Herren-Weltcup
Janka angeschlagen in Titelverteidigung
15.10.2010
Schweizer Gesamtweltcup-Sieger von Virus-Erkrankung gebremst.
Das Gefühl, körperlich fit zu sein, erzählte Carlo Janka, das kenne er schon nicht mehr. Wie im Vorjahr ist der Schweizer Skirennläufer durch eine nach wie vor nicht geklärte Viruserkrankung in der Vorbereitung zurückgeworfen worden. Das hinderte ihn 2010 aber nicht daran, Olympia-Gold zu gewinnen und sich den Gesamtweltcupsieg zu holen. Janka, der am Freitag 24 Jahre wird, hat aktuell den Infekt überstanden und ist bereit für den Auftakt in Sölden in einer Woche - auch wenn er nur maximal 40 Prozent des Konditionstrainings mitgemacht hat.
Ärzte rätseln
Noch immer wissen die Ärzte nicht, was Janka derart schwächt, dass an Kraft- und Konditionsaufbau wochenlang nicht zu denken ist. "Wir wussten im Vorjahr nicht, was es war, woher es kam und wie lange es geht. Dieses Jahr war es dasselbe, und ich weiß nicht, ob es weg ist oder wieder kommt. Und das ist sicher nicht das angenehmste aller Gefühle", sagte Janka, der berichtete, dass seine Leberwerte meistens erhöht sind und die Milz relativ groß ist. "Man kann aber nicht sagen, ob das normal bei mir ist, oder ob es andere Gründe gibt. Es ist noch schwierig, das zu beurteilen."
Ständige Müdigkeit
Janka spürt eine Müdigkeit, die sich ausbreitet, weil sich sein Körper nicht mehr richtig erholen kann. "Von Tag zu Tag geht es schlechter, der Puls ist viel zu hoch für die Anstrengung, das summiert sich immer mehr und irgendwann geht es nicht mehr. Das merkt man an alltäglichen Sachen wie zum Beispiel Treppenlaufen, wo man sehr schnell müde wird", schilderte der Graubündner im Gespräch mit österreichischen Journalisten anlässlich eines Sponsortermins.
Konditionsrückstand nicht aufholbar
Das Konditionstraining, dass er im Sommer versäumt hat ("Vielleicht 30, aber maximal 40 Prozent waren möglich"), das lässt sich nicht mehr aufholen, er sei aber zuversichtlich, dass er die Saison durchstehen werde wie die vorherige. "Es hat gereicht für eine gute Saison bis zum Schluss, ohne groß Kräfte zu verlieren, ja, fast noch Kräfte zu mobilisieren." Zur Viruserkrankung kamen heuer aber auch Rückenprobleme und eine Rippenprellung. "Es ist zwei Jahre her, dass ich richtig fit war. Vielleicht bleibt es jetzt auch für immer so. Aber ich fühle mich trotzdem bereit. Der endgültige Härtetest wird sicher dann das erste Weltcuprennen sein."
Im Kopf hellwach
Die Müdigkeit steckt im Körper, aber nicht im Kopf ("Habe kein Schlafproblem"), die Zuversicht ist deshalb groß. Doch sollte es nicht mehr gehen, werde er Rennen auslassen. "Es ist wichtig, auf den Körper zu hören, wenn er eine Pause braucht." Den Olympia-Winter hat Janka mehr als nur gut überstanden, er feierte sechs Siege im Weltcup (in drei Disziplinen) und gewann in Whistler Gold im Riesentorlauf. Bis in die Finalwoche forderte ihn der Tiroler Benjamin Raich im Fight um die Große Kristallkugel. Ob man Janka fürchten müsse, wenn er fit sei? "Ich weiß es nicht, ob es dann besser ist oder schlechter. Ich nehme es so, wie es ist", antworte er und lächelte.
Janka will kämpfen
Eines der "vielen Ziele" Jankas im WM-Jahr ist, wieder um die große Kugel mitzukämpfen. "Kampflos gebe ich sie sicher nicht mehr her." Am Anfang der Saison sei der Fokus auf den Weltcup gelegt, denn er müsse sich über diesen für die WM qualifizieren. "Einen Fixplatz habe ich, den Rest muss ich auch wieder erarbeiten. Da ist nichts geschenkt", meinte der Riesentorlauf-Weltmeister von 2009 in Val d'Isere. Insgesamt mache er sich aber wenig Druck, und er glaube auch, dass die Erwartungshaltung eine geringere sei. "Ich habe den Vorteil, die drei großen Sachen schon erreicht zu haben. Die Karriere ist sozusagen gerettet. Alles, was kommt, ist aus meiner Sicht fast schon Zugabe."