Nach New-York-Coup

Umstrittener US-Open-Sieger Sinner soll Wien-Titel verteidigen

09.09.2024

Nach dem beeindruckenden Triumph bei den US Open hängt der Wirbel um seinen Doping-Freispruch noch immer wie eine dunkle Wolke über Jannik Sinner (23). Spannend aus österreichischer Sicht: Im Oktober soll Sinner seinen Titel in der Wiener Stadthalle verteidigen. 

Zur Vollversion des Artikels
© getty
Zur Vollversion des Artikels

Selbst in der Stunde seines größten Triumphes wirkte der zurzeit beste Tennisspieler der Welt nachdenklich. Vor versammelter Presse im Arthur Ashe Stadium sprach der Italiener über die "schwierigen Momente" wegen des Doping-Wirbels in New York.

Der Tennisstar, dem zurzeit auch die schwere Krankheit seiner Tante nahegeht, hinterfragte drei Stunden nach dem klaren 6:3, 6:4, 7:5-Finalsieg über den Local Hero Taylor Fritz (USA-12) das Leben als Tennis-Profi. Er wisse nicht, wie lange er seine Tante noch in seinem Leben haben werde. Schon als er jung gewesen sei, habe sie ihn zu Skirennen gefahren. Sinner: "Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mehr Zeit mit den Menschen verbringen, die mir wirklich etwas bedeuten. Im Sport können leider Dinge passieren, aber das wahre Leben ist etwas anderes."

© getty

Die Bilder der US-Open-Siegerehrung gingen um die Welt: Der innige Kuss mit Freundin Anna Kalinskaja. Die Umarmung von Pop-Star Seal. Dazu die obligatorische Jubelpose mit Silberpokal im Konfettiregen und vor der italienischen Flagge. Aber wirklich befreit wirkte Sinner nicht. Vor allem wegen der wie eine dunkle Wolke über ihm hängenden Affäre um seinen Doping-Freispruch. "Es war ein bisschen in meinem Kopf, und ist es immer noch", gestand der Südtiroler. "Es ist nicht verschwunden." Um Abstand zu gewinnen, wird Sinner nicht im Davis Cup für Italien spielen.

Wien-Boss hofft, dass Sinner Stadthallen-Titel verteidigt

Sportlich habe Sinner der Doping-Freispruch beflügelt, glaubt Herwig Straka, der Turnierdirektor der Erste Bank Open in Wien (21-27. Oktober). Seit Sinner im Vorjahr in der Stadthalle triumphierte, bemüht sich Straka, den Südtiroler neuerlich nach Wien zu holen: "Wir sind nach wie vor dran." Trotz des Doping-Wirbels. Offizieller Nennschluss für das größte heimische Tennisturnier ist in eineinhalb Wochen.

Kritische Stimmen zum Doping-Freispruch

Erst kurz vor den US Open war öffentlich geworden, dass Sinner, der Ende Jänner in Melbourne seinen ersten Grand-Slam-Titel gewonnen hatte, bereits im März zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet worden war. Der Weltranglisten-Erste durfte trotzdem weiter spielen, wenige Tage vor Start der US Open erhielt er den Freispruch. Seine Erläuterung, dass das verbotene Mittel durch eine Massage versehentlich in seinen Körper gekommen sei, wurde als schlüssig angesehen.

Mehrere Kontrahenten wie der 24-malige Grand-Slam-Turniersieger Novak Djokovic prangerten in New York allerdings eine Ungleichbehandlung mit anderen Spielern in ähnlich gelagerten Fällen an. Dass Sinner jedoch wirklich etwas Verbotenes getan haben könnte, mutmaßte kaum einer. "Congratulazioni", gratulierte Djokovic kurz nach dem Matchball über die sozialen Netzwerke.

"Forza Jannik", schrieb Legende Boris Becker und lobte die "mentale Stärke" des Italieners. "Nach einigen schwierigen Monaten, in denen alles auf dem Spiel stand, hat dein unerschütterlicher Glaube in die Wahrheit den Unterschied gemacht." 

Zur Vollversion des Artikels