur neuesten Entwicklung geäußert, und bezeichnet die Kontroversen als "Zirkus". "Egal, ob ich mit Djokovic in einige Dingen übereinstimme oder nicht: Ein Gericht hat entschieden, dass er das Recht zur Teilnahme an den Australian Open hat. Ich wünsche ihm viel Glück", sagte Nadal einem spanischen Radiosender. Aus persönlicher Sicht "wäre es mir lieber, er würde nicht spielen", sagte Nadal scherzhalber. "Alles ist viel besser, wenn die Besten spielen können", erklärte der Spanier, ehe er aber die Wichtigkeit der Impfung nochmals hervorhob. "Die wichtigsten Institutionen der Welt sagten, dass die Impfung der einzige Weg ist, um die Pandemie zu stoppen und dieses Desaster, in dem wir seit 20 Monaten leben."

Wilde Szenen auf der Straße

Sollte Djokovic um seinen zehnten Titel in Melbourne kämpfen können, wird der Weltranglisten-Erste allerdings unter besonderem Druck stehen. Denn das Publikum wird abgesehen von der serbischen Community einer Starterlaubnis eher skeptisch gegenüberstehen, wie zahlreiche Reaktionen in den vergangenen Tagen gezeigt haben.

Wie aufgeheizt die Atmosphäre ist, zeigte sich am Montagabend (Ortszeit) auf den Straßen Melbournes, als Djokovic-Anhänger von der Polizei sogar mit Pfefferspray zurückgedrängt werden mussten. Ein schwarzer Wagen mit verdunkelten Scheiben vor dem Anwaltsgebäude, in dem man offenbar Djokovic vermutete, hatte keine freie Fahrt.
 

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