Beschlossen
Tennis-Hammer: Davis-Cup-Reform kommt
16.08.2018Tennis: ITF entschied für umfassende Davis-Cup-Reform.
Angekündigte "Revolutionen" finden oft nicht statt, doch trotz einigen Gegenwinds hat der Präsident des Internationalen Tennisverbands (ITF), David Haggerty, am Donnerstag bei der ITF-Generalversammlung in Orlando seine Davis-Cup-Reform durchgebracht. In einer Abstimmung erreichte das Lager der Befürworter 71,43 Prozent der Stimmen für den Milliardendeal, nötig war eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Nach 118 Jahren wird der traditionelle Davis Cup 2019 auf völlig neue Beine gestellt. Trotz einer von Australien, Deutschland und Großbritannien angeführten Gegenströmung, die die Neuerungen in dieser Form nicht wollten, hat sich das große Geld gegen die Traditionalisten durchgesetzt.
Fußball-Star Gerard Pique, der von seinem Arbeitgeber FC Barcelona freibekommen hatte und sein Projekt am Donnerstag noch einmal in Orlando vorstellte, hat mit der von ihm gegründeten Investment-Gruppe Kosmos einen 25-Jahres-Deal in Aussicht gestellt. 120 Millionen Dollar sollen über diesen Zeitraum jährlich an die ITF gehen, wobei zuletzt zu hören war, dass nicht das gesamte Geld in den Davis Cup alleine fließen soll.
Etliche Änderungen
Bereits ab 2019 wird es keine Weltgruppe mit 16 Teams mehr geben. Stattdessen wird es in der Woche 5 jeden Kalenderjahres eine Qualifikation mit 24 Mannschaften geben, in der auch noch das Heim-oder Auswärtsrecht sowie die Wahl eines Belages weiter existiert. Die zwölf Sieger spielen gemeinsam mit den vier Halbfinalisten des Vorjahres sowie zwei Wildcard-Ländern in einem Finalturnier mit sechs Dreier-Gruppen. Geplant ist nach wie vor, den Bewerb am umstrittenen Termin nach den ATP World Tour Finals auszutragen. Die Saison wird also dadurch verlängert.
Beim Finalturnier, das zumindest in den nächsten zwei Jahren in Europa ausgetragen werden soll (Madrid oder Lille wird in den nächsten Wochen fixiert), wird ein Belag vorgegeben. Es wird nur noch im best-of-three-Modus, also auf zwei Gewinnsätze, zudem werden nur noch zwei Einzel und ein Doppel an einem Tag gespielt. Im Round-Robin-Format werden vom Montag bis Donnerstag sechs Gruppensieger sowie die zwei besten Gruppenzweiten ermittelt. Danach folgen von Freitag bis Sonntag Viertelfinale, Halbfinale und Endspiel. Die zwei schwächsten Gruppenteams steigen in die jeweiligen Zonen ab.
Österreich hat sich als eines der wenigen Länder, möglicherweise sogar als einziges, der Stimme (Österreich hatte fünf Stimmen im Wahlsystem) enthalten. Es gab im fünfköpfigen ÖTV-Präsidium kein einstimmiges Votum, worauf man sich für diesen Weg entschieden hat.
"Die Abstimmung war eine schwere Sache für unseren Verband", sagte ÖTV-Geschäftsführer Thomas Schweda, "nun werden wir dem neuen Format eine Chance geben. Wir sind alle gespannt, wie sich der Davis Cup entwickelt."
Kritik an Reform von Fans
Kritiker des neuen Modus meinen in seit Wochen laufenden Diskussionen in den sozialen Netzwerken, dass damit nicht nur viele Emotionen verloren gehen, weil es eben keine Heim-Atmosphäre mehr geben wird, sondern auch viele Fans. Denn wer es sich nicht leisten kann, an den Finalschauplatz zu reisen, kann den Event nur im Fernsehen verfolgen. Ebenso werden viele Tennis-Fans, die gar keine ATP-Events in ihrem Land haben, nicht die Chance auf einen Kontakt mit Spitzentennis mehr haben.
Hinzu kommt der Termin, der nun für 18. bis 24. November 2019 in Woche 47 geplant ist. Also unmittelbar nach den ATP World Tour Finals. Eines der Hauptziele war es ja, wieder mehr Top-Ten-Spieler in den Davis Cup zu lotsen. Ob sich die besten acht Spieler des Jahres nach den Strapazen in London leichter zum Davis Cup locken lassen, wird abzuwarten sein.
Zudem plant die ATP selbst eine hoch dotierte Wiederaufnahme des ATP World Team Cups ab Jänner 2020 in Australien und steht damit nur zwei Monate nach dem Davis-Cup-Finalturnier in direkter Konkurrenz zur ITF. Der nun auch nach außen nicht mehr zu verheimlichende Machtkampf zwischen den großen Playern im Welttennis ist voll ausgebrochen.
Österreichs Davis-Cup-Team, das vom 14. bis 16. September in Graz gegen Australien um den Aufstieg in die "neue Weltgruppe" kämpft, könnte im Falle eines Sieges also schon 2019 im Premierenjahr mit von der Partie sein. Selbst wenn man in der Europa-Afrika-Zone verbleiben sollte, wird sich der große Geldregen auch in den diversen Zonen beträchtlich auswirken. Dies hatte ÖTV-Geschäftsführer Schweda schon in Kitzbühel avisiert, denn allein in der aktuellen Zone soll das Fünf- bis Sechsfache an Preisgeldern lukriert werden.