Eishockey-Juwel Marco Rossi (18) ist am Sprung in die beste Liga der Welt. Der Youngster spricht in ÖSTERREICH exklusiv über die NHL, den Draft und Corona.
Im Alter von drei Jahren fing Marco Rossi mit dem Eishockey an – Liebe auf den ersten Blick. Der Vorarlberger hatte früh ein klares Ziel vor Augen, jetzt steht er kurz davor, sich als achter Österreicher den Traum von der NHL zu erfüllen. „Ich bin bereit dafür und so selbstbewusst, um das sagen zu können“, stellt Rossi klar. Mit 10 Jahren wechselte er in die Schweiz, landete dort drei Jahre später in Zürich. Rossi: „Diese vier Jahre waren stressig. Ich bin um 6 Uhr aufgestanden, zur Schule gegangen, um 16 Uhr hat mich mein Vater abgeholt und wir sind rund 1:30 Stunden nach Zürich gefahren. Gegen 24 Uhr waren wir daheim und er hat oft noch für mich gekocht. Das ganze fast immer sechs Mal pro Woche. Das wäre alles nicht möglich gewesen, wäre meine Familie nicht so hinter mir gestanden. Da bin ich extrem dankbar.“
In den vergangenen zwei Jahren geigte Rossi in der kanadischen Juniorenliga OHL bei den Ottawa 67s auf. In der abgelaufenen Saison zeigte der Youngster seine Klasse. Er kam in 56 Spielen auf 120 Punkte (39 Tore, 81 Assists), beendete den Grunddurchgang als erst zweiter europäischer Spieler als Topscorer und erhielt unzählige Auszeichnungen (u. a. herausragendster und cleverster Spieler und bester Spielmacher). Kein Wunder, dass er für den NHL-Draft Anfang Oktober als Nummer sechs eingestuft wird.
In den vergangenen Wochen schwitzte der Center unter der Leitung der Ex-Spieler Rob Schremp, Markus Peintner und Chris Harand in Bruck an der Leitha. „Ich hatte drei coole Wochen. Wir haben am Schuss, der Technik, dem Stickhandling und am Eislaufen gearbeitet“, so der 18-Jährige. Jetzt gönnt er sich vier Tage Urlaub bei den Großeltern in Graz, ehe er ab 3. August bis zum Draft in Zürich trainieren wird. Und dann will Rossi in der NHL durchstarten!
Das große ÖSTERREICH-Interview:
ÖSTERREICH: Wie geht es Ihnen in der Corona-Zwangspause?
ROSSI: Gut. Viele haben die Pause wegen Corona negativ gesehen, ich positiv, weil ich viel Zeit für das Training habe. Wir haben Mitte März angefangen und bis Mitte Oktober habe ich Zeit. Ich habe mich noch nie so gut gefühlt auf dem Eis.
ÖSTERREICH: Der Draft wurde von Juni auf Anfang Oktober verschoben und er findet nur online statt …
Rossi: Es ist schon etwas nervig. Ich will beim Draft eigentlich lieber vor Ort in der Halle sein und aufgerufen werden.
ÖSTERREICH: Dennoch ist die Vorfreude auf den Draft schon sehr groß oder?
Rossi: Ja, jetzt sind es noch elf Wochen. Jetzt kann ich noch viel aus meinem Körper herausholen.
ÖSTERREICH: Eine Vermutung, welcher Klub es werden könnte?
Rossi: Eigentlich ist es mir egal. Wenn ich Ottawa sage, dann wird es bestimmt nicht Ottawa. Dasselbe gilt für Detroit. Ich habe keinen Einfluss auf den Draft, nur mit meiner Leistung. Darum sehe ich es locker.
ÖSTERREICH: Wie gehen Sie mit dem großen Interesse an Ihrer Person um?
Rossi: Es gehört dazu. Bei jedem Sportler, der erfolgreich ist, ist das so. Es ist schon eine gewisse Routine für mich.
ÖSTERREICH: NHL-Crack Michael Grabner sagte im ÖSTERREICH-Interview, dass sie der nächste Superstar werden könnten. Auch viele andere Spieler drücken Ihnen die Daumen. Motiviert das oder erzeugt es Druck?
Rossi: Druck baue ich mir selbst eigentlich nie auf. Ich schaue, dass ich aus mir das Beste mache. Druck kommt nur, wenn ich auf das Draft-Ranking schauen würde – das wäre unnötig.
ÖSTERREICH: Haben Sie sich Tipps von unseren NHL-Spielern geholt?
Rossi: Ich hatte mit Thomas Vanek und Michael Raffl Kontakt. Mit Vanek habe ich zwei, drei Mal telefoniert. Beim ersten Mal hat er mir erklärt, wie das Eishockey in Nordamerika ist. Zuletzt hat er mich nach der abgelaufenen Saison angerufen und mir zu meinem super Jahr gratuliert.
ÖSTERREICH: Haben Sie ein Vorbild?
Rossi: Seit dem ich Eishockey spiele, war Pavel Datsyuk mein Vorbild. Ich habe es geliebt, ihm zu zuschauen. Mich hat es fasziniert wie er gespielt hat. Er ist ein technisch sehr guter Spieler, aber spielt auch in der Defensive extrem gut. Ich wollte immer gleich spielen wie er.
ÖSTERREICH: Was sind Ihre Stärken?
Rossi: Die Spielmacher Position. Ich spiele sehr gut offensiv und auch defensiv, habe einen guten Hockey-IQ, außerdem habe ich eine große Leidenschaft für den Sport und einen großen Willen.
ÖSTERREICH: Und Schwächen?
Rossi: Bei der Geschwindigkeit kann ich noch mehr herausholen.
ÖSTERREICH: Wie viele Interviews mit NHL-Teams hatten Sie schon?
Rossi: Von März bis Anfang Juni hatte ich fast jeden Tag Interviews, jetzt geht es gleich weiter bis Oktober.
ÖSTERREICH: Was war bis jetzt die kurioseste Frage?
Rossi: Da gibt es viele. Zum Beispiel: Wenn ich jemanden umbringen will, mit was würde ich es machen: Pistole, Messer oder Stein? Es ist schwierig, so etwas zu beantworten. Da wollen sie etwas über deine Psyche erfahren.
ÖSTERREICH: Jeder Spieler hat den Traum, den Stanley Cup zu stemmen. Wie groß ist Ihr Glaube daran?
Rossi: Sehr groß! Ich habe schon früher viele Meisterschaften gewonnen, ich habe genau den gleichen Willen und die gleiche Leidenschaft für die NHL.
Benjamin Pfeifer